Frag deine Politiker – OB Wahl: Christian Blauel antwortet

Nachdem vorgestern Dr. Sybille Bachmann auf meinen Fragenkatalog geantwortet hat, erreichten mich gestern zwei Antworten: die von Christian Blauel und die von jetzigen Amtsinhaber Roland Methling. First come, first serve! Pro Tag veröffentliche ich nur die Antworten eines Kandidaten und da Christian Blauel seine Antworten ein paar Stunden früher eingeschickt hat, muss OB Methling bis morgen warten.

1) Was sind die Top 3 Punkte ihres Wahlprogramms und wie versuchen Sie diese dem Buerger zu vermitteln?

·        WIR SIND DIE STADT – Stadt entsteht durch das Zusammenwirken Vieler. Transparenz bei allen Entscheidungsstrukturen ist Grundvoraussetzung zur Teilhabe aller Bewohner und Nutzer unserer Stadt an den Prozessen ihrer Entstehung. Für die Wahrnehmung von Transparenz ist verständliche und rechtzeitige Information über anstehende Vorhaben die Grundvoraussetzung – dies gelingt nur durch Beteiligung und gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten.
 
Ich setze mich ein für bessere Information der Bürger durch:
–         Online Einsicht in alle Verfahren
–         TV-Mitschnitte der Bürgerschaftssitzungen
–         Regelmäßige Bürgerinformationen über Verfahren
–         Frühzeitige Visualisierungen von baulichen Vorhaben – auch B-Pläne!
–         Anschauliche Darstellung von Entscheidungsalternativen mit  Pro und Kontra
–         Einrichtung einer Stelle für einen Beauftragten für Bürgerbeteiligung
 
·        Wir brauchen die Energiewende – weg von den fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien. Gleichzeitig müssen wir lernen mit viel weniger Energie auszukommen. Diese Ziele können in der Kommune auf vielen Ebenen angegangen werden – Anreize zum Energiesparen, Recycling und Kreislaufwirtschaft, Mobilität und Verkehrssysteme, Integration von Energiekonzepten in die Bauleitplanung, Ersatz fossiler Brennstoffe bei Kraftwerken. Die kommunale Verwaltung und die Unternehmen in kommunalem Besitz müssen Vorbild sein – der OB kann hier entscheidende Impulse geben.
 
Ich setze mich ein für:
–         Ausbau des Nah- und Fernwärmenetzes
–         Stadtwerke in kommunaler Hand als zentrales Steuerungsinstrument – mittelfristig Rückkauf von Anteilen
–         stufenweiser Ersatz der fossilen Energieträger im  Kraftwerk Marienehe durch  regenerative Energieträgern (Biogas, Biomasse, Geothermie)
–         Kommune als Vorbild für Effizienz beim Energieeinsatz über die gesetzlichen Vorgaben hinaus
–         Erstellung von Energiekonzepten als verbindlicher Teil der Bauleitplanung
–         Verpflichtung der Kreuzfahrtschiffe auf eine umweltfreundlichen Energieerzeugung
–         Fotovoltaikanlagen auf alle kommunalen Dächer – auch als Bürgergesellschaften
 
·        Lebensqualität entsteht durch Kultur –  die Stadtgesellschaft braucht ein vielfältiges Angebot in allen Stadtteilen. Kultur ist ein weicher Standortfaktor auch für die Wirtschaft und eine Investition in die Zukunft.
 
Ich werde mich einsetzen für:
–         Teilhabe aller Menschen am kulturellen Leben der Stadt
–         eine vielfältige Kulturlandschaft mit einem urbanen Kulturzentrum in der KTV unter Beteiligung der freien Träger
–         Aktuelles Theater – der Inhalt bestimmt die Form – beispielsweise die Initiierung eines Theaterfestivals für Impulse von außen
–         Ein Landesmuseum der modernen Kunst in Rostock
–         Erhalt der Stubnitz
–         Ein tragfähiges Museumskonzept für ein maritimes Museum im IGA-Park

Die Ideen für mehr Transparenz und Beteiligung der Bürger finde ich gut und richtig. Auch befürworte ich den Rückkauf der Stadtwerke. Hier muss die sinnvolle Versorgung Vorrang vor dem Gewinnstreben von Unternehmen haben. Die Energieversorgung wird meiner Meinung nach am besten durch dezentrale und kleinere Kraftwerke gewährleistet. Ich denke, daß dies sogar mittelfristig eine gute Einnahmequelle für die Kommunen sein kann.

