Aus der Geschichte lernen?

Regelmäßige Leser des Blogs kennen mich als Mahner, daß wir aus unserer Geschichte lernen sollen, um die gleichen Fehler von damals im Heute oder der Zukunft zu vermeiden. Doch geht das überhaupt, aus der Geschichte lernen? Susanne Ebrecht hat hierzu einen lesenswerten Artikel in ihrem auch ansonsten empfehlenswerten Blog geschrieben: Why we can’t learn from Holocaust

Die Überschrift ist natürlich ein bißchen eye-catchy, aber lesenswert ist der Artikel natürlich trotzdem, auch wenn ich natürlich mit dem Ergebnis, daß wir nicht aus der Geschichte lernen können, überhaupt gar nicht übereinstimme. Susanne schreibt: 

The youngest people who can remember the Second World War are already around 100 years. The contemporary witnesses are almost died out. We are in third generation after the war. The fourth generation will be born in a few years.

However, what did we learn? What is faded? Did we learn something at all? What did we learn from wars? Isn’t all just always repeating? Aren’t we running already into the next insurgence? Why can’t we learn from history?

Ja, in der Tat. Vor kurzem ist Stéphane Hessel gestorben, was diesen Exodus an Zeitzeugen des Nazi-Terrors gut beschreibt. Auch wenn die letzten Zeitzeugen nun bald gestorben sind, leben wir im westlichen Europa doch in einer sehr langen friedlichen Zeit ohne Kriege. Es gab aber im südöstlichen Europa (Balkan) in den 90ern schreckliche Kriege, als der Eiserne Vorhang fiel. In der restlichen Welt gibt es aber immer noch viele Kriege und auch die sich ansonsten so friedlich gebenden Europäer mischen da fleißig mit.

What should we learn from Holocaust?

How could it happen at all? What was the causation?

When I was a school girl we had to read “The Wave” written by Morton Rhue. An American history teacher made an experiment with his class and showed that facism isn’t far away – that facism is all around and in us.

The book made me thinking. The book shaped who I am. It showed the danger to me. It helped me to understand how the Holocaust could happen. It also showed me how we should behave so that it won’t happen again. How we should behave to break the horror loop.

In der Tat: “Die Welle” (engl. Original: “The Third Wave”) sollte eigentlich jeder gelesen haben. Es gibt eine amerikanische und eine deutsche Verfilmung des Stoffs. Ich halte die amerikanische für besser, die aber leider nicht aufzufinden ist.

We should have learned that we won’t follow a command without thinking. That we always first think about what we are doing. That we always bear the full blame for all what we are doing, what we are thinking and what we won’t do. We should learn to take stock of all what we are doing. We should learn to go into ourselves to reflect if we really are able to bear the burden, to figure out if we will be in balance with our mind, if we can have a good mind by doing what we plan to do. Instead of blind following commands we should just do for what we really are willing to bear the burden.

Additionally we should learn that we never should command other people. We should not pressure our will to others. We should accept other opinions. We should not denounce people having other opinions.

Was Susanne hier schreibt, kann man eigentlich nur unterstützen, aber gerade wir Deutschen scheinen einen Sinn für Obrigkeitsdenken und -gläubigkeit zu haben. Viele Leute wissen oder haben es im Gefühl, daß es in der Politik zum Beispiel nicht mehr so weiterlaufen kann, wie bisher. Trotzdem wählen sehr viele Leute konservative Parteien (CDU/CSU, teilweise SPD), die mit ihren immer gleichen Ansätzen zur Problemlösung diese Probleme eigentlich immer weiter verschlimmern, anstatt sie mit neuen Ansätzen zu lösen.

Es ist für einen selber ja auch sehr viel einfacher, in der Masse der Befehlsempfänger mitzulaufen, anstatt selber das Denken anzufangen und zu opponieren, wenn man etwas falsch findet. Die “da oben” haben auch nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen, sondern sind in ihrer Filterblase aus Beratern und Lobbyisten gefangen, wenn man sie da nicht regelmäßig herauszerrt und erdet. Diese Angst, aus der großen Masse auszubrechen, spricht Susanne ebenfalls an:

But the human fear to expel themself from the collective just because of having a different opinion is so big that most people just will follow the collective without thinking.

Aber genau das ist eigentlich notwendig, wenn wir die Gesellschaft nach vorne bringen wollen. Handeln wir immer nur wie bisher, dann können wir eben nicht aus der Geschichte lernen, sondern wiederholen sie bloß immer nur. Auf der einen Seite bewundern wir an Gedenktagen zum Beispiel die Widerstandskämpfer gegen die Nazis, aber der anderen Seite gehen wir dann unserem täglichen, duckmäuserischen Habitus weiter nach. Doch warum tun wir das?

My friend Gwenn Dana helped me understanding why we can’t learn from Holocaust.

She made researches of some historical documents and figured out that you already will find educational advertising about these topic in Thomas gospel. Already 2000 years ago you can find free thinkers who understood that people need to learn a different way of thinking when you want to stop horrible tortures.

By studying Maharishi Maresh Yogi theories Gwenn Dana found that he thought that the critical mass to break the system is reached when there is one percent of understanding people.

It also was Gwenn Dana who showed me by taking historical examples what will happen when the system will break. She described it so nice within our dialogue that I just want to translate and quote her:

<quote>
Our country already has reached the state that we create laws where you can ask afterwards “Why didn’t you anticipate it? Were you sympathic to the system?”

They all fall into the trap of beeing unable to establish a collective. Napoleopn, Che Guevera, Stalin, all the rebellion leaders. At the end the first who succumbed were the bishops who wanted to opposite the Roman country but in same move they founded a new empire under a Papa called “church” in which you can get lost same way.
<end of quote>

Die freien Denker, wie es im Artikel von Susanne heißt, sind schon enorm wichtig. Früher waren dies mal unseren “Intellektuellen”. Künstler, Schauspieler, Schriftsteller, Philosophen, Sänger, Liedermacher. Heute sitzen diese nur noch in Talk Shows und stellen ihr neuestes Buch, Album oder Film vor. Gesellschaftliche Diskussion? Fehlanzeige! Es bringen also immer weniger Leute die freien Gedanken unter die Leute. Somit wird natürlich auch das kritische Quorum nicht erreicht, egal ob es nun bei 1% oder 10% liegt.

Aber ich denke schon, daß wir aus der Geschichte lernen können. Das impliziert aber natürlich, daß wir uns mit unserer Geschichte befassen und auch daraus lernen wollen. Und vor allem, daß wir das Gelernte nicht vergessen! Denn da sehe ich das eigentliche Problem der im Artikel-Titel gestellten Frage, warum wir nicht aus dem Holocaust lernen können: Lernen können wir schon, aber wir dürfen nicht vergessen und müssen uns immer wieder aufs Neue damit beschäftigen und uns daran erinnern. Und es darf uns nicht egal sein. Wir müssen den Mut haben, Unrecht zu benennen, wenn wir ihm begegnen. Mut kostet Kraft, aber wir müssen heute vielfach nicht um unser Leben fürchten, wie es die Widerstandskämpfer damals mussten. Deshalb sollte es uns eigentlich ein Leichtes sein, diesen Mut zu beweisen und uns einzumischen, nicht zu vergessen, mitzumischen und dafür zu sorgen, daß wir eben doch aus unserer Geschichte lernen können.

Es liegt an jedem selbst und jeder hat die Macht, dazu beitragen, daß wir Geschichte nicht bloß wiederholen.

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