Gestern verschickte die Piratenpartei eine Mitteilung, wer vom Parteivorstand erneut kandidieren will und wer nicht. Die derzeitige politische Geschäftsführerin und Liebling der Medien Marina Weisband schreibt darin, daß sie erst einmal nicht erneut kandidieren, sondern sich lieber auf ihr Diplom konzentrieren will. Was dann passierte, würde man eher erwarten, wenn Bundespräsident Wulff zurücktreten würde: Der Spiegel brachte “Ober-Piratin zieht sich aus Parteispitze zurück” als Top-Meldung, schob dann auch noch ein Interview nach, die Sueddeutsche schrieb “Die Geheimnislose geht” und RP-Online titelte gar “24-jährige will Diplomarbeit schreiben“.
Marina Weisband schreibt auf ihrem Blog hierzu:
Erstmal: Es ist völlig normal, dass eine 24-jährige ihr Diplom schreiben möchte. Das tun wir 24-jährigen nunmal so. Ich habe festgestellt, dass mit dem plötzlichen und unvorhergesehenen Erfolg der Piratenpartei einerseits und meiner persönlichen medialen Präsenz andererseits das Diplom nicht mit meinem Parteiamt zeitlich und physisch vereinbar ist. Also habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich bleibe in dem Amt und pfeiffe auf das Diplom (das ich wegen des neuen Masterstudiengangs nur bis 2013 machen darf), oder ich mache erstmal das Diplom und stelle das Amt zeitweise zurück.
Die Entscheidung für zweiteres halte ich für die einzig Vernünftige. Ich werde jetzt nicht den Namen Guttenberg nennen, aber wenn man ohne gutes Fundament in die Politik geht, ist man dort nicht nur gefährdet. Man macht sich abhängig davon, Politiker sein zu müssen, weil man nichts anderes machen kann, nie etwas anderes gemacht hat. Ein akademischer Abschluss erlaubt mir, jederzeit als Psychologin zu arbeiten, auch wenn ich politisch weitermache. So bin ich nicht darauf angewiesen, mich irgendwann mit aller Kraft an meinen Posten zu krallen. Außerdem macht mich diese Pause persönlich unabhängig davon, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. An soetwas darf man sich nicht gewöhnen. Ich will Politik machen, weil ich die Themen, die ich umsetze, für wichtig halte. Ich will nicht Politik zum Selbstzweck machen. Diese Unabhängigkeit ist es also, weshalb ich erstmal an meinem Leben weiterbaue.
Das ist ein durchaus vernünftige Entscheidung und (um es dramatischer zu machen) sogar die einzig richtige Entscheidung für eine junge Frau inmitten ihrer Ausbildung. Zumal sich Marina Weisband schon bei ihrer spontanen Kandidatur dahingehend geäußert hat, daß sie höchstens 20-30 Stunden pro Woche dafür aufbringen könne. Seitdem die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus sitzen und ein Pressetermin den nächsten jagt, dürfte der Job aber eher ein Fulltime-Job geworden sein, worunter natürlich das Studium leidet.
Ich verstehe die Presse nicht so recht, die sich nun so erstaunt gibt, daß jemand *nicht* seine Amtszeit verlängern, sondern vielmehr erst einal die berufliche Ausbildung vollenden will. Natürlich ist es bedauerlich, daß sich Marina Weisband vorerst auf ihr Studium konzentrieren will, da ich sie als rhetorisch sehr bewandert und schlagkräftig halte. Sie ist, meiner Meinung nach, neben Christopher Lauer derzeit einer der wenigen Piraten, die erfahrenen Politikern rhetorisch Paroli bieten kann. Das mag aber auch daran liegen, daß es noch nicht viele Piraten geschafft haben, eine breite bundesweite Öffentlichkeit zu bekommen.
Deshalb wünsche ich Marina Weisband viel Erfolg für ihr Diplom und eine ruhige Nach-Amtszeit!