2) Was betrachten Sie als das draengendste Problem in Rostock und wie moechten Sie dieses Problem angehen bzw. vielleicht sogar loesen?

Das drängenste Problem in Rostock ist das Klima von Angst und Mißtrauen in der Verwaltung und in der Stadt und die fehlende Kommunikation. Dies ist Folge des undemokratischen Amtsverständnis des Amtsinhabers. Mein Verständnis ist, daß der OB mit der Verwaltung Entscheidungen der Bürgerschaft konstruktiv mit Entscheidungsvarianten vorbereitet und dann für Mehrheiten wirbt. Entscheidungen der Bürgerschaft hat er zügig umzusetzen – auch wenn diese nicht seiner persönlichen Meinung entsprechen. Ich werde eine grundlegende Verwaltungsreform auf der Grundlage einer gründlichen Aufgabenkritik und intensiven Gesprächen mit allen Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft angehen.

Als Außenstehender kann ich natürlich das Arbeitsklima in der Verwaltung nicht nachvollziehen, wäre aber durchaus an belegbaren Quellen interessiert.

3) Als Einwohner Warnemuendes hat man das Gefuehl, dass die Stadt Rostock zwar gerne die Einnahmen abzweigt, die die Cash Cow an der Warnow Muendung generiert, aber wenig in Warnemuende investiert. Betrachtet man die Seebaeder oestlich und westlich von Warnemuende, so faellt auf, dass diese in einem weitaus besseren Zustand sind als das Aushaengeschild Rostocks. Waehrend in Kuehlungsborn der touristische Kernbereich hervorragend saniert und erneuert wurde, glaenzt Warnemuende mit kaputten Strassen, unebenen Buergersteigen und macht generell einen fast schon verwahrlosten Eindruck abseits des Alten Stroms. Was ist, ihrer Meinung nach, hier in Warnemuende in den letzten 20 Jahren schief gelaufen und was muesste nun gemacht werden?

Jeder Stadtteil braucht regelmäßige Beachtung und Pflege. Ein wichtiges Werkzeug der Bürgerbeteiligung sind die Ortsbeiräte. Hier werden die Anliegen und Ideen der Bürger gesammelt, die Interessen der Ortsteile formuliert und gegenüber der Verwaltung artikuliert. Der OBR hat ein eigenes Antragsrecht in der Bürgerschaft. Der OBR-Warnemünde ist ein sehr gut besuchtes Gremium. Es überrascht mich, wenn Sie das Gefühl haben, daß Warnemünde “zu kurz” kommt. Zur Zeit sind mehrere Strassensanierungen mit intensiver Bürgerbeteiligung in Vorbereitung. Hierfür stehen ca. 7,8Mio€ zur Verfügung.

Aktuell mag das Augenmerk durchaus auf Warnemünde liegen, aber im Vergleich zu den benachbarten Seebädern erscheint mir Warnemünde weniger entwickelt zu sein. Daß nun nachgeholt werden soll, was viele Jahre versäumt wurde, macht das Versäumte ja nun nicht besser.

4) Fuer die Stadtentwicklung in Warnemuende gibt es das Strukturkonzept, das gerade im Ortsbeirat diskutiert wird. Viele Punkte sind ziemlich umstritten wie zum Beispiel der geplante Caravan-Stellplatz auf der alten Muelldeponie am Weidenweg. Wie beurteilen Sie das Strukturkonzept als solches und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Insgesamt finde ich das Planungsinstrument “Strukturkonzept” sehr sinnvoll. Die im Zusammenhang mit der Entwicklung Mittelmole durchgeführten Bürger-Werkstätten waren für Rostock sehr fortschrittlich. In einem solchen Konzept wird versucht, viele unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bekommen und Richtlinien für spätere Objektplanungen festzulegen. Dies beinhaltet damit zwangsläufig auch Kompromisse. Die Einrichtung eines Caravanstellplatzes auf der ehemaligen Deponie halte ich grundsätzlich für eine richtige Idee. Von Seiten des Umweltamtes bestehen keine Bedenken hinsichtlich möglicher Emissionen. Ein solcher Stellplatz könnte eventuell noch durch einen Solarpark ergänzt werden.

