Ok, ein kleiner reißerischer Aufmacher, aber der stammt von Jörg Tauss persönlich! In dem, nunja, Beitrag von 1995 (laut Tauss), geht es zwar um die Kryptoregulierung, aber lustigerweise hat der Beitrag erstaunliche Parallelen. Kostproben gefällig? Bitte schön:
Die Frechheit, mit der sich hier über das Recht des Bürgers auf Privatsphäre und Erhalt des Fernmeldegeheimnisses hinweggesetzt wird, verschlägt einem fast die Sprache; m.E. versucht die Politik hier, vollendete Tatsachen zu schaffen, bevor die Konsequenzen dem Durchschnittsbürger verständlich werden.
Das oftmals zitierte Argument der “Bekämpfung der organisierten Kriminalität” ist jedenfalls schlichtweg falsch!
Es geht hier definitiv um eine drastische Beschneidung grundlegender Bürgerrechte; die “organisierte Kriminalität” hat sicherlich keine Probleme, geeignete ISDN-Adapter zu kaufen, die in Echtzeit die Telefongespräche und Daten verschlüsseln.
Naja, ok, um ISDN-Adapter geht es nun schon lange nicht mehr. Die Technik hat sich dann doch etwas weiterentwickelt. Die Vorgehensweise der Regierung (damals unter Kohl, also CDU), ist aber noch die gleiche: ein großes Schreckgespenst aufbauen, das einer genaueren Betrachtung nicht standhält. In diesem Fall die organisierte Kriminalität. Heute müssen Terroristen und Kinderschänder herhalten.
Weitere Beispiele gefällig?
Wie so oft trifft ein solches Gesetz wieder ausschließlich den kleinen Mann auf der Straße. -Beispiel gefällig? Am 5.7.1996 verabschiedete die Bundesregierung das sog. “Telekommunikationsgesetz”, das -legt man es konsequent aus- einer Abschaffung des Fernmeldegeheimnisses gleichkommt. Die Kosten für die Schaffung der neuen Abhörbehörde und seine eigene Bespitzelung darf der Bürger obendrein noch selber bezahlen.
Na, kommt das auch seltsam bekannt vor?
Oder auch dieses:
Wer auf das dumme Gesülze “Wer nichts zu verbergen hat, der braucht auch keine Kryptographie!” hört, sollte sich selber fragen, warum er seine Post dann nicht prinzipiell nur mit Postkarten erledigt und ob er mit derselben Einstellung nicht auch dem Ausspruch “Wer nichts zu verbergen hat, der darf auch nichts gegen eine ab und an bei ihm durchgeführte Hausdurchsuchung haben!” vorbehaltslos zustimmen müßte.
“Wer nur zufällig auf die Stopp-Seite gerät, hat nichts zu befürchten…”
Noch immer nicht genug? Bitte sehr:
Zugunsten unserer Politiker gehe ich einmal davon aus, daß sie einfach nicht wissen, wovon sie reden -obwohl sie es besser wissen könnten, wenn sie sich denn die Mühe machen würden, die teuren Studien, die sie dazu in Auftrag geben, auch einfach mal zu lesen, wie bspw. die Studie des Bundesinnenministeriums “Internet für die obersten Bundesbehörden”.
Dem Bürger etwas verbieten, was man selber gerne nutzen möchte, war nicht nur damals beliebt, sondern auch heute. Das Zugangserschwerungsgesetz verpflichtet nämlich nur privatrechtliche Zugangsanbieter mit mehr als 10.000 Kunden zur Filterung. Das heißt, daß Bundesbehörden, Bibliotheken, Universitäten, Schulen davon ausgenommen sind. (s.a. PDF).
Noch mehr? Nun gut:
Im Dezember 1996 macht die Bundesregierung nun allerdings ernst: Im Hauruckverfahren soll nach einem Bericht des Spiegels das lang dementierte Verbot freier starker Kryptoprogramme nun durchgepeitscht werden.
Getreu dem Motto “wehret den Anfängen!” kann ich deshalb nur jedem raten, jetzt politischen Druck zu machen und “Aufklärungsarbeit” zu leisten!
