Kino: Illuminati

Gestern abend hat auch noch Thomas Asendorf von der Rostocker FDP auf meine Fragen zur Aktion “Frag deine Politiker” auch im Namen von Dr. Ulrich Seidel geantwortet:

Sehr geeehrter Herr Jürgensmann!

Gerne habe ich kurzfristig ihre Fragen beantwortet, die mich heute erreichten.

Frage:
Wer ist Ihr ganz persoenliches politisches Vorbild und warum?
Antwort:
Ich habe kein politisches Vorbild. Die Arbeit in und mit meiner Partei in und für unsere Stadt ist mir Ansporn und Motivation.

Frage:
Was sind die drei wichtigsten Punkte im Wahlprogramm?
Antwort:
· Kommunale Selbstverwaltung wieder herstellen
· Wirtschaft & Tourismus
· Kultur

Frage:
Welche drei grossen Probleme sehen Sie derzeit, die es zu loesen gilt?
Antwort:
· Haushaltssanierung / Kommunale Finanzierung
· Mehr Freiheiten in und für die Schulen
· Kulturförderung

Frage:
Die grossen Volksparteien verlieren seit laengerem Mitglieder. Offenbar sehen sich die Buerger nicht mehr von diesen vertreten. Auch die Wahlbeteiligung ist nicht gerade umwerfend. Was koennte man tun, um die Politikverdrossenheit zu mindern und das Interesse der Menschen an der Politik zu steigern?
Antwort:
Die FDP Rostock hat dieses Phänomen nicht. Je mehr Demokratie „nach unten“ delegiert wird, desto höher ist die Identitifierung mit dem Gemeinwesen und Gemeinwohl. Parteien müssen durchlässiger werden.

Frage:
In der letzten Zeit wurden viele Gesetze verabschiedet, die spaeter vom Bundesverfassungsgericht eingeschraenkt oder kassiert wurden. Ist das Grundgesetz nicht mehr zeitgemaess oder schiessen die Politiker mit der Gesetzgebung ueber das Ziel hinaus?
Antwort:
Es scheint mir, dass aus subjektiver Angst objektiv falsche Schlüsse gezoegen werden und hiermit die zunehmend Bürgerrechte eingeschränkt werden.

Frage:
Die Haushaltssituation in Rostock ist seit Jahren bedenklich. Wie laesst sich die Situation verbessern, ohne bei sozialen Einrichtungen zu kuerzen?
Antwort:
Verkauf von nicht nötigen Beteiligungen an Investoren, Privatisierung und ein Haustarifvertrag für die Verwaltung und das Theater.

Frage:
Wenn man die umliegenden Seebaeder im Vergleich mit Warnemuende betrachtet, macht letzteres einen armseligen Eindruck: die Muehlenstrasse ist ein Flickenteppich und mit Schlagloechern uebersaet, die Buergersteige und Gehwege sind eher mit Stolperfallen vergleichbar. Ist eine Verbesserung der Infrastruktur absehbar oder wird den Touristen dieser Zustand weiterhin zugemutet werden?
Antwort:
Mein Eindruck von Warnemünde ist der einer Perle am Ostseestrand. Die Mühlenstrasse ist m.W. in Planung, die

Frage:
Ein grosses Problem ist die Abwanderung von jungen Leuten aus Mecklenburg-Vorpommern. Welche Ursachen sind ihrer Meinung nach dafuer verantwortlich und wie koennte man die Migration stoppen?
Antwort:
Wirtschaftsansiedlung, Regional- statt Flächentarife, Steuerliche Entlasstung der Mittelschicht

Frage:
Ob Kraftwerk am Greiswalder Bodden oder Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide – was ist wichtiger: wirtschaftliche Interessen oder der Naturschutz?
Antwort:
Diese Frage ist m.E. zu allgemein gehalten und subjektiv. Bei genauerer Betrachtung eines vermeindlichen Konfliktes, ist häufig festzustellen, dass Wirtschaftpolitik und Umweltpolitik nicht gegeneinander, sondern miteinander wirken (siehe u.a. Photovoltaik & Windenergie)

Frage:
Was verstehen Sie konkret unter den Begriffen “soziale Gerechtigkeit”, “soziale Marktwirschaft”, “Informationsfreiheit” und “Netzneutralitaet” und wie bewerten Sie diese?
Antwort:
Als bundesweit führende Partei für informative Selbstbestimmung und Bürgerrechte darf ich Sie auf unser Wiesbadener Programm verweisen, dass hierzu ausführlich Stellung nimmt und dem mich ohne Vorbehalte anschließe.

