PRISM und die überraschte Öffentlichkeit

Edward Snowden hat das geheime Datenschnüffelprojekt PRISM an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Und die Öffentlichkeit tut nun überrascht. Warum nur? Die Anzeichen für ein solches Schnüffelprojekt sind eigentlich seit Jahren offenbar, sie wurden meistens nur als Spinnerei von durchgeknallten Datenschützern und Bürgerrechtlern abgetan. Fefe schreibt zum Beispiel zu Recht: 

Und schließlich: Wie so nach und nach alle schönen Verschwörungstheorien, für die Leute über Jahrzehnte als paranoide Spinner verunglimpft wurden, sich als wahr herausstellen. Die Existenz der NSA war jahrelang eine Verschwörungstheorie, dann Echelon, dann dass sie auch Amis abhören. Das Nato-Stay-Behind-Netzwerk war Verschwörungstheorie. Dass die Polizei Undercover-Cops als Provokateure einsetzt, um einen Vorwand zu schaffen, Demonstranten plattzuprügeln, war lange Jahre eine Verschwörungstheorie. Dass auch der Westen unsere Post gelesen hat, nicht nur der Osten, war jahrelang Verschwörungstheorie. Dass die CDU sich über Schwarzgeld finanziert. Dass Atomkraftwerke gefährlich sind und in die Luft fliegen können. Dass in Militärlabors Krankheitserreger tiefergelegt werden, für höhere Tödlichkeit, zum Einsatz im Krieg. Dass Regierungen Gehirnwäsche-Programme haben. Bewaffnete Raumstationen. Orbitale Laserwaffen. Dass Entwicklungshilfe Industrieförderung ist. Dass vorgeblich humanitäre Kriege tatsächlich aus handfesten imperialistischen Gründen wie Ölrechte geführt werden. Hey, sogar dass der Westen in fernen Ländern an Putschen beteiligt ist, war mal nur eine Verschwörungstheorie. Oder dass Geheimdienste Drogen schmuggeln.

Ich bin nun wirklich kein Fefe-Fan, aber in diesem Fall hat er durchaus einen validen Punkt. Ihr glaubt doch wohl nicht ernsthaft, daß wir hier jahrelang gegen die Vorratsdatenspeicherung und andere Vorhaben kämpfen müssten, wenn da nicht die amerikanischen Behörden hinter stehen würden. Die Amis sind nach 9/11 total abgedreht. Aus dem Land der unbegrenzten Freiheit ist das Land der ungezügelten Überwachung geworden, getrieben vom Irrglauben, daß man jeden Terroranschlag oder gar jedes Verbrechen verhindern könne, wenn man nur alles wisse. Es gibt keine 100%ige Sicherheit, aber es gibt 0%ige Freiheit.

Warum, glaubt ihr, wollen die Amis unsere Bankdaten haben und zwingen die EU zum SWIFT-Abkommen? Warum, glaubt ihr, wollen die Amis unsere Flugdaten inklusive unserer Essenswünsche haben? Warum, glaubt ihr, soll in der EU eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden? Warum, glaubt ihr, ist Deutschland als einziges Land Westeuropas auf der Karte der abgeschnorchelten Daten vom Guardian zu PRISM gelb?

Macht euch das nicht nachdenklich oder gar besorgt?

Wir leben schon lange nicht mehr in freien Ländern, in denen der Staat die Grundrechte nur dann einschränkt, wenn er dazu einen trifftigen Grund hat. Wir leben in Ländern, in denen der Staat alles über seine Bürger wissen will, aber selber weitestgehend im Geheimen operiert. Das sind dann keine demokratischen Staaten mehr, die ihren Bürgern Vertrauen entgegen bringen, sondern Überwachungsstaaten, die ihren Bürgern grundsätzlich mißtrauen und ihre Grundrechte wissentlich mißachten. Und das hat nichts mit Verschörungstheorien zu tun, sondern einfach damit, daß eine flächendeckende und nahezu lückenlose Überwachung heutzutage recht einfach technisch machbar ist.

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