Libyien: Rebellen nehmen Hauptstadt ein

Gestern abend wollte ich gerade ins Bett gehen, als über Twitter die Nachricht kam, daß die Rebellen die Hauptstadt Tripolis (weitestgehend) eingenommen hätten. Außerdem soll sich Gaddafis Leibgarde ergeben haben, ebenso wie sein Sohn Mohammed. Gaddafis Sohn Saif Al-Islam wurde wohl auch festgesetzt. Gaddafi selber hat sich dazu mal wieder in unsinnigen Anreden an sein Volk gewandt, aber auch nur als Audio-Kommentar, was die Vermutung nahelegt, daß er nicht mehr in Tripolis ist, vielleicht sogar nicht mal mehr im Land. Spiegel berichtet

Am späten Abend berichteten die Fernsehsender al-Arabija und al-Dschasira, dass sich laut dem Übergangsrat Gaddafis Leibgarde den Rebellen ergeben habe. Außerdem seien beim Vormarsch auf Tripolis zwei Söhne Gaddafis gefangen genommen worden. Saif al-Islam und Al-Saadi seien in einem Touristendorf im Westen der Hauptstadt festgesetzt worden, berichtete ein Sprecher der Aufständischen, Abu Bakr al-Tarbulsi. Gaddafis ältester Sohn Mohammed habe sich nach einem Feuergefecht ergeben, berichtete al-Dschasira. Eine Sprecherin des Internationalen Strafgerichtshofes bestätigte die Festnahme al-Islams. Bereits am Montag wolle man mit dem nationalen Übergangsrat darüber verhandeln, wie die Auslieferung ablaufen könnte, sagte der Chefankläger des Gerichtes, Luis Moreno-Ocampo.

Die Rebellen behaupteten, sie hätten viele Gaddafi-Truppen gefangen genommen und Tripolis komplett erobert – mit Ausnahme der präsidialen Residenz. "Sky News" zeigte Aufnahmen vom Grünen Platz im Zentrum der Stadt, der bislang für staatliche Veranstaltungen zu Gaddafis Ehren diente und in der Nacht zum Partyzentrum der einmarschierten Aufständischen wurde.

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Über den Verbleib von Muammar al-Gaddafi verlautete nichts. Regierungssprecher Moussa Ibrahim ließ mitteilen, die Regierung sei zu sofortigen Verhandlungen bereit, um den Angriff auf Tripolis zu beenden. Die Rebellen hätten es keinen Meter voran geschafft ohne die Hilfe der Nato, sagte Ibrahim. Er forderte das Militärbündnis auf, die Aufständischen vom weiteren Einmarsch abzubringen.

Etwas verwirrend finde ich ja den Begriff Rebellen. Obwohl Wikipedia darunter auch Widerstandskämpfer aufführt, ist dies schon sprachlich ein Unterschied zu den Revolutionären oder Protestierenden in Tunesien und Ägypten. "Rebellen" hat so etwas Rechtloses an sich, aber mir fällt außer Widerstandskämpfer auch nichts besseres ein.

Und in der Tat unterscheidet sich der Aufstand in Libyien ja gewaltig von denen in Tunesien und Ägypten. Während dort die Revolution weitestgehend gewaltlos über die Bühne ging, kam es in Libyien zu einem offenen Bürgerkrieg bzw. bewaffneten Aufstand, bei dem sogar die Nato Angriffe auf Gaddafis Truppen flogen. Revolutionen sind in der Regel, das lehrt uns die Geschichte, meistens blutig. Solche Revolutionen wie in der DDR oder Tunesien sind eher die Ausnahmen.

Insofern ist es gut, wenn das Blutvergießen in Libyien schnell ein Ende hat und Gaddafis Regime noch heute vollkommen gestürzt wird, denn Al Jazeera berichtet derzeit noch vereinzelte Schießereien und Kämpfe. Der arabische Sender berichtete aber auch gestern Nacht davon, daß in Schulen um Bengasi zum ersten Mal seit über 40 Jahren in den Schulen solche Begriffe wie Menschenrechte gelehrt und deren Bedeutung erklärt wird. Das gibt Hoffnung.

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