Ich halte die Idee eines Caravan-Stellplatzes auf einer ehemaligen Mülldeponie für grundlegend falsch. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Urlaubsgäste ihren Urlaub auf einer ehemaligen Müllkippe verbringen wollen und die Camper lieber woanders hinfahren werden, sobald die Vorgeschichte herauskommt. Und sie wird herauskommen. Die Idee eines Solarparks befürworte ich hingegen.

5) Am 5. Dezember 2011 wurde in der Rostocker Buergerschaft ein Antrag zur Erstellung eines Open Data Konzeptes fuer die Hansestadt Rostock angenommen. Wie stehen Sie zu Open Data, Open Government und Open Access, also der staerkeren Einbindung von Buergern in die Entscheidungsprozesse der Kommunalpolitik?

Dies ist das zentrale Anliegen meiner Kandidatur – WIR SIND DIE STADT

Es ist schön, daß das Thema Open Data eine so breite Unterstützung erfährt! 🙂

6) Am 19. Februar 2011 fand in Dresden ein Nazi-Aufmarsch und eine Gegendemonstration statt, bei der von zehntausenden und teilweise unbeteiligten Buergern ueber 1 Mio. Verbindungsdaten (Handygate) erhoben und danach widerrechtlich von der Polizei ausgewertet wurden. Auch Rostock hat eine starke rechte Szene und auch viele Buerger, die sich gegen Rechts engagieren. Wie stehen Sie dazu, unbescholtene Buerger mittels Funkzellenauswertung (FZA) wie in Dresden pauschal zu ueberwachen?

Das lehne ich ab! Datenschutz hat für mich einen hohen Stellenwert und ist ein Bürger-Grundrecht

Leider scheinen das einige Gruppen und Organisationen nicht so zu sehen, so daß ich hoffe, daß der zukünftige OB seine Position entsprechend einsetzen wird, um im Sinne der Wahrung der Grundrechte Einfluß zu nehmen.

7) Funkzellenauswertung in Dresden, die Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung im Rahmen des rechtsextremistischen Terrorismus (Zwickauer Terrorzelle, Nationalsozialistischer Untergrund) und noch viele weitere Gesetze und Gesetzesvorhaben schraenken unsere Buergerrechte im Namen des Kampfes gegen den Terror nach dem 11. September 2001 ein, ohne dass deren Wirksamkeit bewiesen oder evaluiert wurde. Die Vorratsdatenspeicherung war, bis sie vom Bundesverfassungsgericht fuer nichtig erklaert wurde, in keinster Weise fuer die Strafverfolgung so nuetzlich wie haeufig geaeussert. Lediglich bei 6 von 100.000 Verbrechen wurde auf Daten aus der Vorratsdatenspeicherung zurueckgegriffen, ohne dass dies die einzigen Ermittlungsansaetze gewesen waren. Das entspricht in etwa dem Vorgehen, wegen eines Diebstahls saemtiche Wohnungen einer Grosstadt wie Rostock pauschal zu durchsuchen. Werden Sie sich als Oberbuergermeister(in) fuer die Wahrung der Buerger-, Grund- und Freiheitsrechte ihrer Buerger einsetzen und sich fuer eine Abschaffung dieser Ueberwachungsmassnahmen bei ihren Kollegen aus Bundes- und Landtag stark machen? Auch ein/e Oberbuergermeister(in) sollte ein Interesse an der Wahrung von Grund- und Menschenrechten haben, ohne die auch eine entsprechende Kommunalpolitik nicht moeglich ist, wenn die Buerger aus Angst vor ueberbordende Ueberwachung sich nicht mehr demokratisch engagieren (Chilling Effekt).

Dieser Angsteffekt ist ja leider bereits eingetreten – nicht zuletzt durch die Amtsführung des Amtsinhabers – Deshalb braucht Rostock den Wechsel! Wählt Grün für eine Bürgerdemokratie! WIR SIND DIE STADT!

Interessant wäre es nun zu erfahren, wieso man von diesem Chilling Effect aus Angst in der Stadtverwaltung nichts hört. Allerdings muss ich auch zugeben, daß ich kein Leser der hiesigen Zeitungen bin.

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