Juli Zeh in Sueddeutsche Zeitung Magazin

Es wurde ja schon viel über den Klimagipfel in Kopenhagen geschrieben, unter anderem daß der dort erreichte Kompromiß sehr schwammig und keine festen Ziele hat. Während das Kyoto-Protokoll noch als Zielsetzung eine Reduktion des CO2-Ausstoßes gehabt hat, bleibt der Klimagipfel von Kopenhagen sehr vage in den Zielen. So ist lediglich die Rede davon, daß man das Klimaziel von 2° Erwärmung als solches akzeptiert. Noch schwammiger geht es wohl kaum.

Letztendlich ist nicht nur der Klimagipfel gescheitert, sondern die Politik im Allgemeinen. Diese aber sieht das, sofern sie in der Regierungsverantwortung ist, natürlich völlig anders. So wie unsere Bundeskanzlerin Merkel:

Angela Merkel bemüht sich nach dem enttäuschenden Ende des Klimagipfels in Kopenhagen um Schadensbegrenzung. “Kopenhagen ist ein erster Schritt hin zu einer neuen Weltklimaordnung, nicht mehr, aber auch nicht weniger”, sagte die Kanzlerin der “Bild am Sonntag”. Wer Kopenhagen jetzt nur schlecht rede, beteilige sich am Geschäft derer, die bremsen statt voranzugehen. Zugleich verwies Merkel auf die besondere Verantwortung Deutschlands für den nächsten Schritt beim globalen Klimaschutz. “Auf Kopenhagen muss jetzt aufgebaut werden. Das wird Deutschland auf der Konferenz Mitte des Jahres in Bonn tun”, erklärte die Kanzlerin.

Die Kanzlerin eiert also wie gewohnt herum, anstatt ihr eigenes Scheitern in einer enorm wichtigen Frage einzugestehen. Deshalb finden Oppositionspolitiker auch klarere Worte, wie etwa Sigmar Gabriel oder Claudia Roth:

SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte es dagegen “eine Schande, wie die Staats- und Regierungschefs die Zukunft ihrer eigenen Kinder und Enkelkinder aufs Spiel setzen”. “International ist das eine mittlere Katastrophe”, sagte er am Samstag in Magdeburg.
[…]
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth zeigte sich fassungslos und wütend: “Kopenhagen ist ein gescheiterter Gipfel.” Die 193 Staats- und Regierungschefs hätten sich eines der schwersten Verbrechen schuldig gemacht, “nämlich des Verrats an der Zukunft der Kinder unserer Erde”, so Roth. Sollte die Europäische Union (EU) nicht sofort einen Sondergipfel einberufen und zumindest für Europa ein verbindliches Klimaabkommen auf den Weg bringen, müsse die Zivilgesellschaft reagieren und eine Million Unterschriften für ein europäisches Bürgerbegehren sammeln. Mit dem seit Dezember geltenden EU-Reformvertrag von Lissabon ist das möglich.
[…]
“Wir haben ein Scheitern von Politik erlebt, das ist dramatisch gefährlich.” Dieses Desaster könne die Kraft der Demokratie massiv schwächen. “Viele Menschen werden sich fragen: Wer, wenn nicht die”, sagte Roth mit Blick auf die fast im Chaos zu Ende gegangene Konferenz, an deren Ende nicht einmal ein politisch bindendes Klimaabkommen stand. “Ich bin unglaublich wütend”, so Roth. “Es ist eine Tragödie politischen Versagens, so etwas habe ich noch nicht erlebt.”

Damit dürfte Roth zweifelslos Recht haben. 12 Jahre nach Kyoto sollte eigentlich auch dem hinterallerletzten Provinz-Regierungschef klar sein, daß man es mit einem ernsthaften Problem zu tun hat, bei dem man nicht herumeiern darf, sondern bei dem es um echte Ergebnisse zum Wohle aller Menschen geht. Stattdessen werden bloß wieder eigene Befindlichkeiten berücksichtigt. So ist die Teilnahme von Barack Obama als US-Präsident sicherlich ein Fortschritt, aber eigentlich hätte er sich die Anreise auch sparen können:

Der Auftritt von US-Präsident Barack Obama sei enttäuschend gewesen. “Das war zwar hollywoodreif, aber es war ein schlechter Film, den wir da gesehen haben. Es reicht nicht aus, zu kommen, nichts auf den Tisch zu legen, dann zu gehen und die Konferenz zu kritisieren.”

Die Politiker haben insofern ganz klar in Kopenhagen versagt – auf ganzer Linie. Es ist offensichtlich, daß die Zivilgesellschaft von der Politik nichts mehr erwarten kann. Andere Formen der Zusammenarbeit und der Lösungsansätze sind nun gefragt!

Uncategorized

6 thoughts on “Juli Zeh in Sueddeutsche Zeitung Magazin

  1. Hallo,

    das die Bedrohungslage teils sogar mit “Sterndeuterei” herbeigeredet wird zeigt ein Kommentar aus der Augsburger Allgemeinen

    “Neu-Ulm Ein erneuter Brief des inhaftierten Deutsch-Libanesen Khaled El Masri hat die Sicherheitsbehörden auch im Landkreis Neu-Ulm in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Formulierungen in einem aus dem Gefängnis geschmuggelten Kassiber könnten als versteckte Drohung gegen die Behörden oder einzelne Personen gedeutet werden.”

