Gestern um 12 Uhr geschah im EU-Parlament Merkwürdiges: das EU-Parlament hat sich EU-Kommission, EU-Rat und den USA widersetzt und gegen das Interimsabkommen zu SWIFT votiert, wie z.B. Spiegel berichtet:
Es ist ein deutliches Nein zur Datenschnüffelei: Das Europaparlament hat das umstrittene Swift-Abkommen über die Weitergabe von EU-Bankdaten an die USA gestoppt. Mit 378 zu 196 Stimmen lehnten die Abgeordneten am Donnerstag die Vereinbarung ab. Damit ist das bereits vom EU-Ministerrat und den USA unterzeichnete Abkommen ungültig. Die Abgeordneten schlagen vor, eine neue Vereinbarung auszuhandeln.
Diese paar Zeilen machen es auch schon deutlich, worum es nun gehen sollte: das SWIFT-Abkommen ist nicht endgültig entsorgt worden, sondern nur vorübergehend. Es ist dennoch gut, daß das EU-Parlament seine neue Macht, die es seit dem 1. Dezember 2009 durch den Lissabon-Vertrag hat, auch genutzt und Nein zu diesem Abkommen gesagt hat, aber dies sollte nun Ansporn und Ermunterung sein, den Weg der Abgeordneten zu unterstützen, weiterhin für die Rechte der EU-Bürger zu arbeiten und nicht für die Interessen eines ausländischen Staates wie den USA. Das soll nun nicht heißen, daß man jegliche Zusammenarbeit mit den USA beenden sollte – die USA sind ein wichtiger Bündnispartner, aber gerade deshalb sollte sich die EU nicht von den USA ihre Politik diktieren lassen. Ein Bündnis ist immer nur dann stark, wenn es beide Partner sind. Somit ist es auch im Interesse der USA, eine starke EU zu haben. Das kann aber auch mal bedeuten, daß die USA eben nicht ihre Interessen durchgesetzt bekommen.
Und es sollte bedeuten, daß die EU-Parlamentarier nun auch das Passenger Name Records Abkommen (PNR) auf den Prüfstand stellen und idealerweise auch absägen sollten. Die USA dürften dann zwar wieder herumzetern, daß die gesamte westliche Welt untergehen wird, aber ich bin mir sicher, daß die Welt auch ganz gut ohne gläserne Bürger und einer riesigen Flugdatenbank in den USA existieren wird. Das hat sie bis 2001 geschafft und das wird sie auch weiterhin schaffen.
Was kann auch schon im schlimmsten Fall passieren, wenn das PNR-Abkommen wie auch das SWIFT-Abkommen endgültig gekippt sind? Die USA dürften damit drohen, daß sie den Fluglinien den Überflug bzw. das Landen nicht mehr erlauben. Aber das dürfte letztendlich eine leere Drohung sein, auch wenn sie vielleicht exemplarisch die eine oder andere Fluglinie mal herauspicken sollten. Auch die USA fliegen gerne über Europa und möchten dort landen und sie werden sich genau überlegen, ob sie ein Flugverbot über Europa riskieren, allein schon weil dies für ihr Militär extrem wichtig ist, da ansonsten die Versorgung der US-Truppen im Ausland gefährdet ist.
Somit freue ich mich zwar auch wie all die anderen, z.B. Netzpolitik.org, aber im Prinzip muss die Arbeit nun weitergehen und daran gearbeitet werden, daß nicht im Herbst noch ein neues SWIFT-Abkommen ausgehandelt wird. Ebenso müssen bilaterale Abkommen zwischen USA und Belgien/Niederlande/Schweiz verhindert werden – oder aber SWIFT darf in diesen Ländern nur noch Daten verarbeiten, die aus diesen Ländern stammen, was im Umkehrschluß bedeuten würde, daß SWIFT in jedem EU-Land ein eigenes Rechenzentrum aufbauen müsste.
Und es muss den USA klargemacht werden, daß nicht mehr Überwachung aller Menschen auf der Welt vor mehr Terror schützt, sondern ein würdiges, gleiches und ehrliches Miteinander, die USA also mit den Manipulationen von Regierungen und Unterstützung von Aufständen zur Machtübernahme von unliebsamen Regierungen aufzuhören haben.
Ich weiß auch echt nicht, was ich davon halten soll. Auf der einen Seite: Klar, trägt es zur Sicherheit bei. So irgendwie.
Auf der anderen Seite: gerade der USA traue ich zu, solche Daten auch ohne konkreten Terrorverdacht zu lesen.
Und nicht auszudenken, wenn die Daten mal in falsche Hädnegeraten. Was ist denn heutzutage noch sicher?
Als erstes muss wirklich sichersgestellt werden, dass es ein überwachendes Organ gibt, zusammengesetzt aus allen
Länder der EU. Ohne Kontrolle und Aufsicht geht da garnichts meiner Meinung nach.
Gruß
Thorsten