FoeBuD antwortet auf Leutheusser-Schnarrenberger

Wie schon mehrfach berichtet, haben die USA ja starke Begehrlichkeiten in Hinblick auf die Transaktionsdaten von Banküberweisungen in der EU, die über SWIFT abgewickelt werden.

Nun berichtete heute Heise, daß Deutschland dem EU-Vorhaben, mit dem der Plan von SWIFT, durch die Verlagerung von Servern in die Schweiz dem Zugriff der USA zu entziehen, verhindert bzw. durch die Hintertür der Zugriff wieder ermöglicht werden sollte, nicht zustimmen will. Besonders markant ist folgendes:

Die US-Terrorfahnder sollen ihre Anfrage begründen und “so eng wie möglich zuschneiden”. Wenn die Anfrage nicht präzise formuliert ist, sollten alle relevanten Daten wie Name, Adresse, Konto- und Personalausweisnummer im Paket übermittelt werden. Die Fahnder hätten nicht nur auf Daten des internationalen Dienstleisters SWIFT, sondern auch auf die von nationalen Zahlungsverkehrsdienstleistern Zugriff.

Nicht nur, daß Daten übermittelt werden, wenn die Anfrage nicht präzise genug gestellt ist, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn eine Anfrage nicht präzise gestellt wird, sollte die Anfrage schlicht und ergreifend zurückgewiesen werden. Aber der eigentliche Knaller ist der, daß die USA gleich Zugriff nicht nur auf SWIFT bekämen, sondern auf *alle* Transaktionen bzw. Überweisungen in den Ländern der EU. Und: die USA können die Daten an andere Staaten weitergeben!

In Hinblick auf den Datenschutz und das frühere Bankgeheimnis ein absoluter GAU. Eigentlich undenkbar, daß fremde Staaten die Überweisungen von z.B. deutschen Bürgern kontrollieren können. Daß die USA also z.B. wissen, wieviele Miete ich an wen zahle oder welche Zeitschriften ich im Abo beziehe.

Recht unverständlich ist auch, daß bei diesem Thema kein Aufschrei der Empörung durch die Bevölkerungen der EU-Staaten geht. Sind die EU-Bürger schon so abgestumpft, daß sie es hinnehmen, unter dem Deckmäntelchen des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus ihre Privatsphäre gänzlich aufzugeben? Vermutlich aber wissen die Bürger gar nicht, was da im Hintergrund der Politik geschieht und welche Bedeutung das alles für sie als Bürger hat.
Hier muss also deutlich mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, insbesondere weil es zu dem Thema eigentlich keine Berichterstattung in den etablierten Medien gibt. Die meiste Information hierzu findet sich im Netz: unter anderem bei Netzpolitik.org, Wikileaks oder in zahlreichen anderen Blogs. Nur sind dies halt Medien für Bürger, die sich selber informieren, während die etablierten Medien von Bürgern konsumiert werden, die sich informieren lassen. Wenn man so will, kann man diese zwei Formen in zwei Lager aufteilen: dem Pull-Bürger, der sich aktiv die Informationen (aus dem Netz) sucht, die ihn interessieren und dem Push-Bürger, der sich durch Medien über die Themen informieren lässt, die die Medien als interessant für die Bürger erachten. Dies muss aber natürlich nicht immer mit dem Interesse der Push-Bürger übereinstimmen, hat aber zur Folge, daß die Push-Bürger gar nicht über Themen, die sie betreffen, aber die irgendwelche Redakteure aus welchen Gründen auch immer als “irrelevant” erachten, informiert werden.

So wundert es dann auch nicht, wenn es keinen Aufschrei der Empörung in der Bevölkerung gibt, wenn a) diese Politik im Stillen bzw. im Hintergrund gemacht und b) darüber nicht in den Push-Medien berichtet wird. Die Bevölkerung ist quasi ahnungslos, weil solche Themen ganz einfach für sie nicht existieren – es wird ja nicht darüber berichtet. Dabei kann man schon fast von einer Methodik sprechen, denn auch andere Themen werden bevorzugt im stillen Kämmerlein vorbereitet und dann hastig durch die politischen Institutionen durchgepeitscht, wie z.B. ACTA. Es gibt sicherlich noch zahlreiche andere Beispiele, aber die hier alle aufzuführen, wäre eine echte Sisyphosarbeit.

Deshalb ist es auch recht überraschend, daß die neue Bundesregierung angeblich ihre EU-Botschafter angewiesen hat, dem Vorhaben in seiner “jetzigen Form nicht [zu]zustimmen“. Natürlich läßt dies Raum für spätere Änderungen und die Möglichkeit, daß die USA dennoch Zugriff auf die Finanztransaktionen bekommen. Aber nach dem 1. Dezember hat das Europäische Parlament ein Wörtchen mitzureden und dort sitzen gewählte Volksvertreter, die sicherlich auch bei der nächsten Wahl wiedergewählt werden wollen. Und hier wird nun ein Schuh draus: wenn niemand über diese Machenschaften und Vorhaben der USA informiert ist, werden die Wähler nicht die Grundlage haben, ihre Stimme entsprechend denen zu geben, die nicht einfach Erfüllungsgehilfen der USA sind, sondern die Interessen der EU-Bürger im Sinn haben.

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