Platz für Osterhasen!

In der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau kann man eine interessante Sichtweise eines Autors zu Raubkopien und dem Internet lesen. Der Autor ist Paulo Coelho, der von seinen Problemen bzw. Erfahrungen berichtet, die er mit seinem Buch “Der Alchimist” in Russland hatte:

Vor zehn Jahren, 1999, kam mein Agent aus Russland zurück und hatte schlechte Neuigkeiten: Der Verleger meines Romans “Der Alchimist” hatte den Vertrieb eingestellt, weil weniger als 3000 Exemplare verkauft worden waren. Nach langen Mühen fanden wir einen russischen Verleger in Kiew, der allerdings Schwierigkeiten hatte, Papier aufzutreiben (was damals in der Ukraine nicht allzu ungewöhnlich war).

Zufälligerweise war ich wenige Wochen zuvor im Internet auf eine Raubkopie der russischen Übersetzung gestoßen, und mein erster Gedanke war natürlich, dass die niedrigen Verkaufszahlen in Russland auf diesen Akt der Piraterie zurückzuführen seien.

Wie alle Autoren möchte auch ich, dass meine Bücher gelesen werden. Da es keine Druckversion des Buches mehr gab und es völlig unklar war, wann der neue Verleger sein Papier bekommen würde, kam ich auf die Idee, das Buch in elektronischer Form zu veröffentlichen. Ohne lange nachzudenken, stellte ich die Raubkopie der russischen Übersetzung auf meiner Internetseite zum kostenlosen Download bereit.

Ende 2000 teilte mir mein ukrainischer Verleger stolz mit, dass 10 000 Exemplare verkauft worden waren! Ein Jahr später waren es 100 000, und bis zum Jahr 2002 hatten die russischen Verkaufszahlen die Million erreicht.

Das ist allein schon eine interessante Sache, wo uns doch die Rechteverwerte, also die Verlage, in aller Regel einbläuen wollen, daß das Internet der Untergang des Abendlandes sei, weil ja dann niemand Bücher lesen würde und die armen Autoren verhungern würden, weil sie nicht mehr bezahlt werden könnten.
Coelho hat offenbar allerdings eine andere Erfahrung gemacht: Gerade weil er eine Raubkopie der russischen Übersetzung zum Download verfügbar machte, seien auch die Buchverkäufe gestiegen. Coelho konnte damit mehr potentielle Leser erreichen, die dann letztendlich das Buch auch gekauft haben. Inzwischen habe er über 100 Mio. Bücher verkauft und monatlich 1 Mio. Besucher auf seiner Webseite, wo man die “Raubkopien” herunterladen kann.
Coelho hierzu:

Wie lässt sich dieser Vorgang erklären? Der Begriff von “Gier” ist nicht nur in der Finanzwelt ein problematischer Faktor, sondern in jedem Geschäftsbereich, wo ein Monopol beansprucht werden soll, sei es auf ein bestimmtes Produkt oder eben auf die Verbreitung von Informationen. In meinem Fall war es so, dass die Leute anfingen, meine Bücher am Bildschirm zu lesen, dann aber in einen Buchladen gingen und eine gedruckte Ausgabe kauften – was auf Dauer praktischer und billiger ist. Und so ging das jahrelang.

Der Autor führt einige interessante Punkte an:
Erstens gibt es die Gier überall und somit auch im Buch- bzw. Verlegerbereich. Und auch dort kann man von einem gewissen Monopol sprechen, da ja nur der Verleger das Buch verbreiten kann bzw. bisher konnte. Nun aber gibt es mit dem Internet einen zweiten, einen direkten Vertriebsweg.
Zweitens ist es offenbar nicht so, daß die Leute lediglich das Buch elektronisch herunterladen, sondern dies nur tun, um einen Einblick in das Buch zu bekommen und sich dann entscheiden, ob sie es auch als “echtes”, gedrucktes Buch kaufen oder nicht. Gute Bücher, die die Leser fesseln und interessieren, werden also auch gekauft werden.
Früher ist man also in eine Bibliothek oder einen Buchladen gegangen und hat dort ein bißchen im Buch geschmökert. Heute lädt man sich das Buch eben kurz herunter und schaut mal eben rein, um dann zu entscheiden, ob man es kauft oder nicht. Jedoch verurteilen die Verleger die neue Methode der Käufer und kriminalisieren diese, während sie das im Buchladen nicht tun. Dabei leidet ein Buch unter echtem Wertverlust, wenn da ständig herumgeblättert wird. Bei einem Download gibt es keine qualitative Einschränkung, wenn tausende von Leuten das Buch probelesen. Und es ist kostengünstiger – auch für die Verleger. Diese sehen aber nicht die Vorteile, sondern lediglich die Bedrohung eines alten Geschäftsmodells.

Auch Coelho sieht es so, denn er schließt mit folgenden Worten:

In Ländern, wo Filesharing verboten werden soll (in Frankreich ist dieses Jahr eine entsprechende Gesetzesvorlage durchgebracht worden) werden die Autoren bald einen Wettbewerbsnachteil haben. Verbote sind selten eine Lösung. Viel klüger wäre es, die Vorteile der neuen Technologie zu nutzen, um gute Literatur zu unterstützen und zu verbreiten.

Viele sagen, dass ich mir das nur leisten kann, weil meine Bücher so hohe Auflagen erreichen. Dabei ist es genau umgekehrt: Meine Bücher erreichen so hohe Auflagen, weil ich mir Mühe gebe, meine Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Wenn man mich heute vor die Wahl stellte, entweder für drei Millionen Dollar ein Buch zu schreiben, das von drei Leuten gelesen wird, oder ein Buch zu schreiben, für das ich nur drei Dollar bekomme, das aber von drei Millionen Menschen gelesen wird, dann würde ich mich für letzteres entscheiden.

Ich bin überzeugt, dass die meisten Schriftsteller das genauso sehen.

Warum also tun sich die Verleger so schwer, sich dieses neuen Vertriebsweges zu bedienen und ihn zu nutzen, anstatt ihn zu verdammen und zu kriminalisieren? Ist es nur die blanke Gier oder das Unverständnis einer neuen Technologie? Letztendlich hat auch der Buchdruck einen positiven Einfluß gehabt, indem er dafür gesorgt hat, daß viele Menschen, denen der Zugang bisher zu den Büchern verschlossen war, die Möglichkeit bekamen, nun endlich Bücher lesen konnten. Letztendlich ist das Internet auch nur ein neues Medium, eine neue Methode der Vervielfältigung. Ähnlich wie es die Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg war. Und auch wie damals fürchten die Inhaber des Buchmonopols um den Verlust ihrer Macht. Aber wer wird heutzutage die Erfindung des Buchdrucks rückgängig machen wollen oder behaupten, daß das händische Abschreiben von Büchern wirtschaft besser sei? Wohl niemand.

Insofern bleibt zu hoffen, daß auch das Internet als neues Medium begriffen werden wird, das einem neue Möglichkeiten eröffnet und kein Teufelszeug ist – weder für die Buch- noch für die Musik- oder Videoverlage!

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2 thoughts on “Platz für Osterhasen!

  1. in berlin stehen die schon.

    liebe grüße und ein frohes neues

    der berliner 🙂

  2. Beim T€di haben sie schon vor Weihnachten angefangen Osterdekoration zu verkaufen.
    Nur die entsprechenden Süssigkeiten waren (zumindest als ich im Laden war) noch nicht aufgestellt.

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