Die Vorratsdatenspeicherung und die Berufsgeheimnisträger

Erstaunlicherweise sind gerade ziemlich viele gute und kritische Berichte und Artikel über die Vorratsdatenspeicherung (VDS). So zum Beispiel in der Sueddeutschen von Martina Scherf ein Interview mit Felix Freiling vom Lehrstuhl für IT-Sicherheit an der Uni Erlangen-Nürnberg.

Aber ein Argument gegen die VDS fehlt mir irgendwie ein bißchen in der aktuellen Diskussion: eigentlich sind Berufsgeheimnisträger wie Politiker, Anwälte, Ärzte, Geistliche und Journalisten von der VDS ausgenommen. Mal von der praktischen Umsetzbarkeit, wie diese Nicht-Speicherung der Kommunikationsdaten gewährleistet werden soll, stellt sich darüberhinaus die Frage, ob diese Ausnahme nicht sowieso reine Makulatur ist?

Angenommen, ein Journalist erwartet einen Anruf eines Informanten. Normalerweise sollte das kein Problem sein, weil ja das Telefon nicht nicht bevorratsdatengespeichert werden darf. Dementsprechend dürften beim Journalisten keine Verbindungsdaten anfallen. Wenn nun der Informant einen großen politischen Skandal zu veröffentlichen hat, bei dem sich Ansätze für ein Ermittlungsverfahren ergeben könnten, wenn der Informant bekannt wäre, würde der Informant es sich sicherlich zweimal überlegen, ob er sich mit seinen Informationen an die Presse wendet.

In der Regel sind die Informanten dadurch geschützt, daß der Journalist seine Quellen nicht nennen braucht, mal vereinfacht gesagt. Auch aus der Sicht des Journalisten ist alles in Ordnung, da er ja kein Überwachung im Rahmen der VDS zu befürchten hat. Das Problem ist nun allerdings: es ist völlig irrelevant, ob der Anschluß des Journalisten im Rahmen der VDS erfaßt wird oder nicht, denn der Anschluß des Informanten wird ja überwacht und somit auch wen er anruft – oder von wem er angerufen wird.

Wird nun also dieser Skandal veröffentlicht, bräuchte man nur noch in den Datenbanken schauen, von welchem Anschluß die Rufnummer des Journalisten angerufen wurde. Man muss also nicht schauen, wen der Journalist angerufen hat, sondern wer von den 80 Mio. Bundesbürgern den Kontakt zum Journalisten gesucht hat.

Ohne nun den Sonderfall einer Rufnummernunterdrückung (die erst bei der Signalisierung zum Endkunden beim Zielprovider gelöscht wird) zu berücksichtigen und der Tatsache, daß man eigentlich eine Datenbank mit Berufsgeheimnisträgern und deren sämtlichen Telefonnummern pflegen müsste, was wohl nicht möglich sein dürfte, äßt sich die Vorratsdatenspeicherung halt allgemein dazu nutzen, auch die Kommunikation von eben diesen Berufsgeheimnisträgern zu überwachen, weil man ja alle anderen überwacht.

Die Befürworter haben offenbar noch nicht dargelegt, wie sie dieses Problem lösen wollen. Zumindest habe ich noch nichts dahingehend gelesen.

UPDATE: Ebenfalls lesenswert ist dieser Artikel in der Sueddeutschen.

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