Interview mit Rena Tangens vom FoeBuD beim ORF

Die Tagesschau hat vorhin gemeldet, daß die Internetsperren und die Vorratsdatenspeicherung halbwegs vom Tisch seien. So die Kurzfassung. In der etwas längeren Fassung scheint es so zu sein, daß die Daten der Vorratsdatenspeicherung nur noch bei schweren Gefahrensituationen erlaubt ist, das BKA dem Grundsatz Löschen statt Sperren folgen soll und die Online-Durchsuchungen von einem Bundesanwalt angeordnet werden soll. Auch andere Medien berichten darüber wie z.B. Heise oder Spiegel Online und auch Netzpolitik.

Nun könnte man das eventuell gar so werten, daß sich die FDP bei den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hat. Sicherlich hat sie das auch stellenweise. Aber so richtig ein Erfolg ist es nun auch wieder nicht. Schon gar nicht kann man davon reden, daß die FDP die Internetsperren stoppen würde, wie es der Spiegel betitelt. Die Zensurinfrastruktur wird aufgebaut und bleibt für die Behörden nutzbar. Dem BKA wird quasi lediglich aufgetragen, sich vorher um die Löschung der Daten zu bemühen. Das dürfte in der Regel per Email an den Provider geschehen. Wie ernsthaft das vonstatten geht, steht noch nicht fest. Muss der Versuch der Löschung dokumentiert und von jemanden bewertet werden oder reicht die Aussage eines Beamten aus, er hätte versucht die Seiten löschen zu lassen, aber leider niemanden erreicht?

Auch die Beschränkung auf schwere Gefahrensituationen bei der Nutzung der Daten aus der Vorratsdatenspeicherung hört sich erst gut an. Fakt ist aber dennoch wohl, daß weiterhin die Daten *aller* Bundesbürger für 6 Monate gespeichert werden. Nur der Zugriff auf diese Daten wird auf ein paar Straftatbestände beschränkt. Ein richtiger Erfolg wäre es aber nur gewesen, wenn die Vorratsdatenspeicherung komplett gestoppt worden wäre. Denn auch bisher konnte ein Richter die Speicherung der Verbindungsdaten bei einem entsprechend begründeten Verdacht anordnen. Doch nun werden weiterhin die Daten eben auf Vorrat gespeichert – falls man sie zufällig irgendwann mal gebrauchen kann.

Ebenso ist die Anordnung einer Onlinedurchsuchung durch einen Bundesstaatsanwalt kein großer Gewinn für die Bürgerrechte. Denn erstens ist der Bundesstaatsanwalt kein Richter und zweitens ist es bei solchen Ämtern ja für gewöhnlich so, daß diese Posten auf Vorschlag von den Parteien besetzt werden. Man darf also erwarten, daß ein entsprechender Bundesstaatsanwalt dem ganzen positiv gegenüber gestimmt ist. Ein Bundesrichter wird zwar auch entsprechend politisch motiviert berufen, muss aber entsprechend beide Seiten abwägen, während der Staatsanwalt ja für gewöhnlich die Anklägerseite übernimmt und entsprechend darauf eingestellt ist.

Von einem Sieg der Bürgerrechte kann man also bei weitem noch nicht sprechen, allenfalls von einem kleinem Etappensieg. Trotzdem halte ich es wie Franziska Heine via Twitter:

Ihr könnt verdammt noch mal stolz auf euch sein! Nicht die FDP – aber ihr alle die ihr gegen das Gesetz gekämpft habt!

In der Tat! Ohne all den Druck von unzähligen Menschen in den letzten Monaten, wäre all das wohl auch nicht machbar gewesen und es wäre vermutlich noch schlimmer gekommen. Und auch die Übergabe von tausenden von Unterschriften heute an die Verhandlungsführerin der FDP, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat sicherlich einen kleinen Beitrag als Argumentationsverstärker in den Verhandlungen gespielt. (Link wird nachgereicht, der Campact Server ist wohl grad ausgelastet ;))
Also vielen Dank an alle, die sich in den letzten Monaten für die Wahrung der Bürger- und Grundrechte eingesetzt haben! Aber nun ist es der falsche Zeitpunkt, sich entspannt zurückzulehnen. Vielmehr ist es der richtige Zeitpunkt, jetzt weiterhin am Ball zu bleiben und den Druck auf die Politik aufrecht zu erhalten! Es gibt noch viel zu tun! 🙂

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