Franziska Heine: “Demokratie auf Augenhöhe”

Franziska Heine, die Iniatorin der Bundestagspetition gegen Netzsperren und somit Schlüsselfiguren des netzpolitischen Widerstandes des Jahres 2009, hat in der Taz einen Kommentar zum Thema "Politische Teilhabe im Netz" geschrieben. Darin geht sie auf einige Aspekte von Petitionen, Unterschriftensammlungen und "Gefällt mir!"-Buttons ein: 

Wer behauptet, politische Partizipation im Internet bestünde hauptsächlich darin, eine Stimme per Klick abzugeben und damit der Demokratie zu schaden, macht es sich sehr einfach.

Zum einen handelt es sich bei den meisten digitalen Unterschriftensammlungen um weitaus mehr als einen Klick. BenutzerInnen müssen ihre persönlichen Daten preisgeben, um sich ein Konto einzurichten und stehen dann oft für alle sichtbar mit ihrem (Real)Namen hinter einer politischen Forderung. Dagegen ist die analoge Unterschriftensammlung schnell, unkompliziert und nicht öffentlich.

Was die Petitionen des Bundestages angeht, ist es tatsächlich so, daß man da vor der Abgabe seiner Stimme umfangreiche Angaben zur Person machen muss. Außerdem kann es sein, daß diese überprüft und wegen falsche Angaben letztendlich nicht gezählt bzw. gewertet wird.

Franziska bewertet die Unterschriftenaktionen von Campact! auch kritisch, da zum einen diese politisch gesehen kein Gewicht haben wie zum Beispiel die Petitionen des Bundestages, bei denen sich der Petitionsausschau ab 50.000 Stimmen zumindest damit befassen und den Petitenten anhören muss, und zum anderen würden sich diejenigen, die sich schon bei Campact! an der Aktion beteiligt haben, nicht noch zusätzlich bei einer Petition des Bundestages beteiligen, da sie der fälschlichen Ansicht seien, bereits eine politisch relevante Meinungsäußerung abgegeben zu haben.

Doch im Prinzip sind all die Petitionen und Unterschriftenaktionen im Netz laut Franziska Heine nicht der eigentliche Kern politischer Teilhabe im Netz. Dieser bestehe vielmehr darin, Gleichgesinnte zu finden, sich zu vernetzen und die politischen Argumente zu schärfen: 

In der Auseinandersetzung mit diesen "Gegnern" lernen sie ihre Argumente zu schärfen und zu erweitern. Sie üben sich darin, den politischen Gegner von ihrer Position zu überzeugen, seine Argumente zu entkräften und finden über ihre öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema immer mehr Leute, die so denken wie sie. Sie beginnen sich zu organisieren, legen Mailinglisten an und Dokumente, die sie kollaborativ bearbeiten können, sie gestalten Kampagnen-Webseiten. Ihre Arbeit wird zunehmend differenzierter.

Darin liegt die Stärke des Netzes als Werkzeug politischer Partizipation: es lassen sich Beziehungen zu Gleichgesinnten knüpfen, es ist eine Debattenplattform die Jedem und Jeder mit einem Internetzugang offen steht. Unabhänging von Zeitungen und anderen Medien lassen sich hier innerhalb kurzer Zeit sehr viele Menschen erreichen und Meinungen bilden.

Darüberhinaus geht sie auch noch darauf ein, was die oftmals beschriebene Frustation der Leute mit der Politik ausmacht. Im Wesentlichen liegt die Frustation unter anderem darin begründet, daß oftmals gute und richtige Argumente von Seiten der Netzaktivisten von den Politikern nicht gehört, gar überhört oder bewußt ignoriert würden.

Letztendlich müssen die Politiker realisieren, daß mit dem Netz ein Medium und ein Werkzeug entstanden ist, daß die politische Teilhabe fördert und dazu führt, daß die Menschen sich wieder vermehrt einmischen können. Doch müssen diese Menschen auch gehört werden, da es sonst zu der beschriebenen Frustration kommt. Und diese ist letztendlich schädlich für die Demokratie und damit auch für die Legitimation der Politiker bzw. der politischer Macht.

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