Neuer Anlauf für Internetsperren – heute: GlüStV

Erst vor ein paar Tagen hat die Koalition in Berlin beschlossen, das Zugangserschwerungsgesetz (ZugErschwG), auch bekannt als Zensurgesetz, mit dem Internetsperren in Deutschland ermöglicht werden würden, endgültig zu kippen und ein Aufhebungsgesetz zu verabschieden. Grund sei die erfolgreiche Löschung von Webseite innerhalb kurze Zeit gewesen. Entsprechend machte sich ein bißchen Erleichterung im Netz breit. Eine Baustelle weniger, gegen die man angehen muss.

Aber zu früh gefreut! Denn schon Tage später kam dann heraus, daß die Bundesländer im Rahmen der Novellierung zum Glückspielstaatsvertrag (GlüStV) Internetsperren dazu benutzen wollen, um diejenigen Anbieter von Sportwetten oder anderen Glücksspielen im Netz zu sperren, die keine Steuern in Deutschland zahlen bzw. keine Lizenz dafür haben. Der AK Zensur ruft deshalb passenderweise die mutmaßlichen Regierungsparteien in Baden-Württemberg dazu auf, eine Absage an Internetsperren in ihren Koalitionsvertrag aufzunehmen: 

Für die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Bündnis ’90/Die Grünen und der SPD in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat der AK Zensur heute an beide Parteien appelliert, sich in ihrem Koalitionsvertrag klar gegen Internetsperren und Zensur auszusprechen und damit den Weg für eine moderne Netzpolitik auf Landesebene zu ebnen.

Hintergrund ist natürlich, daß ein solcher Staatsvertrag nur dann verabschiedet werden kann, wenn alle Länder dem Vertrag zustimmen. Wenn ein Land nicht zustimmt, kann der Vertrag nicht in Kraft treten. So kam auch der JMStV kürzlich zu Fall.

Udo Vetter vom Lawblog hat andererseits nicht nur die rechtliche Seite des neuen Vorhabens ins Auge genommen, sondern darüberhinaus auch deutliche Worte gefunden

Netzsperren soll es nach dem Willen der Ministerpräsidenten schon sehr bald geben. Die Politiker wollen den Deutschen den Onlinezugang zu “illegalen” Glücksspielangebeoten kappen, indem sie das Fernmeldegeheimnis einschränken. Damit sollen Provider künftig verpflichtet werden, auf Zuruf staatlicher Stellen “unerlaubte Glücksspielangebote” für das deutsche Internet zu blockieren. Diese Maßnahmen ergeben sich sich aus dem aktuellsten Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages (Stand: 4. April 2011), der mir vorliegt.

Schon an der Selbstverständlichkeit, mit der die Ministerpräsidenten Netzsperren für Glücksspielseiten verhängen wollen, zeigt sich die Ehrlichkeit der Entscheidungsträger. Nicht wenige von denen, die jetzt hinter verschlossener Tür am Glücksspielstaatsvertrag feilen, haben in der Diskussion um Stoppschilder versichert, so etwas sei überhaupt nur bei Kinderpornografie denkbar. Keinesfalls würde die Internetzensur auf andere Gebiete ausgeweitet, schon gar nicht aus sozialpolitischen (Suchtprävention)  oder fiskalischen Gründen (Sicherung der Lottereinnahmen für den Staat).

Lügner.

Dem kann man eigentlich nicht viel hinzufügen, außer daß er Recht hat. Allerdings frage ich mich aufgrund der Beharrlichkeit, mit der Internetsperren durchgedrückt werden sollen, welche Motivation dahintersteht? Oder auch welche Gruppierung die Sperren vorantreibt? Ich kann schon fast nicht daran glauben, daß es einfach die Ahnungslosigkeit oder Unwissenheit von Politikern allein ist, die solche irrigen Ideen immer und immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Irgendwie vermute ich wirklich nur eine Handvoll Leute hinter all diesen Vorhaben wie Zensursula, JMStV, GlüStV und VDS. Wenn es einfach eine kollektive gedankliche Fehlleistung von Politikern wäre, müsste sich das Thema ja eigentlich nach ein paar gescheiterten Anläufen erledigt haben. Aber es wird ja trotzdem immer wieder auf die politische Agenda gesetzt. Die Frage ist nur: von wem? Welche Lobbygruppe steckt dahinter?

UPDATE:
Noch den einen oder anderen Link zum Thema:

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