FoeBUD-Appell: keine Datenübermittlung bei ELENA

Nachdem ich ja schon letztens ein bißchen Kritik am LV MV der Piratenpartei geäußert habe, ist mir bei Hanno Zulla ähnliches aufgefallen:

Hallo Piratenpartei, Du ehemals wilder Haufen. Man hört so gar nichts mehr von Dir. Machst Du eigentlich noch was? So richtig Opposition, mit Forderungen, Vorschlägen und konkreter politischer Arbeit? Lass doch mal wieder von Dir hören.

Hanno Zulla nimmt auch noch Bezug auf die Causa Koenig bei den Piraten, aber das soll hier nur am Rande eine Rolle spielen. Interessant sind auch die ersten beiden Kommentare dort. Besim Karadeniz äußert sich wie folgt:

Und zum dritten ist genau der gepredigte Abgesang, keiner Strömung unterworfen zu sein, das größte Problem, weil man sich offensichtlich extrem schwer damit tut, anderer Leute Ideologien in Frage zu stellen, die im gleichen Boot sitzen wollen.

Das ist eine durchaus berechtigte Kritik. Denn wenn man eine Partei nicht so recht zuordnen kann, ist es eben schwierig diese von den anderen zu trennen bzw. zu erkennen, wofür sie steht und warum man ausgerechnet diese Partei wählen sollte. Das Problem gilt, wie Besim selber sagt, auch für die Partei selber, die sich dann eben auch schwer tut, sich gegenüber den anderen abzugrenzen und die Unterschiede herauszustellen. Gelingt der Piratenpartei genau dies nicht, dürften die nächsten Wahlen für die Piraten eher ernüchternd werden.

Den Grund bzw. eine Erklärung hierfür liefert dann der nächste Kommentar von Tobias W.:

Zumindest der LV HH befindet sich in einer strukturellen Krise, denn der Vorstand fällt derzeit auseinander. Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Der LV HH hält sich für die Bundespartei und leistet sich von Zeit zu Zeit Alleingänge, andere LV im Osten der Republik sind linker als die Linkspartei. Alles keine guten Voraussetzungen…

Ja, die Piratenpartei ist noch relativ jung im Vergleich zu SPD, CDU, FDP oder den Grünen, aber ein wesentlicher Knackpunkt ist es, ob die Piraten es vermitteln können, daß es nur Anfangsprobleme sind, die teilweise mit dem extremen Wachstum im letzten Jahr zusammenhängen, oder ob es strukturelle Probleme grundlegender Natur sind. Wenn es so erscheint, daß die Piraten von einem Problem zum nächsten taumeln, werden sie keine weiteren Wähler für sich begeistern können. Ich glaube nicht, daß der Wähler eine Partei akzeptiert und wählt, die zwar themenmäßig interessante Punkte hat, aber im Prinzip nur mit sich selber und den internen Problemen beschäftigt ist.

Interessanterweise sind die Probleme der Piraten völlig gegensätzlich zu den Problemen der anderen Parteien: während die Piraten offen im Internet ihre Probleme ausbreiten und darstellen, haben sich die etablierten Parteien wohl wieder weitestgehend aus dem Netz nach dem Bundestagswahlkampf zurückgezogen, wie der Stern berichtete:

Nun, nach der Wahl wirkt so manche parteipolitische Webseite ungepflegt und vernachlässigt. Viele Partei-Portale sehen so aus, als sei der Netzbetrieb pünktlich zum Wahlsonntag eingestellt worden. Ein öffentlicher Termin-Kalender der FDP-Mitmach-Arena, der während des Wahlkampfs nur so vor Terminen überquoll, ist nun leer. Viele Blogs sind verwaist oder ganz verschwunden. Selbst die Homepages Dutzender ausgeschiedener Abgeordneter geistern Monate nach der Wahl immer noch im Internet herum.

Das überrascht eigentlich niemanden, denn auch schon die Wahlkampfportale waren weit vom Mitmachweb-Wahlkampf Obamas entfernt. Der Stern berichtet hingegen auch davon, daß die Piratenpartei mit LiquidDemocracy herumexperimentiert:

Die einzige Partei, die mit der Idee interaktiver Demokratie im Wahlkampf wirklich ernst machte, war die Piratenpartei. Als ausgewiesene Internet-Spezialisten konnten sie in der Generation Online bei all jenen punkten, die sich durch die Volksparteien vernachlässigt fühlten. Zurzeit testen die Piraten intern unter dem Stichwort “Liquid Democracy” eine Software, mit der sie ihren Traum von interaktiver Politik verwirklichen wollen. Mit Liquid Feedback, so der Name des Systems, soll jedes Mitglied Anträge stellen können, an Entwürfen mitarbeiten, Delegierte wählen oder ihnen die Stimme jederzeit wieder entziehen können. Das wäre interaktive Politik in Echtzeit. Doch Sprecher Lange ist klar, dass seine Partei noch einen langen schmerzhaften Entwicklungsprozess vor sich hat. Als Realist weiß er, dass innerhalb einer Partei nicht immer alles bis in die unterste Ebene ausdiskutiert werden kann. Im Mai halten die Piraten ihren Bundesparteitag ab. Und dort wird durch Mehrheitsbeschluss aller Mitglieder über das Programm abgestimmt. “Da graust es mir bei der Vorstellung, dass theoretisch 12.000 Mitglieder kommen könnten.

Womit wir wieder bei den Problemen der Piratenpartei wären und sich der Kreis somit schließt. Allerdings, das muss ich eingestehen, ist die Idee mit der LiquidDemocracy ein riesiger Pluspunkt für die Piraten und, wie ich hoffe, die Zukunft für mehr direkte Demokratie. Anstatt alle 4 Jahren bloß einmal eine Stimme abgeben zu können, sollten wir alle 4 Jahre Leute in den Bundestag wählen können, denen wir die Lösung von Problemen zutrauen. Und je nach Thema können wir dann dem einen oder dem anderen bei Abstimmungen unsere Stimme geben, um damit in unserem Sinne über Gesetze abzustimmen.
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg – insbesondere für die Piraten, die – wie oben erwähnt – lernen müssen, nicht immer alles und jedes Thema bis ins kleinste Detail ausdiskutieren zu können.

Die Piraten haben letztes Jahr die Parteienlandschaft ein wenig umgekrempelt. Ob sie ihren Erfolg vom letzten Jahr fortsetzen und ausbauen können, muss die Zeit zeigen. Allerdings ist die Voraussetzung dafür, daß die Piratenpartei endlich mal ihre internen Probleme in den Griff bekommt. Ansonsten braucht sie bei den nächsten Wahlen erst gar nicht mehr antreten.

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