#occupy – Das Dejá-Vu mit der Neuordnung der Finanzmärkte

Nachdem gestern in über 80 Ländern nach dem Vorbild von #occupywallstreet demonstriert wurde, melden sich natürlich nun auch die Politiker zu Wort. Und zur großen Überraschung gibt es in den allermeisten Fällen zwar nicht unbedingt Zuspruch a la "Macht weiter so!", aber immerhin (geheucheltes) Verständnis und auch Aktionen werden angedroht, wie Spiegel zu berichten weiß: 

Während noch über die drohende Pleite Griechenlands gestritten wird, gehen von Berlin bis Brüssel plötzlich auch Politiker auf die Finanzinstitute los. Denn wegen der wohl bevorstehenden Pleite Athens müssen die großen Banken erneut mit Steuermilliarden geschützt werden – obwohl nicht wenige von ihnen mit Staatsanleihen spekuliert haben. Das sorgt für Frust in vielen Hauptstädten. Die Überheblichkeit mancher Manager verstärkt den Ärger noch.

Nun schlagen die Politiker zurück. Von Zwangsverstaatlichung ist die Rede, von einer Neuordnung des Finanzsektors und einer Zerschlagung der Geldinstitute. Die Politik erklärt die Banken zum neuen Staatsfeind.

Selbst Strafen für gierige Finanzmanager kann mancher sich nun vorstellen. Er werde sich "persönlich dafür einsetzen", dass das europäische Recht entsprechend geändert werde, sagt EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Und wie wir natürlich alle wissen, setzen Politiker solche Drohungen unverzüglich und vorbehaltlos in entsprechende Gesetze um. Das haben wir ja nun alle bei der Lehman-Krise leibhaftig miterleben dürfen, wie nachhaltig die Politiker die Bänker am Weiterzocken gehindert haben!

Insofern werden natürlich alle Demonstranten weltweit wieder beruhigt nach Hause gehen können. Laut Joachim Gauck, Ex-Bundespräsidentenamtskandidat, sollten sie das eh tun, denn Gauck findet die Proteste "unsäglich albern":

Nun kritisiert er die Anti-Banken-Bewegung. Die derzeitige Finanzmarktdebatte halte er für "unsäglich albern". Der Traum von einer Welt, in der man sich der Bindung von Märkten entledigen könne, sei eine romantische Vorstellung, sagte Gauck bei einer Veranstaltung der "Zeit".

Die Demonstrationen gegen die Banken und das Finanzsystem werden sich nach seiner Ansicht nicht zu einer dauerhaften Protestbewegung entwickeln. "Das wird schnell verebben", sagte Gauck. In Anspielung auf die DDR erklärte er: "Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren." Es sei zu bezweifeln, dass die Bankeinlagen sicherer wären, wenn die Politiker in der Finanzwirtschaft das Sagen hätten.

Was die derzeitige Finanzmarktdebatte nun aber mit der DDR zu hat, verstehe ich nicht so richtig. Und es geht ja bei der Debatte auch gar nicht um die Sicherung der Bankeinlagen, sondern um die immer größer klaffende Lücke zwischen Arm und Reich, um Boni für Bänker im Millionenbereich, vielleicht auch darum, daß Unternehmen wie General Electric letztes Jahr keine Steuern in den USA gezahlt haben, während der Mittelstand vielfach nicht mehr nur einen Job haben muss, sondern gerade mal mit zwei Jobs über die Runden kommt. Aber ich hab noch kein Plakat gesehen, das die Sicherung der Spareinlagen forderte.

Irgendwie scheint Gauck etwas fern der Realität zu sein, wenn er da etwas von der DDR faselt…

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