Ich gehe davon aus, dass sie in Kürze noch weitere Antworten liberaler Freundinnen und Freunde erreichen werden.

Es grüsst Sie freundlich

Thomas Asendorf

Auch Herrn Asendorf und Prof. Seidel vielen Dank für die umfangreiche und interessante Beantwortung der Fragen. Leider fehlt in der Antwort-Mail der restliche Satz bei der Antwort zur Mühlenstraßen-Frage. Vielleicht kann Herr Asendorf die Antwort nochmal nachreichen.
Aber auch wenn ich mich selber als ziemlich liberal beschreiben würde, gibt es einige Punkte, wo ich anderer Meinung bin. Deshalb mein Kommentar dazu:

  • Kein Vorbild zu haben ist nicht schlimm. Selbstbewußt zu sagen, daß man Ansporn und Motivation aus sich selber und seiner Arbeit zieht, ist durchaus etwas Positives.
  • Daß die Haushaltssanierung in Rostock notwendig ist und eines der großen kommunalen Probleme darstellt, darüber sind sich vermutlich alle einig. Mehr Freiheiten in und für Schulen ist ein interessanter Aspekt, aber leider stecke ich hierzu (noch nicht 😉 ) selber genug in der Thematik, um das beurteilen oder kommentieren zu können. Eine Kulturförderung wird natürlich schwierig, wenn man gleichzeitig den Haushalt sanieren will – es sei denn, man arbeitet aktiv daran, private Förderer ins Boot zu holen, was ich mir angesichts der derzeitigen Krise aber etwas schwer vorstelle.
  • Herr Asendorf hat vermutlich damit Recht, daß Politik umso interessanter wird, umso mehr man selber bewirken kann bzw. umso mehr man selber machen kann. Wenn die FDP in Rostock dementsprechend organisiert ist, daß auch “normale” Bürger dort recht einfach politische Arbeit verrichten können, dann spricht das meiner Meinung nach schon sehr für die FDP.
  • Ebenso trifft er mit seiner Einschätzung, daß aus subjektiver Angst falsche Schlüsse gezogen und die Bürgerrechte zunehmend eingeschränkt werden, ins Schwarze. Um nun mal von der Kommunalpolitik auf die Bundespolitik zu verweisen: wenn man sich die Sicherheitsgesetze der letzten Jahrzehnte anschaut, stellt man fest, daß die FDP durchaus häufig gegen solche Gesetze gestimmt hat. Allerdings war die FDP auf Bundesebene auch seit längerem nicht mehr an der Regierung beteiligt, sondern in der Opposition. Wie das bei einer eventuellen Regierungsbeteiligung als Koalitionspartner aussähe, muß sich dann nun jeder selbst überlegen. Aber primär geht es hier natürlich um die Rostock FDP.
  • Bei der Verbesserung der Haushaltssituation in Rostock durch den Verkauf von nicht nötigen Beteiligungen an Investoren und durch Privatisierung widerspreche ich aber deutlich Herrn Asendorf. Meiner Meinung nach ist es ein Irrglaube, daß z.B. der Verkauf von kommunalen Wohnungsgesellschaften an private Investoren langfristig das geeignete Mittel ist, um die Haushaltssituation nachhaltig zu verbessern. Man bekommt zwar mit dem Verkauf auf einen Schlag einen Batzen Geld in den Stadtsäckel, aber der verpufft im Grunde für die Schuldentilgung. Stattdessen muss man eventuell aber, z.B. beim Verkauf von städtischen Immobilien, diese vom Investor zurückmieten. Man tauscht also den kurzzeitigen Gewinn durch eine langfristige Belastung des Haushalts ein. Behält man hingegen das “Tafelsilber” etwa in Form von Wohnungsgesellschaften und Immobilien, kann man hierdurch langfristig Einkommen für den Haushalt generieren, etwa durch Mieten.
