Immer wieder Sonntags

In der Vorstellung gewisser Personenkreise laufen Sonntage wie der morgige in etwa so ab: Man steht früh auf, frühstückt gemeinsam mit der gesamten Familie und geht dann gemeinsam in die Kirche, um sich zu besinnen und einer erbaulichen (Moral-)Predigt anzuhören. Danach geht man wieder nach Hause und vertieft das soeben gehörte in aller Ruhe, um fit für die nächste Woche zu sein.

Macht ihr doch auch alle, nicht wahr? So stellt sich wohl zumindest die katholische Kirche den Sonntag im Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern vor. Zumindest berichten einige Medien wie zum Beispiel auch die Webseite das-ist-rostock.de, daß die katholische Kirche gegen die derzeitige Bäderregelung vorgeht. Mal wieder. Denn die derzeitige Regelung entstand erst auf Drängen der Kirche, so daß die ehemals großzügige Regelung zusammengestutzt wurde und nun die Geschäfte in Warnemünde Sonntags erst ab 13 Uhr geöffnet haben.

Im vergangenen Jahr hatte das OVG Greifswald die damals geltende Bäderverkaufsverordnung auf Antrag der katholischen und evangelischen Kirche für verfassungswidrig erklärt. Das Schweriner Wirtschaftsministerium musste eine neue Verordnung erlassen. Aufgrund dieser Bäderregelung dürfen in 96 Orten und Ortsteilen im Land Geschäfte zwischen dem letzten Sonntag im März und und dem letzten im Oktober mit Ausnahme der Feiertage zwischen 13 und 18 Uhr öffnen. Baumärkte, Möbel- und Autohäuser sind davon ausgeschlossen, ebenso Anbieter von Haushaltsgeräten und Elektrotechnik sowie Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 1500 Quadratmetern. Die Weltkulturerbe-Städte Wismar und Stralsund können bis zu 20 Sonntage im Jahr, die Zentren der anderen kreisfreien Städte bis zu 10 Sonntage öffnen. Die Erzbistümer Berlin und Hamburg erachten nun auch diese seit Juli 2010 geltende Bäderregelung als rechtswidrig.

Um mal das Ganze in ein Verhältnis zu setzen: Mecklenburg-Vorpommern ist ein dünnbesiedeltes Flächenland mit ca. 1.6 Mio Einwohnern, wovon allein Rostock bereits über 202.000 Einwohner hat. Aufgrund der säkulären DDR-Vergangenheit ist der Anteil von Christen in Mecklenburg-Vorpommern eher gering, wie Wikipedia zu berichten weiß: 

18,4 % der Bevölkerung von Mecklenburg-Vorpommern bekennen sich zur evangelischen Kirche und 3,4 % zur katholischen Kirche. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist konfessionslos.

Das sind damit ca. 316.000 evangelische und nur 59.000 katholische Christen (Stand: 2004), denen über 1.2 Mio. Einwohner gegenüberstehen, die nicht in einer christlichen Kirche organisiert sind. Also die weitaus große Mehrheit der Bevölkerung.

So, und nun sollen all die anderen Einwohner und die Touristen darunter leiden, daß eine Minderheit, grob überspitzt ausgedrückt, der Meinung ist, man solle Sonntags doch gefälligst in die Kirche gehen und nicht in die Geschäfte, um dort etwas zu kaufen. Wer schon einmal Sonntags in Warnemünde war, weiß, daß die Touristen und Einheimischen die Gelegenheit gerne nutzen, am Alten Strom bummeln zu gehen und hier und da auch etwas zu kaufen. Deshalb erscheinen mir die Bedenken der Wirtschaft ausnahmsweise einmal berechtigt: 

In Rostock hätte eine Reduzierung der Sonntagsöffnungszeiten vor allem fürs Ostseebad Warnemünde gravierende Folgen. "Die aktuelle Bäderregelung ist aus touristischer Sicht nicht ausreichend. Die Angebote des Einzelhandels sind für viele Touristen maßgeblich in der Beurteilung der Attraktivität einer Destination", sagt Rostocks Tourismusdirektor Matthias Fromm. "Um ein durchgehend ansprechendes Angebot in Warnemünde bieten zu können, brauchen wir geöffnete Geschäfte an allen Sonntagen im Jahr." Vor allem für Wochenendurlauber und Tagestouristen biete dies einen verstärkten Buchungsanreiz. Zurzeit dürfen die Läden von März bis Oktober sonntags von 13 bis 18 Uhr öffnen – laut Handels- und Gewerbeverein des Seebades zu kurz.

Das Ganze führt letztendlich, wie auch die Diskussion um Kreuze in Schulen, zu dem Punkt, wie stark die Trennung von Staat und Kirche wirklich ist und ob man das weiterhin so belassen will? Meiner Meinung nach, sollte es hier eine striktere Trennung geben. Freiwilliger Religionsunterricht in den Schulen ist ok, da wir in einem christlich geprägtem Land leben. Besser wäre aber auch hier ein allgemeiner Unterricht, der entsprechende Werte und Normen vermittelt, den Glauben aber jedem selber überläßt. Somit sollte Glauben Privatsache sein und bleiben. Der Staat mischt sich nach Möglichkeit nicht in Glaubensfragen ein und die Kirchen halten sich aus den Bereichen heraus, die nichts mit Glauben zu tun haben.

Auch wenn die Geschäfte Sonntags geöffnet sind, werden sicherlich nicht weniger Leute in die Kirche gehen und umgekehrt werden auch nicht mehr in die Kirche gehen, wenn die Läden geschlossen sind. Die Regierungen täten gut daran, sich nicht vor den Karren der Kirchen spannen zu lassen und die Kirchen sollten ebendiese im Ort lassen und sich ihrer geringen Bedeutung aufgrund des Bevölkerungsanteils bewußt werden.

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