Rostocker Ruderin Drygalla distanziert sich von Neonazis

In den letzten Tagen hatte die Meldung, daß die Rostocker Ruderin Nadja Drygalla mit einem bekannten Rostocker Neonazi zusammen sein soll, für viel Aufregung gesorgt. Drygalla reiste umgehend nach einem Gespräch mit dem Chef de Mission aus London bzw. aus dem Olympischen Dorf ab. Schnell entstand der Eindruck, daß Drygalla die Gesinnung ihres Partners teilen könnte, zumal sie vorher bereits offensichtlich deswegen aus dem Polizeidienst ausgeschieden sein soll. Einzelheiten hierzu gibt es bei Kombinat Fortschritt und bei Publikative.org.

Ich fand die ganze Geschichte etwas seltsam. Dabei gehe ich davon aus, daß jemand, der in den Polizeidienst aufgenommen und bei den olympischen Spielen teilnimmt, nicht ganz dumm sein kann. Der allgemeinen Neigung zur Sippenhaft, also das verantwortlich machen einer Person für die Taten des Partners oder von Familienmitgliedern, konnte ich mich auch nicht anschließen. Nun berichtet Spiegel, daß Nadja Drygalla sich vom rechten Gedankengut und von Neonazis distanziert hat: 

Laut der Ruderin, Mitglied des Frauen-Achters, soll sich Fischer allerdings im Mai von der rechtsradikalen Szene losgesagt haben. Er habe persönlich mit dieser ganzen Sache gebrochen und sich verabschiedet, sagte Drygalla. Sie selbst distanzierte sich von rechtem Gedankengut. “Ich habe keine Verbindung in seinen Freundeskreis und diese Szene gehabt und lehne das absolut ab.”

Weiterhin nimmt Drygalla Bezug auf ihre Beziehung: 

Wegen der politischen Orientierung ihres Freundes habe sie zeitweise auch an eine Trennung gedacht. Die Mitgliedschaft in der NPD habe die Beziehung “sehr stark belastet”, sagte die Ruderin. “Ich bin froh, dass ich vor den Olympischen Spielen noch einmal klar gesagt habe, dass es so nicht weiterlaufen kann.”

Insgesamt gesehen ist es zwar gut, daß sich Drygalla nun zu den Vorwürfen geäußert hat, aber irgendwie bleiben bei mir danach immer noch fast mehr Fragen als vorher. Wenn Drygalla nichts mit Neonazis zu tun hat, wie kam es dann zu dieser Beziehung und wie konnte diese so lange halten? Wieso hat Drygalla nicht im Vorfeld von Olympia mit offenen Karten gespielt, sondern äußert sich erst Tage später? Spätestens nach ihrem Ausscheiden aus dem Polizeidienst hätte sie doch eigentlich davon ausgehen müssen, daß die Beziehung zu dem Neonazi irgendwann herauskommen und thematisiert werden wird. War sie vor Liebe blind? Kann man aus Liebe zu einer Person die aus meiner Sicht menschenverachtende Einstellung des Partners so lange ignorieren?

Auch daß sich das NPD-Mitgleid und Kandidat bei den letztjährigen Kommunalwahlen nun plötzlich auch von den Neonazis los sagt, halte ich erstmal für wenig glaubwürdig, insbesonders weil es bei den ansonsten gut informierten Seiten, die sich mit dem Thema beschäftigen, unbekannt zu sein scheint. Ich halte es nicht für unmöglich, aber für derzeit relativ unwahrscheinlich. Drygalla sollte also ihrer Distanzierung Nachdruck verleihen und Taten folgen lassen. Wie das aussehen kann, weiß ich derzeit auch nicht, aber eine Distanzierung per Pressemitteilung über die dpa empfinde ich nun als zu einfach und für unzureichend.

UPDATE: Spiegel hat auch noch einen guten Kommentar.

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