Tauss erklärt!

Kristian erklärt sehr anschaulich, wieso es jetzt zu einem Generationenkonflikt kommt, wenn man das so nennen möchte:

Ich lebe online. Alle Texte, die ich seit 1983 geschrieben habe, sind auf dem Computer geschrieben worden. Sie liegen auf einem halben Dutzend Rechnern im Netz verstreut. Seit 1986 achte ich darauf, portable Formate zu verwenden, um auch bei einer Migration auf neue Systeme keine Daten zu verlieren. Seit 20 Jahren lese ich laufend meine Mail, ich bin jeden Tag in fünf verschiedenen IM-Systemen zu erreichen.

[…]

Rupert Scholz und mit ihm die Partei, die er repräsentiert, stehen für diese Welt der Zurückgebliebenen. Wir nennen sie Alte Männer mit Kugelschreibern oder Internetausdrucker. Wir wissen nicht, wie wir mit ihnen reden sollen und wie wir ihnen unsere Welt erklären sollen, und wir hoffen, daß es eine biologische Lösung für dieses Problem gibt.

Daß es eine biologische Lösung für dieses Problem gibt, ist unumstritten, nur können wir halt nicht solange warten, weil es für das Netz viel zu gefährlich ist, darauf zu warten. Wenn das Netz zensiert ist und die Bürgerrechte noch weiter eingeschränkt, wird es schwer, dies wieder zurückzudrehen. Es ist halt nicht so einfach, ein Gesetz ungeschehen zu machen wie einen Patch zu reverten.

Schon vor Jahren, irgendwann in den 80ern, wurde es deutlich, daß der Computer die Welt verändert. Die heutige Generation lebt diese Veränderung bereits. Die alte Generation lebt noch in der analogen Welt. Kris erklärt den Unterschied in etwa so:

Unsere Netze sind Kopiermaschinen. Wir sagen wir ‘senden eine Nachricht’, aber das Wort ist falsch. ‘Senden’ impliziert, daß die Nachricht sich bewegt und für den “Ab”-Sender nicht mehr da ist. Das ist in der realen Welt so, aber nicht im Netz: Wir kopieren eine Nachricht an die Empfänger.

Das Wesen aller IT ist die Kopie.

[…]

Computer sind Kopiermaschinen. Das Netz macht aus allen Computern auf der Welt eine einzige Kopiermaschine. Und die Generation Rupert Scholz glaubt, daß sie noch politischen Gestaltungsspielraum hat.

Hier ist die Wahl. Sie ist die einzige Wahl. Sie ist digital, wie das Medium, das die Wahl erzwingt:

1. Kopieren hinnehmen.
2. jede Kommunikation von Jedermann mit jedem anderen immer auf ihre Legalität hin untersuchen und filtern.

Wenn Fall 2 nicht stattfindet, bildet sich sofort ein Overlay-Netzwerk und Fall 1 tritt ein.

Jede der beiden Entscheidungen verändert unsere Lebensart.

Die ältere Generation lebt halt noch in der Welt von Briefe schreiben, Brief zu Post bringen und der Empfänger liest dann den Brief im Original, um mal Kris’ Vergleich mit der Email zu bleiben. Insofern hat diese Generation es dann auch schwer zu verstehen, daß das Music-Kasetten kopieren im Freundeskreis halt heute das MP3 kopieren ist. Und die Content-Industrie, weitestgehend von der älteren Generation geführt, hat es versäumt, sich auf die Veränderung in der modernen Welt anzupassen. Sie klammert sich an das Bewährte und nimmt über Lobbyismus Einfluß auf die Politik, die gerne darauf einsteigt, weil sie größtenteils in der gleichen Welt lebt und Angst vor Kontrollverlust hat. Deshalb wird das Netz dämonisiert und alles daran gesetzt, dieses neue Medium, das die Welt unwiderruflich verändert hat, zu regelmentieren und zu kontrollieren.
Aber dieses Vorhaben ist natürlich zum Scheitern verurteilt. Die Frage ist nur, wie lange es dauert, bis die Politik dies einsieht und darauf regiert und das Netz nicht mehr verteufelt, sondern es nutzt und die Möglichkeiten, die es jedem bietet, fördert?

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