ACTA auch im Handelsausschuß INTA durchgefallen

Gestern war ein wichtiger und interessanter Tag für unsere Demokratie: um 11 Uhr begann der Handelsausschuß INTA, der bei ACTA federführend ist und die finale Empfehlung für das EU-Parlament ausspricht, mit dem Abstimmungsmarathon. ACTA stand an Position 32 und drei Änderungsanträge auf der Tagesordnung. Und so zog es sich hin, bis dann kurz vor 12 Uhr dann auch ACTA an die Reihe kam. Vorher twitterte Jeremie Zimmermann von La Quadrature du Net bereits fleißig im Vorfeld. Zum Beispiel, daß sich die Reihen der abstimmungsberechtigten Sitze füllte. Insgesamt gibt es 31 Sitze im INTA-Ausschuß. So twitterte Jeremie zum Beispiel, daß die ACTA Befürworter direkt vor dem Saal noch mit Postern und Plakaten um Zustimmung warben: 

Pro- posters by industry at entrance of INTA room. “security” ppl don’t mind… they were removed.

pro- poster on the door of the INTA committee (with no “security” personnel reacting!…)

Das ist insofern ungewöhnlich, weil wohl die ACTA-Gegner dies auch tun wollten und es ihnen untersagt wurde. Die Befürworter aber konnten die Poster verteilen, ohne daß die Sicherheitsleuten einschritten. Wohl erst auf Drängen der Gegner wurden diese dann wohl auch entfernt.

Als es dann zur Abstimmung über die Änderungsanträge kam, wurden zwei der Anträge zurückgezogen und nur der Antrag zum Verschieben der Abstimmung über ACTA selber musste noch abgestimmt werden. Hierbei kam es zu einer Panne: der Antrag wurde mit 19 zu 13 Stimmen abgelehnt. Wer jetzt nicht ganz unbegabt im Kopfrechnen ist, kommt aber auf nun 32 Stimmen bei 31 Sitzen im Ausschuß, also eine Stimme zuviel. Deshalb wurde erneut über den Änderungsantrag abgestimmt und nun kamen 19 zu 12 Stimmen zustande und der Antrag wurde abgelehnt. Mit der gleichen relativ klaren Mehrheit wurde auch dann ACTA selber abgelehnt

final vote: 19 Vs 12!!! VICTORY!!!!!!!!!!!!!!!! \o/

Damit empfiehlt der federführende Handelsausschuß dem Europäischen Parlament, am 4 Juli ACTA als solches abzulehnen!

Die ganzen Proteste und Bemühungen haben also Erfolg gehabt – vorausgesetzt, daß die Abgeordneten dieser Empfehlung folgen. Denn das müssen sie nicht. Sie könnten auch völlig anders entscheiden. Deshalb müssen wir noch weitere 2 Wochen den Druck aufrecht erhalten und die Parlamentarier kontaktieren und um Ablehnung bitten. Insbesondere weil der zuständige EU-Komissar Karel de Gucht bereits angekündigt hat, ACTA erneut zur Abstimmung bringen zu wollen.

Aber im Prinzip sehe ich es ähnlich wie Jeremie

The EPIC battle shows that citizens can change things. A free and open Internet is the essential tool for democracy. <3

Seit Januar gab es ausgehend von Polen Proteste, die zunächst in einem europaweiten Aktionstag gegen ACTA am 11. Februar gipfelten, bei denen hunderttausende Bürger auf die Straße gingen. Dies führte dazu, daß eine Regierung nach der anderen ACTA eine Absage erteilte und letztendlich auch die Abgeordneten in Brüssel immer mehr auf der Seite der ACTA-Gegner waren. Wenn dies bis zur Abstimmung im Plenum am 4. Juli anhält, dann ist der 4. Juli nicht mehr nur der amerikanische, sondern ein kleines bißchen auch ein europäischer Unabhängigkeitstag. Denn dann wird zum ersten Mal eine europäische Bürgerrechtsorganisation ein internationales Abkommen, das in höchstem Maße undemokratisch auf den Weg gebracht wurde, zu Fall gebracht haben. Dies ist dann nicht nur eine Stärkung der europäischen Bürgerrechtsbewegung, sondern auch eine Stärkung der Demokratie an sich, sowohl in Europa als auch in den einzelnen Mitgliedsstaaten.

Und es zeigt auch, wie wichtig das Internet bei dieser Demokratisierung ist. Ohne ein freies und unzensiertes Internet, in dem die Menschen sich koordinieren, Argumente austauschen und miteinander an gemeinsamen Zielen arbeiten können, wäre all dieses nicht möglich gewesen. Deshalb war es umso wichtiger, die eigenen Grundrechte nicht nur im Netz zu verteidigen, sondern auch auf die Straße zu gehen und unsere Rechte dort lautstark einzufordern. Es ging nie um freie oder kostenlose Downloads, wie die Presse in den ACTA-Berichten immer gerne Glauben zu machen versucht, sondern es ging und geht um die Wahrung von Grundrechten wie Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und Demokratie.

Doch ACTA wird leider nicht der letzte Anlaß sein, daß wir uns unsere Rechte zurückholen und verteidigen müssen. Schon steht mit IPRED der nächste Kandidat vor der Tür und auch die Vorratsdatenspeicherung ist noch längst nicht vom Tisch!

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