Tourauftakt: Hannes Wader in Georgsmarienhütte

Vor Monaten war mir Hannes Wader eigentlich noch ziemlich unbekannt. Bis er dann im NDR-Fernsehen in der Sendung “DAS!” auftrat. Die Vita von Wader erschien mir interessant, auch wenn ich nicht nachvollziehen kann, wie er zur DKP kam. In der Sendung wurde nicht nur auf seinen 70. Geburtstag hingewiesen, sondern auch seine bevorstehende Tour. Dank Internet und Youtube habe ich mir das eine oder andere Lied angehört und daraufhin geschaut, ob er in Rostock oder Umgebung auftritt. Tut er leider nicht, wie ich den Tourdaten entnehmen konnte, aber zu meiner Überraschung startete die Tour am 30. September in Georgsmarienhütte, meiner Heimatstadt. Also schnell online zwei Tickets gebucht. Wunderbare neue Onlinewelt! 

Nachdem wir dann auch die Sache mit dem Urlaub geklärt hatten, ging es am Sonntag dann von Rostock nach Georgsmarienhütte. Das Konzert sollte, nach Aufdruck auf den Karten, um 19:30 losgehen. Als wir um kurz nach 19 Uhr im Kasinopark in Hütte ankamen, war der Saal bereits rappelvoll gefüllt. Mit etwas Glück konnten wir noch relativ weit vorne, ca. in Reihe 10 und 11, noch zwei einzelne Plätze finden. Die Mehrheit der Konzertbesucher war deutlich älter. Zu unserer Überraschung waren wir aber nicht die Jüngsten, sondern zwei junge Mädels, vielleicht so 10-11. Klasse saßen direkt neben uns.

Hannes Wader kam dann irgendwann kurz nach 19:30 auf die Bühne und begann, wie bekannt und zu erwarten war, mit dem Wader-Klassiker “Heute hier, morgen dort”. Nach 1-2 weiteren alten Liedern ging es dann mit neuen Liedern vom neuen Album “Nah dran” weiter, unter anderem auch mit dem Anti-Nazi-Titel “Boulevard St. Martin”, in dem es um die Flucht des deutschen Resistance-Kämpfers Peter Gingold vor den Nazis in Paris geht. Weitere Titel vom neuen Album waren “Dass wir so lange leben dürfen”, “Nah dran”, “Der Drachen”, “Die welken Blätter (Les feuilles mortes)”, “Jeder Traum”, “Alter Freund”, “Seit Ewigkeiten (To Everything There is A Season – Turn, Turn, Turn)”, “Das Lied vom Tod” und natürlich auch “Was keiner wagt” von seinem Kollegen und Freund Konstantin Wecker. Da waren auch noch einige andere Lieder, aber aufgrund diverse Umstände komme ich erst heute dazu, darüber zu schreiben und habe natürlich die Titel vergessen.

Das Publikum ging gut mit und gab auch bei dem einen oder anderen gesellschaftskritischen Lied Zwischenapplaus. Hannes Wader erzählte zu diesem oder jenem Titel noch ein paar Kleinigkeiten. Etwa bei “Alter Freund”, in dem es um seinen November 2011 verstorbenen Freund Franz-Josef Degenhardt geht und um einen Baum, den er gefällt hatte, weil er morsch war und auf Rat von Hannes Wader einen neuen Kirschbaum gepflanzt hatte. Leider kam da wohl Degenhardts Schwiegersohn dazwischen, der einen relativ kleinen Baum pflanzte statt eines eigentlich größeren. Ab und zu merkte man Wader ein bißchen die Nervosität des Tourauftakts anmerken, wenn er sich mal beim Text verhaspelt hatte. Aber das fand ich für einen 70jährigen Liedermacher eher charmant als störend, zeigt es doch, daß es für Wader nach 50 Jahren Bühne immer noch immer noch kein Alltag ist, auf der Bühne zu stehen und er Lampenfieber hat.

Nach gut 2 Stunden mit einer kurzen Pause ging das Konzert dann um ca. 22 Uhr nach mehreren Zugaben und Standing Ovations mit dem Titel “Ade zur guten Nacht” zuende.

Bemerkenswert war neben der Alterstruktur der Besucher auch, daß etliche Vinylplatten verkauft wurden. Ebenso seltsam fand ich, daß ein älterer Herr mit grau-weißem Vollbart mit einem Stereo-Aufnahmegerät offensichtlich ein Bootleg angefertigt hatte. Soviel dazu, daß die Jugend im Internet soviel und so hemmungslos raubmordkopiert…

Mein Fazit jedenfalls: Unbedingt empfehlenswert! Hannes Wader ist ein Liedermachen, ein politischer noch dazu. Doch nicht alle Texte sind politisch oder gesellschaftskritisch. Die meisten seiner Texte sind aber hörenswert, u.a. “Das Lied vom Tod” wo er sich pointiert mit seinem eigenen Tod auseinandersetzt. Wer gute Texte schätzt, sollte sich durchaus Wader mal anhören.

PS: ein weitere Bericht ist auf www.radionist.de zu lesen.

Uncategorized