    “In dem Brief beschreibt El Masri nach Informationen unserer Zeitung einen Traum. Darin kommen sechs „Falken“ vor, bei denen es sich offenbar um El Masris Kinder handelt. Die befänden sich in großer Gefahr, weil sie durch „Spinnen“ getötet werden sollen.”

    http://tinyurl.com/y8gmz7a

    Nun ist die CIA und der Staatsschutz also massiv von einem geschmuggelten Brief aus dem Knast bedroht den irgendwelche Terroristen so verstehen könnten das sie sofort zu den Waffen greifen und alle Beteiligten umbringen …

    Na das kennen wir doch vom oft in diesem Zusammenhang zitierten 11. September 2001. Das geheime Signal das an die ausführenden Terroristen übermittelt wurde war eine ebensolche unverständliche Botschaft die Ramsi Binalshib und Khaled Sheik Mohamed da dem Reporter Yosri Founda entschlüsselt damit dieser dieses in seinem Buch verwerten konnte.

    “…Sie erzählten mir von dem letzten Telefonanruf von Mohammed Atta an Ramzi Binalshibh, in dem er das Datum des Anschlags als Rätsel getarnt mitteilte: 'Zwei Stöcke und ein Kuchen mit einem Stock dran' für11.9. Es war absurd.”

    So zu lesen im Buch “Masterminds of Terror” bei welchem der Autor sein Indianerehrewort gibt das er mit den derzeit in GITMO einsitzenden Khaled Sheik Mohamed und Ramzi Binalshibh über die Planung von 9/11 führte. Sämtliche Unterlagen und Aufzeichnungen die er anfertigte wurden ihm vor seiner Abreise natürlich abgenommen so das er ohne irgendwas zurückkam. Aber, die Superhirne des neuen Jahrtausends hatten ihm ja versprochen das sie nachdem sie Ihre Stimmen ein wenig verzerren wollten, ihm das ganze Zeugs wieder zusenden wollten. Das taten sie dann auch und Founda konnte auf Al Jazeera eine verzerrte Tonbandaufnahme vorspielen. Komisch ist dann nicht nur das der Chefplaner Sheik Mohamed und der gute Geist der Al Quaida Binalshibh so freigiebig mit Ihren Geständnissen waren sondern auch das Founda das Datum seines Besuchs im Terrorland ganze drei Mal revidierte und sich der Leser nun ein Zeitfenster von ganzen 3 Monaten aussuchen kann wann der fleißige Journalist dann ganz ehrlich die beiden getroffen hat…

    Naja warten wir auf neue enthüllende Artikel unserer freien Presse…

    Gruß

  2. Julia Zeh in Sueddeutsche Zeitung Magazin
    Von Ingo Jürgensmann | Blog of Ingo Jürgensmann | – Die Autorin Julia Zeh, die auch bereits mit Ilija Trojanow zusammen das empfehlenswerte Buch “Angriff auf die Freiheit” geschrieben hat, beleuchtet nun zusammen mit Rainer St…

  3. Wir leben in einem Staat voll paranoider Menschen der auch von solchen regiert wird. Dasmach tmir mehr und mehr Angst.
    Nicht die Angst vor Anschlägen oder Attentätern ist die größte Bedrohung in Deutschland, sondern die Angst, fälschlicher Weiße von den staatlichen Organen unter Verdacht zu geraten. Denn im Gegensatz zu den Erstern, kann man sich gegen Polizei und Geheimdienste nur schwer wehren.
    Und genau das – nämlich das man jemanden kennt, der jemanden kennt der vielleicht verdächtig ist oder dass man an der falschen Stelle eine missverständliche Äußerung macht – das ist die wahre Bedrohung unserer Freiheit. Wenn man sich aus Angst vor staatlicher Repressionen überlegt was man sagt oder wen man als Freund haben möchte, dann hat der Terrorismus längst gewonnen!

  4. Ja, sehr richtig! Und genau dahin driften wir mit der Gesellschaft ab.
    Die tatsaechliche Gefahr eines Terroranschlags ist sehr, sehr gering verglichen mit anderen lebensbedrohlichen Gefahren. Aber diese Unfreiheit, nicht mehr das tun und lassen zu koennen, was uns durch das Grundgesetz garantiert wird, ist die eigentliche Bedrohung durch den Terrorismus, der uns staendig eingeredet wird. Und dagegen muessen wir etwas unternehmen! Und dagegen kann *jeder* etwas unternehmen! Zum Beispiel durch Aufklaerung im Bekanntenkreis, dass eben nicht der Terrorismus die Gefahr ist, sondern die Einschraenkung der Freiheit, die viele bereit sind zu opfern, um ein bisschen vermeintliche Sicherheit zu gewinnen. Aber da sollte man sich wieder das Zitat Benjamin Franklins in das Gedaechtnis rufen: “Diejenigen, die für ein wenig vorrübergehende Sicherheit grundlegende Freiheiten aufgeben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.”

Comments are closed.