Während hierzulande über die Evaluation und der Nicht-Anwendung des Zensurgesetzes debattiert wird, geht der Angriff auf unsere Grundrechte in der EU durch die EU-Kommission unvermindert weiter. Dort will Cecillia Malmström eben diese Zensurinfrastruktur für alle EU-Staaten verbindlich als EU-Richtlinie vorschreiben. Daß das so gar nicht geht, zumal die EU in Sachen Ungarn deren Zensurbehörde ja eindeutig in Hinsicht auf die Presse- und Meinungsfreiheit kritisiert, sollte einleuchten. Heise hatte gestern einen entsprechenden Bericht. In den Mainstream findet sich ja leider dazu nichts:
Abgeordnete im federführenden Innenausschuss des EU-Parlaments sehen großen Korrekturbedarf am Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zur besseren Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs. Sie haben insgesamt 342 Änderungsanträge eingebracht, von denen sich allein rund 45 auf den Internetteil des Vorhabens beziehen. Gute Chancen, eine Mehrheit in den Ausschussabstimmungen Anfang Februar zu finden, wird derzeit Vorschlägen einer überfraktionellen Gruppe zugebilligt, die sich im Gegensatz zur Kommission und zur Berichterstatterin Roberta Angelilli dafür einsetzen, das Prinzip "Löschen statt Sperren" festzuschreiben.
Aus der Anzahl der Änderungsanträge kann man nun allerdings nicht schließen, daß das europäische Zensurgesetz verhindert würde. Eher im Gegenteil. Es sind nur Änderungsanträge. Das heißt, daß das eigentliche Vorhaben, eine europaweiter Infrastruktur per Richtlinie vorzuschreiben, Erfolg hätte. Auch das Prinzip "Löschen statt Sperren" wird wohl eher zu einem "Löschen vor Sperren" verkommen. Die Zensurinfrastruktur bliebe uns damit, dank der Mehrheit der konservativen EVP-Mehrheit erhalten. Angelillis Vorschlag beinhaltet dies ausdrücklich:
Die konservative Berichterstatterin Angelilli hatte zuvor auch eine zweigleisige Strategie ins Spiel gebracht. Sie hatte vorgeschlagen, dass kinderpornographische Inhalte an der Quelle gelöscht werden müssen; Blockaden sollen aber als einfach einzusetzende, etwa schon während laufender Löschbemühungen greifende Zusatzoption auf nationaler Ebene zugelassen werden.
Sobald eine Zensurinfrastruktur vorhanden ist, wird es aber so sein, daß die Behörden sich eher weniger um das Löschen und die Strafverfolgung kümmern werden, sondern eher zu dem Mittel der Zensur und Blockade greifen werden. Einen URL in eine Liste einzugeben, die dann womöglich auch gleich europaweit abgeglichen wird, ist ja auch sehr viel einfacher und bequemer als mühsam den Täter zu ermitteln. Und man kann schneller Erfolge verkünden. Das ist definitiv nicht die Richtung, die wir in Europa gehen sollten.
Deshalb gibt es auch entsprechenden Widerstand von entsprechenden Bürgerrechtsgruppen:
Mehrere zivilgesellschaftliche Vereinigungen drängen derweil darauf, illegales Material zu löschen, und warnen davor, Sperrinfrastrukturen aufzubauen. "Internetsperren sind nicht geeignet, die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen zu verhindern", heißt es in einem offenen Brief der Opfer- und Kinderschutzorganisationen Mogis, Fundacja Kidprotect und Assocation L’Ange Bleu an die Abgeordneten. Auch Regulierungsansätze, "die auf außergesetzlichen und geheimen Verträgen mit der Privatwirtschaft" zur Blockade von Webseiten beruhten, verletzten fundamentale Grundrechtsprinzipien. Die Initiative "European Digital Rights" (EDRi) hat eine Kampagne gegen Websperren gestartet, die Nutzer anhand einer Argumentationsliste zum persönlichen Lobbyeinsatz aufruft.
Gerade MOGiS in Vertretung von Christian Bahls war in den letzten Monaten immer wieder in Brüssel aktiv und hat sicherlich mit vielen EU-Parlamentariern geredet. MOGiS freut sich übrigens als kleiner Verein besonders über jegliche finanzielle Unterstützung, sie es als Spende oder als Fördermitgliedschaft!
Wenn ihr könnt, kontaktiert auch eure EU-Abgeordneten! Ruft sie an oder schreibt ihnen höflich aber bestimmt, daß ihr Internetsperren auch in der EU nicht haben wollt. Insbesondere die konservativen EU-Politiker, also die der CDU/CSU, haben da noch Aufklärungs- und Beratungsbedarf!