Aaron Swartz ist tot

Aaron Swartz ist tot. Vermutlich wird euch der Name ähnlich wenig sagen, wie er mir selber bis vor wenigen Tagen nichts gesagt hat, aber Aaron Swartz war einer dieser sogenannten Netzaktivisten in den USA. Er hat unter anderem am Protokoll für RSS-Feeds mitgeschrieben. Und auch sich für ein freies Internet und frei zugängliches Wissen eingesetzt. So war er einer derjenigen, die die Proteste gegen SOPA und PIPA in den USA organisiert haben. Aber letztendlich könnt ihr auch alle die Artikel bei Heise oder bei der Sueddeutschen Online lesen.

Aaron litt wohl unter Depressionen und hat sich am 11. Januar in seiner New Yorker Wohnung erhängt. Offenbar, weil er in wenigen Wochen wegen seiner JSTOR Aktion, wie Heise schreibt: 

Anders sah es bei einer Aktion im Jahre 2011 aus, als Swartz versuchte, wissenschaftliche Artikel des JSTOR-Systems in einer Aktion downzuloaden. Weil Swartz sich dabei einen unerlaubten Zugang zum MIT-Netzwerk beschaffte, wurde er angeklagt, obwohl er sich mit JSTOR als geschädigter Partei gütlich einigen konnte. Wenige Monate nach dem Vorfall wurde die JSTOR-Bestände öffentlich zugänglich gemacht, es folgte der umstrittene Vorwurf, Swartz würde einen illegalen Datenhandel mit den Dokumenten betreiben. Dennoch wurde ein Verfahren gegen Swartz in 13 Klagepunkten eröffnet, die insgesamt eine Haftstrafe von 35 Jahren zur Folge gehabt hätten. Gegen die von vielen als überhart empfundene Reaktion der Justizbehörden protestierten etliche Gruppen, etwa die Electronic Frontier Foundation. Der Prozess sollte in wenigen Wochen beginnen.

Ihm drohten also bis zu 35 Jahren Haft für etwas, das er veröffentlichte, was das MIT bzw. JSTOR dann sowieso später veröffentlicht hat. Wer bereits unter Depressionen leidet und dann mit einer solchen Aussicht auf sein zukünftiges Leben konfrontiert wird, obwohl er – zwar nicht juristisch, aber moralisch – eigentlich richtig gehandelt hat, der wird sich in einer ausweglosen Situation sehen.

Was tun Menschen in einer ausweglosen Situation, insbesondere wenn sie der Meinung sind, sie seien Willkür und Ungerechtigkeit ausgesetzt? Wie auch Mohamed Bouazizi sah wohl auch Aaron Swartz keinen anderen Ausweg als die Ultima Ratio Selbstmord. Das ist schade und vor allem schwer für die Angehörigen. Nachvollziehen kann das wohl niemand, der selber noch nie in einer ähnlichen Lage war.

Leider sind Depressionen bei Netzaktivisten nicht selten. Auch Stephan Urbach litt daran, aber er hat das öffentlich gemacht. Und das ist eigentlich auch das einzige, was man machen kann, um es nicht zum äußersten kommen zu lassen. Und natürlich drauf zu achten, daß es erst gar nicht so weit kommt.

Als Aktivisten können wir von Aaron Swartz viel lernen: seine Hingabe, mit der er die für ihn wichtigen Themen angegangen ist, seinen Nachdruck dabei, aber auch lernen zu müssen, daß wir nicht ausbrennen und depressiv werden. Wir müssen auch lernen, daß wir zwar eigentlich das Richtige tun und wollen, aber daß wir für eine breitere Unterstützung in der Bevölkerung arbeiten und für andere Gesetze sorgen müssen.

Bis dahin können wir nur schauen, daß wir das Beste daraus machen, daß wir mehr auf uns und andere achten und keinen Burnout bekommen oder in eine Depression fallen, und daß sich so ein Schicksal wie von Aaron Swartz nicht wiederholen muss. Zumindest können wir weiterhin daran arbeiten, Aarons Vision von einem freien Internet und freiem Zugang zu Wissen zu verwirklichen. Und es liegt an uns allen, wie schnell und wie gut wir dieses Ziel erreichen.

UPDATE: 
Jens Ohlig hat lesenswerte Gedanken zum Tode Aarons. Er ist da ein bißchen direkter und klarer als ich mit seiner Aussage, daß dieser Suizid die Konsequenz des politischen Systems (Urheberrecht) ist.

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