Heute mal wieder drei Lese-Empfehlungen. Die erste dreht sich um das Thema Gauck und ist von Anatol Stefanowitsch. Dabei geht es darum, ob nun Gauck falsch bzw. verkürzt zitiert worden ist und die “Netzgemeinde” einfach unreflektiert auf Gauck herumbasht. Stefanowitsch schreibt:
Ich will das an drei Beispielen deutlich machen. Zwei davon habe auch ich per Twitter in die Runde geworfen: seine Aussagen zu Thilo Sarrazin und zu Harz-IV-Empfänger/innen, die dritte wäre mir nicht in den Sinn gekommen, sie spielt aber in der Diskussion inzwischen eine zentrale Rolle: seine Aussagen zur Vorratsdatenspeicherung. In beiden Fällen würde ich auch bei sorgfältiger Abwägung des Kontextes bei meiner negativen Einschätzung von Gaucks Eignung als Bundespräsident bleiben (und das geht nicht nur mir so).
Der Artikel ist sehr lesenswert, weil er sowohl die Argumente der Gauck-Kritiker als auch die der Befürworter aufnimmt und sich damit auseinandersetzt.
In die gleiche Kerbe schlägt publikative.org:
Wird Joachim Gauck einfach nur falsch zitiert? So stellen es zumindest große Medien dar, welche die Kritik an dem “Bundespräsidenten der Herzen” zum einen offenkundig ungebührlich und zum anderen vollkommen überraschend finden – so als sei diese neu. Und so werden nun geradezu revolutionäre Erkenntnisse verbreitet, beispielsweise, dass Blogger und Forentrolle gar nicht die Objektivität gepachtet haben. Wer hätte das gedacht? Aber um den Ansprüchen der Kollegen, die sonst natürlich kein Zitat unter 18 Zeilen bringen würden, Genüge zu tun, veröffentlicht Publikative.org hier eine Transkription von einem Interview, das Gauck im NZZ-TV gegeben hat.
Gauck zehrt halt immer noch von seinem Nimbus als Pastor in der ehemaligen DDR und seiner Funktion als Leiter der nach ihm benannten Behörde für die Stasi-Unterlagen (Gauck-Behörde). Und selbst dieses Selbstbild des Bürgerrechtlers und Freiheitskämpfers Gauck bezweifle ich nach der Lektüre von Peter-Michael Diestels Artikel “Auf Wiedersehen, Herr Gauck” im derFreitag vom 28.04.2000. Diestel ist sicherlich selber kein unbeschriebenes Blatt, aber der Artikel führt so einiges auf, wo man nachdenklich wird.
Ich werde jendenfalls das Gefühl nicht los, daß sich die Parteien mit Gauck ein Kuckucksei ins Schloß Bellevue gelegt haben.
Der dritte Lesetipp ist dieses Mal bei Netzpolitik.org zu finden. Im Artikel “EU-Kommission: Vorratsdatenspeicherung “zu sensibel” für öffentliche Debatte” dokumentiert Andre Meister das seltsame Rechtsverständnis der EU-Kommission: es gibt ein Rechtsgutachten über die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, aber dieses Gutachten wird nicht veröffentlicht, weil angeblich der Schutz von Rechtsberatungen unterlaufen werden würde. Das ist natürlich Quatsch, weil das öffentliche Interesse überwiegt, warum die Bevölkerung durchgängig und umfassend bespitzelt werden soll. Und eben dieses öffentliche Interesse ist auch eine Möglichkeit, dieses Rechtsgutachten aus den Klauen der Kommission zu befreien und veröffentlichen zu lassen:
Aber es gibt eine Ausnahme der Ausnahme in der Verordnung:
Die Ausnahmen zum Zugangsrecht müssen aufgehoben werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Freigabe der erbetenen Unterlagen besteht.
Wenn ihr Interesse an dem Dokument Ares(2010)828204 habt, könnt ihr ja mal beim Generalsekretariat nachfragen: sg-acc-doc@ec.europa.eu.
In den Kommentaren gibt es dann auch gleich einen kleinen Mustertext für eine E-Mail, die man dem Generalsekretariat schicken kann. Auch hier kann es sicherlich nicht schaden, sich auch mal an die eigenen EU-Abgeordneten zu wenden.
Kann es sein…
Kann es sein, dass Gauck nicht von seinem Nimbus als Pastor “zerrt”, sondern vielmehr “zehrt”?
*hüstel* Ja, in der Tat…
*hüstel* Ja, in der Tat… was einem halt so morgens passiert, wenn man noch schnell was verbloggen will… 😉
Danke! 🙂