Carta: GEZ ist nimmersatt

Als ich heute den Artikel “Vorratsdatenspeicherung = Handwerksrechnungen?” bei Netzpolitik.org gelesen habe, blieb mein Auge beim Lesen beim letzten Satz hängen:

Das Bild mit der Onlinedurchsuchung = Hausdurchsuchung ist ja nicht so neu. Der Unterschied ist ja vor allem, dass die Onlinedurchsuchung heimlich durchgeführt werden soll. Da bekommt man ja keine Mail vorher, dass gleich der Bundestrojaner den Rechner durchsuchen wird und man einen Anwalt heranziehen kann.

Für das Bild bekommt Thomas de Maizère die Auszeichnung des “Neusprech des Tages”!

In der Tat erscheint mir die Sprache der Politik sich sehr am “Neusprech” zu orientieren. Also der Darstellung von eigentlich unbequemen Tatsachen mit positiv besetzten Wörtern. Im obigen Beispiel wird die Vorratsdatenspeicherung mit einer Handwerksrechnung verglichen. Wer eine Handwerksrechnung schon einmal bezahlt hat, weiß natürlich, daß damit eher keine positiven Umstände verbunden sind, aber es klingt halt harmloser, weil es alltäglich klingt.
Aber auch schon die “Vorratsdatenspeicherung” ist ein Euphemismus, denn die Elemente “Vorrat” und das “speichern” desselbigen ist ja eigentlich etwas Positives. Wie hiess es früher immer so schön: “Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not.” – also wer einen Vorrat anhäuft, kann davon zehren, wenn die Zeiten nicht so rosig sind.
Dies trifft aber auf den Inhalt der Vorratsdatenspeicherung nur bedingt bzw. sehr einseitig zu, denn gespeichert werden ja immer alle Verbindungsdaten aller Bürger in Deutschland, um sie eventuell irgendwann einmal gegen sie verwenden zu können. Also eher eine negative Angelegenheit für den Bürger.

Auch das kürzlich verabschiedete “Wachstumsbeschleunigungsgesetz” ist so ein Euphemismus oder wenn man so will “Neusprech”. Dahinter verbirgt sich nämlich die irrwitzige Idee, daß Steuersenkungen auf Dauer das Wachstum und damit den Wohlstand ankurbeln könnten. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit und nur sehr oberflächlich betrachtet so. Denn irgendwoher müssen die Milliarden ja kommen bzw. eingespart werden. Zum Beispiel durch Einsparungen bei der Kultur oder bei sozialen Diensten. Oder die Steuersenkungen müssen auf Pump, also per Kredit finanziert werden. Das aber belastet auf Dauer den Bundeshaushalt und die kommenden Generationen. Also auch eher etwas negatives, denn schon jetzt gibt die Bundesrepublik einen wesentlichen Teil der Steuereinnahmen zur Tilgung alter Schulden aus.

Ein weiteres Beispiel ist das allseits beliebte “Zugangserschwerungsgesetz” anstatt “Wir-lassen-den-dokumentierten-Missbrauch-von-Kindern-im-Netz-und-stellen-sinnlose-Stoppschilder-auf-Gesetz”. Denn wie so häufig dargelegt, schützen die Stoppschilder kein Kind vor Mißbrauch und erschweren auch in keinster Weise den Zugang zu dieser Mißbrauchsdokumentation. Schon gar nicht für Pädophile.

Die Beispiele ließen sich sicherlich beliebig fortsetzen und es wäre vielleicht auch eine nette Idee, ein Web-Lexikon von Politiker-Neusprech-Begriffen zu erstellen. In der Zwischenzeit aber sollte jeder Leser des Blogs den äußerst empfehlenswerten Vortrag (1h10m) von Martin Haase auf dem 25C3 anschauen. Der Bequemlichkeit halber hier nochmal direkt als embedded Video (hier der Link):

Nach dem Anschauen des Vortrags bleibt eigentlich nur noch eins zu sagen: Niemals auf das Neusprech der Politiker hereinfallen und immer die Vorhaben der Politik kritisch hinterfragen und bei Mißständen nicht einfach achselzuckend weitermachen wie bisher, sondern den eigenen persönlichen Unmut darüber seinen Volksvertretern mitzuteilen.
Kritik zu äußern ist doppelplusgut!

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4 thoughts on “Carta: GEZ ist nimmersatt

  1. Hallo Ingo, Du stellst die GEZ als geldgieriges Monster hin, was ja im Allgemeinen immer wieder gern gemacht wird. Dabei hast Du die eigentlich schuldigen doch auch selbst erwähnt: “Dies sehen Pläne für eine Neuregelung der Gebühr vor, welche die Ministerpräsidenten derzeit beraten.”
    Wir lernen also: Die GEZ ist nur die ausführende Stelle und sie macht das, was ihr aufgetragen wird. Die Höhe der Gebühren, die kassiert werden, bestimmen die Politik und die KEF (mithin damit auch die Anstalten). Richte Deine Wut bitte an die, die die Ursache dafür sind.

  2. Na, nicht als geldgieriges Monster, sondern als nimmersattes Monstrum. Ich sehe da durchaus einen Unterschied: das Monstrum bezieht sich auf die damit verbundene Buerokratie. Das nimmersatt auf eben den durchaus natuerlichen Drang, immer meht Gebuehren eintreiben zu wollen, denn dafuer ist die GEZ ja da.
    Ich gehe nicht davon aus, dass die Ministerpraesidenten von sich aus auf die Idee kommen, auch Smartphones mit GEZ belegen zu wollen, sondern dass diese Idee durchaus aus dem Dunstkreis der GEZ kommt.
    Denn je mehr Gebuehren eine entsprechende Anstalt eintreibt und verwaltet, um so maechtiger ist sie natuerlich auch.

  3. Da muss ich dich enttäuschen. Die GEZ ist wirklich nur das ausführende Organ bei der Durchführung dessen, was KEF und Politik beschließen. Sie schießt mit ihren Methoden sicherlich manchmal übers Ziel hinaus, ihre Aufgabe ist aber klar definiert und die stellt sie sich nicht selber. Wäre ja noch schöner, wenn die Inkassoagentur selber vorgibt, wieviel sie einnehmen will. 😉

    Eigentlich ist es sogar nur die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs), die ausrechnet, was die Anstalten brauchen und das dann an die GEZ als Zahlungsziel weiterreicht. Aber die Politiker wollen ja überall gern mitreden (siehe ZDF/Brender). Also auch hier.

  4. Carta: GEZ ist nimmersatt
    Von Ingo Jürgensmann | Blog of Ingo Jürgensmann | – Die gute alte GEZ scheint ein nimmersattes Monstrum zu sein. Nach den GEZ-Gebühren auf PCs sollen diese nun erhöht werden. Ebenso für Smartphones und andere Gadgets, wi…

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