ACTA & PNR – Antwort von Hans-Gert Pöttering

Nachdem ich am 19. November einige EU-Parlamentarier aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern angeschrieben und in einer kleinen freundlichen Hinweis-Mail darum gebeten, die Vorhaben ACTA und PNR der EU-Kommission, die in der nächsten Zeit zur Entscheidung anstehen, abzulehnen. Heute erreichte mich die Antwort von Hans-Gert Pöttering, die ich hier aus Gründen der Transparenz veröffentliche:

Sehr geehrter Herr Jürgensmann,

vielen Dank für Ihre e-Mail vom 19. November 2011 zum Thema PNR und ACTA, bei dessen Inkrafttreten Sie Ihre Grundrechte gefährdet sehen. Lassen Sie mich im Folgenden erklären, wie ich die Situation einschätze:

Die Europäische Kommission und die Vereinigten Staaten von Amerika haben in den vergangenen Monaten ein Abkommen über die Weitergabe sogenannter PNR-Daten verhandelt. PNR (Passenger Name Records) sind Fluggastdatensätze, die für jeden von einem Passagier gebuchten Flug angelegt und in den computergesteuerten Buchungs- und Abfertigungssystemen der Fluggesellschaften gespeichert werden.

Dieses Abkommen wurde am 17. November vom Rat paraphiert. Da sich Irland und Großbritannien jedoch einen bis zu maximal drei Monate dauernden Prüfvorbehalt erbeten haben, wurde das Abkommen bislang noch nicht offiziell dem Europäischen Parlament (EP) zur Entscheidung vorgelegt. Sobald dies geschieht, werden sich zunächst meine Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses, dessen Mitglied ich nicht bin, den Inhalt des Abkommens genauer anschauen.

Bei unserer Entscheidung im Europäischen Parlament werden die (Grund-)Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger, insbesondere das Recht auf Schutz persönlicher Daten, soweit möglich verteidigt. Folgendes muss jedoch auch klar sein: Sollte das EP seine Zustimmung zu dem Abkommen verweigern, würde das Interimsabkommen aus dem Jahr 2007 bis 2014 fortgelten. Eine Ablehnung des Abkommens führt also nicht dazu, dass keinerlei Daten übertragen würden.

Das EP kann daher nicht darüber befinden, ob Daten übertragen werden, sondern nur darüber, mit welchen Standards und Rechten die Übertragung erfolgt. Hierbei ist maßgeblich, dass der Flugverkehr aufrechterhalten bleibt, alle Fluglinien die gleichen Wettbewerbsbedingungen vorfinden und die persönlichen Daten größtmöglichem Schutz unterliegen.

Die USA sind ein souveräner Staat und können von Einreisenden jegliche Daten abfragen, die sie für notwendig erachten. Mit anderen Worten: Die USA könnten die infrage stehenden PNR-Daten auch selbständig vor der Einreise abfragen und diese Daten dem eigenen Recht unterwerfen – ohne die vereinbarten Standards und ohne unsere Einflussmöglichkeit auf deren Verwendung. Einziges Mittel, eine Datenübermittlung Ihrerseits zu verhindern, wäre, nicht mehr in die USA einzureisen.

Zum Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) liegen dem Europäischen Parlament zur Zeit noch keine Entwürfe zur Abstimmung vor. Daher ist momentan nicht absehbar, um welche Inhalte es sich bei einem solchen Abkommen handeln könnte. In unserer Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), werden wir auch in dieser Angelegenheit, das Recht der Meinungsfreiheit und den Schutz persönlicher Daten so weit wie möglich garantieren.

Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen geholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr Hans-Gert Pöttering

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