  • Ebenso widerspreche ich ihm (teilweise) bei seiner Einschätzung zur Abwanderungsproblematik. Natürlich ist es wichtig, Wirtschaft anzusiedeln, aber was bringen Regionaltarife, wenn sie wiederum niedriger sind als die Tarife in anderen Bundesländern. Es ist heutzutage nicht mehr vermittelbar, warum man in Rostock ca. 25% weniger verdient als ein paar Kilometer weiter westlich. Das heißt, daß die Leute trotz oder gerade wegen des (niedrigeren) Regionaltarifs abwandern werden, weil sie eben woanders mehr verdienen. Die steuerliche Entlastung der Mittelschicht ist meiner Meinung nach soetwas wie der Running Gag der FDP. Glaubt die FDP wirklich, daß man bloß immer schön die Steuerlast für die Mittelschicht senken muss, damit es allen gut geht? Das ist genauso falsch, wie der Glaube an unbegrenztes und unentwegtes Wachstum in der Betriebs- und Volkswirtschaft. Aber ich denke sowieso eher, daß Herr Asendorf nicht die Mittelschicht meint, sondern den Mittelstand. Denn der Mittelstand, insbesondere die KMUer, sind die traditionellen Wähler der FDP. Doch leider schwindet der Mittelstand immer mehr. Stattdessen geht die Schere zwischen Arm und Reich bekanntermaßen immer weiter auseinander.
  • Bei der Frage, ob wirtschaftliche Interessen wichtiger als Umweltschutz sind, antwortet Herr Asendorf durchaus erwartungsgemäß. Ich sehe auch durchaus, daß Wirtschaft und Umweltschutz ineinander greifen, aber dennoch halte ich z.B. das Kraftwerk am Greifswalder Bodden für falsch. Daß die Windenergie in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur ökologisch zur Stromgewinnung beiträgt, sondern auch ein großer Wirtschaftsfaktor ist, sehe ich auch als begrüßenswert an.
  • Bei der letzten Frage meint Herr Asendorf mit dem Hinweis nicht das Wiesbadener Programm des Architekten Johannes Otzen und des Pfarrers Emil Veesenmeyer, sondern natürlich das Wiesbadener Programm der FDP. Grundsätzlich befürworte ich auch den programmatischen Grundsatz „So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich!“, ebenso wie „Schaffung und Wahrung der Freiheit des Einzelnen“ und auch andere Punkte wie die Ansicht, daß die derzeitigen Gesetze ausreichend sind, um die Sicherheit in Deutschland zu gewährleisten und stattdessen mehr Polizisten und Richter eingestellt werden sollten, um die bestehenden Gesetze durchsetzen zu können, anstatt immer neue Gesetze zu verabschieden, finden meine Zustimmung, aber die Wirtschaftspolitik der FDP richtet sich meiner Meinung nach zu sehr auf “Steuern runter! Mehr Privatisierung!” aus. Da bleibt mir manchmal die soziale Komponente der sozialen Marktwirtschaft auf der Strecke.
  • Auch wenn man es vielleicht nicht so recht aufgrund der harschen Kritik meinerseits glauben mag, aber es gibt schon so einiges an der FDP, womit ich mich anfreunden kann. Anderes wiederum schreckt mich ziemlich ab. So habe ich seit Jahrzehnten eine etwas ambivalente Haltung gegenüber der FDP. Einerseits begrüße ich die Initiativen und Aktionen von Gerhart R. Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sich wirklich alle Mühe geben, per Klagen vor dem BVerfG so gut es geht das Schlimmste abzuwenden und die Sicherheitsgesetze von Schäuble & Co. zu stoppen, aber andererseits packe ich mir bei diesem ständigen “Steuern runter!” einfach nur an den Kopf…

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