Was eine kleine Anfrage meinerseits gebracht hat, sei im folgenden aufgezeigt:
Durchpeitschen? Druck machen? Kommt einem auch heute bekannt vor, oder? Allerdings sind wir heute schlauer: Aufklärungsarbeit scheint auch nichts zu nutzen. Die Politiker sind im wesentlichen beratungsresistent, sofern sie nicht in der Opposition sind.
Aber auch damals wurden MdBs angeschrieben. Unter anderem auch Jörg Tauss von dem es heißt:
Jörg Tauss (SPD) hat scheints wenig Zeit, müht sich aber redlich
Seiner Meinung merkt man an, daß er schon eine Weile (privat) in den Datennetzen unterwegs ist: Keine Überwachung und die Erkenntnis der technischen Unmöglichkeiten. Leider steht seine liberale Meinung aber momentan in ziemlichen Kontrast zur kollektiven SPD-Marschrichtung.
Irgendwie hab ich grad einen Flashback… und manches ändert sich auch nach 14 Jahren nicht, denn der Beitrag endet praktischerweise mit einem Ratschlag, der auch heute noch genauso aktuell ist wie damals:
…und wenn alle Stricke reißen?
Dann gibt es immer noch die Verfassungsbeschwerde!
ePetitionen und ihr Erfolg. Heinen vs. v. d. Leyen
Die Zeit hat ein Interview/Streitgespräch zwischen Frau von der Leyen und Frau Heien initiiert. Eine sehr gute Idee. ij schreibt eine gute Interpretation dazu; gerade der letzte Absatz sollte zum Nachdenken anregen.
Hallo,
was hat gefehlt:
1. vdl weiss nix und operiert mit falschen Behauptungen
siehe FDP-Anfrage, Knüver Artikel aus Handelsblatt
2. Aufhebung des Gewaltenteilungsprinzips (Ermittlungsbehörden sind gleichzeitig
Richter)
3. Vorratsdatenspeicherung und Überwachungsgesetze.
Ansonsten hat sich Frau Heine imho ganz gut geschlagen.
Weiter so, Zeitleser
Ja, in der Tat hat sie sich gut geschlagen, auch wenn ich mir gewuenscht haette, dass sie vdL eben mehr auf ihre falschen Behauptungen etc. (um nicht Luegen zu sagen) festgenagelt haette.
Wahrscheinlich ist es einfacher, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln, als Frau vdL zu fassen zu bekommen…
Ich finde diese Analyse zu einseitig und wenig 'selbst'kritisch. Ursula von der Leyen punktet jedesmal, wenn Franziska Heine das Wort Zensur in den Mund nimmt. Zurecht. Denn Nachzensur von rechtswidrigen Schriften ist in Deutschland ja erlaubt und gewünscht. Die eigentliche Kritik (keine Richter, schlechte technische Umsetzung) wird immer untergehen, wenn man sich nicht vom Zensurbegriff löst oder ihn genauer derfiniert. Siehe dazu auch hier: http://www.freitag.de/community/blogs/jonathan-luetticken/piratenschule
Ich denke schon, dass ich das entsprechend gewuerdigt habe, dass vdL rhetorisch die Oberhand behaelt und Franziska zwar besser als Dirk ihre Argumente anbringen kann, aber vdL trotzdem nicht eindeutig festnageln kann. Eben weil die Ministerin immer so glitschige, nichtssagende Phrasen bemueht und schnell auf andere Themen ausweicht.
Deinen Priatenschule-Artikel finde ich hingegen auch etwas zu einseitig und zu ueberkritisch. Ich denke, Dirk hat es den Umstaenden entsprechend recht gut gemacht. Dass es im Vergleich zu Scholz zu wenig war, ist eine andere Baustelle. Aber unter den Umstaenden war es OK. Man darf die Wirkung der Situation nicht unterschaetzen (TV-Studio, rhetorisch ueberlegende Gegner, Moderator, der einem immer ins Wort faellt, etc).
Insofern war es gut fuer Dirk, die Lehrstunde bei Phoenix gehabt zu haben. Schlimmer waere es auf ARD/ZDF zur Primetime gewesen. Aber es nuetzt auch nichts, Dirk in Grund und Boden zu zerreissen. Vielmehr sollte man ihm Tipps und Hinweise geben, was falsch gelaufen ist und was er haette besser machen koennen.
