Aktion “Frag deine Politiker BTW09” – Antwort Gregor Gysi, Die Linke

Nur 18 Minuten nach der Antwort von Gregor Gysi, Die Linke, trudelte die Antwort von Hans-Joachim Hacker, SPD, ein, was mich sehr erfreute, da es meine Befürchtung von gestern zunichte machte, die Politiker der großen Parteien hätten im Wahlkampf leider keine Zeit zur Beantwortung solcher Fragen.
Man kann aber wohl sagen, ohne Herrn Hacker nun zu nahe treten zu wollen, daß Herr Gysi etwas bekannter und etwas eingespannter ist als er. Das hat aber den großen Vorteil, daß Herr Hacker höchstpersönlich die Zeit gefunden hat, auf meine Fragen zu antworten! Hier nun seine Antwort:

Sehr geehrter Herr Jürgensmann,

vielen Dank für Ihre mail vom 23. August. Täglich bekomme ich zahlreiche Anfragen, so dass ich Ihre Fragen ganz in Ihrem Sinne (“ein paar Stichpunkte”) kurz und bündig beantworte:

1. Mit dem Zugangserschwerungsgesetz hat der Bundesgesetzgeber auf jugendgefährdende Inhalte im Internet reagiert. Ich sehe derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.

2. Die Konjunkturpakete befinden sich in der praktischen Umsetzung. Hierzu war der Abschluss von Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern sowie zwischen den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene erforderlich. Die Landkreise und kreisfreien Städte haben im Mai/Juni die Investitionslisten erstellt, woran sich das gesetzlich vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren anschließt. Ich gehe davon aus – und weiß das aus meinem Wahlkreis – dass die ersten Baumaßnahmen anlaufen. Weisungsrecht gegenüber Banken zur Kreditvergabe hat die Politik nicht. In meinem Wahlkreis habe ich in den letzten Wochen zahlreiche Baustellen besucht, auf denen mit Kreditmitteln Investitionen getätigt werden.

3. Die Antwort auf die Abwanderung junger Leute muss darin bestehen, in Mecklenburg-Vorpommern Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen und zwar zu Lohnbedingungen, von denen Menschen leben können. Der weitere Ausbau der Infrastruktur ist eine konkrete Maßnahme, ebenso die Investitionszulage der Bundes.

4. Die “Dienstwagenaffäre” von Ulla Schmidt und die Diskussion um das Abendessen der Kanzlerin mit Wirtschaftsvertretern in Verbindung mit dem Geburtstag eines Bankers ist in meinen Augen völlig überzogen ausgeschlachtet worden. Wir werden in den nächsten Monaten sicher zu überlegen haben, ob die Regelung zur privaten Nutzung von Dienstwagen durch Bundesminister präzisiert werden muss. Diese Frage stellt sich genauso für Landesminister, Oberbügermeister, Landräte und Bürgermeister. Ich halte es für schwierig, bei Bundesministern eine lupenreine Trennung ihres Berufes vom privaten Bereich per Rechtsnorm vornehmen zu können.

5. Die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerten Grundrechte in den Artikeln 1 – 19 sind für mich die tragenden Säulen unserer Verfassung und unserer rechtsstaatlichen Demokratie.

6. Hier stellen Sie eine sehr hypothetische Frage, die sich so für einen Politiker nicht stellt. Trotzdem mein Antwortversuch: Wenn es in meiner Macht läge, würde ich einen Beitrag zu mehr Frieden auf dieser Welt leisten.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Hacker

Als Politiker der SPD kann man natürlich – ähnlich wie bei anderen Parteien – Antworten erwarten, die auf Linie der Partei liegen. Mein Kommentar hierzu:

ad 1) Eine Antwort, wie zu erwarten war. Wenn der Gesetzgeber auf die jugendgefährdende Inhalte im Netz (konkret ging es ja um das ZugErschwG) reagiert hätte, dann hätte er eben nicht dafür gesorgt, daß eine Zensurinfrastruktur etabliert wird, sondern das Übel an der Wurzel angepackt. Also die Urheber zu verfolgen und zu bestrafen, anstatt ein Stoppschild vor die Inhalte zu stellen. Und die Stoppschilder helfen nunmal faktisch auch keinem mißbrauchtem Kind. Zu dem Thema hab ich mich ja aber schon ausführlich hier im Blog ausgelassen.

ad 2) Zu diesem Punkt kann ich leider nicht viel sagen. Zu spezifischen Punkten des Konjunkturpaketes, insbesondere der Umsetzung in den Kommunen, müsste man sicherlich mal einen Kommunalpolitiker fragen, inwieweit die Umsetzung gediehen ist und welche Projekte umgesetzt werden?

ad 3) Wenig konkretes. Aber in dem Punkt, daß die Abwanderung gestoppt und die Lohnbedingungen verbessert werden müssen, sind wir uns ja einig. Gegen Infrastrukturverbesserungen habe ich auch recht gar nichts. Ich hätte da z.B. auch einige konkrete Vorschläge: die Straßen in Warnemünde sind marode und eine Umgehungsstraße fände ich auch schön. Das wären z.B. auch nette Sachen für das Konjunkturpaket…

ad 4) Auch hier gehe ich mit Herrn Hacker konform. Zumindest was die Dienstwagenaffäre angeht. Der Bundesrechnungshof hat nichts zu beanstanden gehabt. Insofern ist die Sache für mich erledigt. Ist sicherlich ein bißchen unglücklich gewesen von Frau Schmidt, sich den Dienstwagen nach Spanien für die entsprechenden Termine kommen zu lassen, aber wenn das den Regeln entspricht und nichts zu beanstanden war, ist es in Ordnung. Bei dem Abendessen im Kanzleramt sehe ich die Sache aber anders. Nicht die Kosten der Veranstaltung sehe ich als Problem, sondern die damit einhergehende Nähe zwischen Politik/Regierung und Wirtschaft. Das geht ja mal gar nicht, um es mal so zu sagen. Das hat schon mehr als ein “G’schmäckle”. Wenn es ein Arbeitstreffen war, was haben dann der Leiter des Goetheinstituts (war es doch, oder?) oder Frank Elstner dort zu suchen?

ad 5) Na, ich hoffe doch sehr, daß auch die anderen Artikel des Grundgesetzes entsprechende Gewichtung finden! 😉 Warum dann aber die entsprechende Haltung zu Frage 1? Ja, ich weiss schon… die Würde der Kinder. Aber da es ja schon mehrfach dargelegt wurde, daß die Stoppschilder wirkungslos sind und die Würde der mißhandelten Kinder durch den Verbleib des Materials im Internet nicht verbessert wird, bleibt die Einschränkung des Artikel 5 GG: “Eine Zensur findet nicht statt” heißt es dort. Durch das ZugErschwG wird aber genau das eingeführt. Mittels der Filter können beliebige Inhalte hinter Stoppschildern verborgen werden – entsprechende Begehrlichkeiten in Hinblick auf Killerspiele, rechts- und linksextremistische Inhalte sowie Urheberrechtsverletzungen gibt es bereits.

ad 6) sehr schöne philosophische Antwort. Die Frage war ja auch extra sehr offen und weiträumig gestellt. 😉

Insbesondere bei Frage bzw. Antwort 1) merkt man natürlich die Parteilinie. Der geneigte Leser dieses Blogs wird natürlich diese Antwort entsprechend bei der Wahl zu würdigen wissen. Die anderen Antworten sind hingegen alle im Rahmen des Normalen, wenn ich das mal so salopp sagen darf.

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