Vom Bürgerrechtler zum Politiker

Letzten Freitag war ich in Osnabrück zum dortigen Start des Netzpolitischen Biers Osnabrück und habe dort einige Mitglieder vom AK Vorrat getroffen und kennengelernt. Das Treffen fand auf Initiative von Katharina Nocun statt. Katharina ist eine sehr aktive und engagierte Bürgerrechtlerin und Mitglied der Piratenpartei. Und sie ist seit letztem Wochenende auch Listenkandidatin für die Landtagswahl in Niedersachsen im nächsten Jahr. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle hierzu!

Aber falls Katharina im nächsten Jahr ins Landesparlament gewählt werden sollte, hat das natürlich auch Auswirkungen auf ihre bisherige Arbeit als Bürgerrechtlerin. Nun ist Katharina nicht die erste Bürgerrechtlerin, die in ein Parlament gewählt wird. Auch Patrick Breyer, ebenfalls vom AK Vorrat und Pirat, sitzt seit kurzem im Landtag von Schleswig-Holstein. Ich sehe es durchaus problematisch, daß Patrick und Katharina inzwischen bzw. eventuell demnächst in Landesparlamenten sitzen. Es ist natürlich gut, daß sie dann dort auch direkteren Einfluß auf die Landespolitik nehmen können, aber die Wahrung von Bürgerrechten wird nicht zu ihrem Arbeitsschwerpunkt im Parlament gehören. Stattdessen werden sie viel in irgendwelchen Ausschüssen herumsitzen, irgendwelche anderen Entscheidungen mittragen müssen und eben auch nur noch wenig Zeit für die Arbeit als Bürgerrechtler haben.

Insbesondere weil der AK Vorrat nicht mehr über die Größe verfügt, die er zu Zeiten von Zensursula und der Debatte um das Zugangserschwerungsgesetz hatte, was man auch daran sieht, daß es dieses Jahr keine Freiheit statt Angst Demo in Berlin geben wird, ist es ein schwerer Verlust, wenn solche Leute wie Patrick oder Katharina dann im parlamentarischen Alltag gebunden und vielleicht auch aufgerieben werden. Bitte nicht falsch verstehen: ich finde das super, daß wesentliche Teile der neuen Bürgerrechtsbewegung nun den Weg in die Parlamente finden, aber ich sehe auch die Gefahr, daß dadurch diese Bewegung geschwächt werden könnte. Leider sind es immer noch zu wenig Menschen, die sich für Freiheit, Bürger- und Menschenrechte engagieren, was bei einem Weggang von zentralen Leuten, wie eben Patrick und Katharina, dazu führt, daß eine Lücke entsteht, die nicht so schnell gefüllt werden kann. Diese Leute fehlen dann auch zum Beispiel bei Aktionen gegen die Vorratsdatenspeicherung.

Hinzu kommt, daß ich mir unsicher bin, ob Patrick und Katharina nicht besser im Bundestag oder gar im Europäischen Parlament aufgehoben wären, wenn sie schon in einem Parlament sitzen? Landespolitik ist sicherlich auch wichtig und ein hehres Ziel, aber die großen Bürgerrechtsdebatten finden nun einmal leider in der EU und auch noch auf Bundesebene statt. Andererseits fehlt uns eben eine ausgeprägte Basis an Bürgerrechtlern in den Kommunen und in den Ländern.

Ich wünsche Katharina natürlich viel Erfolg beim Wahlkampf, einen guten Listenplatz und drücke die Daumen, daß es mit dem Platz im Landtag klappt, aber naturgemäß wird dann ihre Arbeit im AK Vorrat weniger werden (müssen), was ich auch bedauer.

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