Wie sich Franziska im direkten Vergleich zu Ursel geschlagen hat, kann man bei einem Zeitungs-Interview natuerlich nicht so gut beurteilen wie bei einem TV-Interview.
Aber beide muessen noch rhetorisch staerker werden. Das aber wird mit der Zeit und der Erfahrung schon werden.
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von der Leyen im ZEIT-Interview
mit dabei ist Franziska Heine, Initiatorin der ePetition “Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten”. Hier das Interview und hier eine Analyse von Ingo Jürgensmann, welcher ich mich voll und ganz anschließe. Beides sehr lesenswert! …
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Ja, stimme Dir zu. Wenn man zu Haus in Ruhe vor dem Rechner sitzt, dann ist die Situation völlig anders. In einem TV-Studio oder direkt bei einem Interview würde ich bestimmt auch viele Punkte vergessen. Von daher muss man da schon Nachsicht zeigen.
Ich würde mir sowieso wünschen, dass man direkter und härter bei diesen Leuten nachfragt. Vorallem von Moderatoren-/Interviewer-Seite her. Denn die verwenden immer so eine Pseudo-Rhetorik, einfach nichtaussagende Dinge. Denke das würde auch bei unseren Mitmenschen besser ankommen, denn ich vermisse jedenfalls Politiker die nicht so großspurig rumlabern, sondern klare Aussagen machen und dabei bleiben.
Bei mir und denke mal bei Euch ist es doch auch so, wenn einer überzeugende Argumente hat, dann ändere ich auch meine Meinung. Das machen Politiker in Interviews oder Diskussionsrunden überhaupt nicht.
Ja, mir stoesst es auch bei vielen im Netz auf, dass da haeufig nur herumgemeckert wird. Meckern ist einfach. Es selber besser machen, ist schwierig.
Dass Politiker nichts gerne zugeben, noch nicht mal, dass sie sich mal geirrt haben, ist ja aber auch nichts neues. Vom aendern der Meinung wollen wir da mal gar nicht sprechen… 😉
Ursula lenkt rhetorisch geschickt und beständig den wichtigen Fragen aus.
Mein Respekt an Franziska Heine aber das nächste mal sollte man jemand einbringen der ein wenig mehr Feuer unterm Hintern hat, und die Strategie von Ursula beständig auszuweichen unterbindet. Diese Chewbacca defence von Ursula ist doch widerlich.
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Franziska Heine vs. Ursula von der Leyen
In der Zeit sind nun Franziska Heine (die Initiatorin der Petition gegen das Internetzensurgesetz) und Ministerin von der Leyen im Streitgespräch aufeinander getroffen. Gute Analysen des Interviews findet Ihr hier: Blog von Ingo Jürgensmann – Heine
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Zitat: “Zudem, wenn er dennoch bewußt nach Kipo sucht, was in der Tat strafbar ist, bekommt die Polizei in der Regel nichts davon mit.”
Das ist ein Gerücht.
Strafbar ist insbesondere die Verbreitung und der Besitz (§ 184 b und § 184 c StGB). “Suchen” ist weder das eine noch das andere. Im Strafrecht ist der Wortlaut ernst zu nehmen. Eine Suche nach Kinderpornografie ist daher allenfalls als Anfangsverdacht für einen Besitz geeignet und kann daher Ermittlungen auslösen, aber für sich genommen (derzeit) keine Straftat.
Ok, da hab ich mich vielleicht etwas unklar ausgedrueckt. Mit “nach Kipo sucht” meinte ich auch die Tatsache, dass jemand dann fuendig wird und sich durch das Anschauen entsprechende Daten auf den Rechner holt. Insofern ist er dann auch im Besitz von entsprechendem Material.
Inwiefern eine Recherche zu diesem Thema strafrechtlich zu beurteilen ist, wird man ja am Fall Tauss sehen koennen.
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Heine vs. v.d.Leyen
In der Zeit ist etwas geschehen, was vielleicht schon überfällig war: Familienministerin Ursula v.
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