Verfassungsbeschwerde #Zensus11

Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger von Syrien war. Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

Das ist wohl die weltweit bekannteste Volkszählung in der Geschichte der Menschheit. Sie ist der Anfang der Weihnachtsgeschichte nach Lukas. Eine andere, weithin bekannte Geschichte über eine Volkszählung hat ihren Ursprung im Jahre 1983. Damals ging wieder ein Gebot aus, auf das sich das Volk schätzen lassen sollte. Aber das Volk wollte nicht so recht. Und so endete das Vorhaben dann nicht unter dem Weihnachtsbaum, aber dennoch mit einem riesen großen Geschenk: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schenkte uns damals das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in einem wegweisenden Grundsatzurteil zur Volkszählung. Weithin bekannt als Volkszählungsurteil.

Für das Jahr 2011 hat der Bund erneut eine Volkszählung vorgesehen. Dieses Mal sollen die Daten aber nicht flächendeckend erhoben werden, indem Beamte von Tür zu Tür gehen und Fragebögen ausfüllen, sondern es sollen verschiedene Datenbanken erstmalig zu einer zentralen Datenbank zusammengeführt werden.

Im Rahmen der Volkszählung 2011 werden die Daten aller Bürgerinnen und Bürger erstmalig in einer einzigen zentralen Datenbank zusammengeführt und ausgewertet. Quellen für diese enorme Datenbank sind u.a. Datensammlungen der Meldeämter und der Bundesagentur für Arbeit. Diese Datenbank wird neben Namen und Anschrift Details zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Telefonnummern und Mitgliedschaften in Religionsgemeinschaften umfassen.

Doch genau das hat ja das BVerfG in seinem Grundsatzurteil 1983 untersagt: 

„Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist. Hieraus folgt: Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“

Daraus folgt, daß der Staat eben nicht beliebig Daten über seine Bürger erheben und zentral speichern und zusammenführen darf. Eine einheitliche Personenkennziffer ist somit nicht mit dem Grundgesetz bzw. dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar.

Es ist fast so, als wenn der Bund das Urteil von 1983 vergessen hat. Andernfalls müsste man Absicht in das Ignorieren des Volkszählungsurteils unterstellen. Aus diesem Grund hat der AK Vorrat eine Verfassungsklage vorbereit – mal wieder. Eine entsprechende Informationsseite ist auch verfügbar: 

http://zensus11.de

Man kann auch seine Unterstützung signalisieren und die Verfassungsbeschwerde online mitzeichnen. Wie bereits bekannt, ist das massenhafte Mitzeichnen natürlich nur eine symbolische Aktion, denn es reicht bereits eine einzelne erfolgreiche Klage, um das Vorhaben zu stoppen. Aber von einer zahlreichen Unterstützung der Beschwerde geht natürlich auch ein politisches Signal aus, das nicht zu unterschätzen ist. Also beteiligt euch bitte zahlreich an der Beschwerde und informiert auch Bekannte, Verwandte und Freunde!

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