Internetsperren gehen in die 2. Runde

Letztes Jahr stand die Netzpolitik fast gänzlich im Zeichen des Kampfes gegen die Internetsperren, die damals die Familienministerin U. v.d. Leyen einführen wollte. Das Gesetz kam zwar, wurde aber durch die inzwischen neue Regierung nicht umgesetzt. Stattdessen sollte erst von den Ermittlungsbehörden versucht werden, Server mit Mißbrauchsdokumentation löschen zu lassen.

Nun ist fast ein Jahr der Evaluierung dieses Ansatzes vorbei und schon kommt die FAZ erneut daher und fordert erneut Internetsperren, weil der bisherige Ansatz mit dem Löschen angeblich nicht funktioniere: 

Konfrontiert man Frank Ackermann heute mit den Ergebnissen, gesteht er „massive Probleme“ bei Inhope ein. Nur wenige Hotlines hätten die Arbeit getan, „von der wir gedacht haben, dass sie schon längst getan wird“. Die Hotlines hätten die Provider in ihrem Land auffordern sollen, Beweise zu sichern und die Kinderpornos zu „löschen“, das bedeutet, ihre Verbindung zum Internet zu kappen. Die Provider hätten das tun können, denn auf ihren Servern liegen die Dateien zum Abruf in aller Welt bereit. Doch sie seien oft nicht direkt informiert worden, sagt Ackermann, denn viele Hotlines „machen sich gar nicht die Mühe“.

Sie geben die Fälle an die Polizei ab und meinen, die kümmere sich schon darum. Ein Irrtum. Denn die Polizei ist damit oft überfordert. „In manchen Staaten gibt es überhaupt nur drei Polizisten, die dazu in der Lage wären. Dann bleibt das in der Luft hängen“, sagt ein Mitarbeiter der EU-Kommission, die Inhope zu achtzig Prozent finanziert.

Das einzige, was die FAZ hier zu Recht schildert und kritisiert, ist aber die Verfahrensweise, mit der in Deutschland und anderen Ländern vorgegangen wird: anstatt die Provider direkt anzuschreiben und auf den fragwürdigen Inhalt der Server hinzuweisen, wird allzu häufig nur die Polizei informiert, die dann genau nichts tut. Zumindest nicht den Server vom Netz nimmt, die Beweise sichert und eine Strafverfolgung einleitet. Offensichtlich sind auch die Polizeibehörden in anderen Ländern personell und technisch mangelhaft ausgestattet. Daß aber Löschen statt Sperren funktioniert, hat Alvar Freude ja letztes Jahr schon bewiesen. Man muss lediglich die Provider selber anschreiben.

Interessanterweise verweist die FAZ selber darauf, daß lediglich die Methode, die sie bemängelt und weswegen sie nun wieder Internetsperren fordert, falsch ist und besser die Provider selber anegschrieben werden sollten: 

Ackermann verweist auf eine neue Statistik über das Löschen von Kinderpornos: „Im Ausland gespeicherte Angebote sind zu 50 Prozent binnen fünf Tagen, zu 93 Prozent binnen zwei Wochen und der Rest danach offline.“ Ein hundertprozentiger Erfolg also, wenngleich offenbleibt, was „danach“ meint. Es ist nicht der einzige Schönheitsfehler der Statistik, denn mit Inhope hat sie nichts zu tun. Es handelt sich nämlich um Fälle, in denen die Eco-Hotline Provider im Ausland direkt selbst per E-Mail alarmierte. Das darf die Eco-Hotline allerdings nur dann tun, wenn Inhope in dem Staat des Providers keine Hotline unterhält. Und das ist nur sehr selten der Fall. „Sie können sich an zwei Händen abzählen, was da reinkommt an Beschwerden“, sagt Ackermann. Und gibt dann zu, es sei „im Grunde genommen Blödsinn, mit Prozentzahlen zu arbeiten“.

Werden die Provider selber kontaktiert, anstatt per INHOPE die Polizeibehörden in den jeweiligen Ländern zu kontaktieren, dann werden die Inhalte auch gelöscht. Aber warum, bitte schön, paßt man dann die Prozesse in den Ermittlungsbehörden nicht an und geht den – nachgewiesenermaßen falschen und erfolglosen – Weg über die Behörden in den Ländern?

Das Thema wird uns also nicht nur in der Europapolitik weiter verfolgen, sondern auch im eigenen Land. Am 11. September ist übrigens wieder die Demo "Freiheit statt Angst" in Berlin. Spenden für die Durchführung werden immer noch gesucht und gerne entgegen genommen!

P.S.: Netzpolitik hat dazu natürlich auch was. Interessant sind auch die Kommentare (mal von "Cordula" abgesehen).

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