Handygate in Dresden als Diskussionsanfang

Über den Abhörskandal in Dresden (Handygate) wurde ja nicht nur in Blogs viel geschrieben, sondern tatsächlich auch in den großen Medien berichtet. Aber dennoch will ich hier an dieser Stelle auch nochmal auf den Kommentar von Wolf Schmidt in der Taz hinweisen: 

Innenminister und Sicherheitsbehörden haben in den letzten Wochen eine regelrechte Kampagne gestartet. Die Rede ist von einer Schutzlücke, die ohne die Vorratsdatenspeicherung entstanden sei. Von Terror-Gefahren, die man womöglich nicht mehr abwehren könne, und schweren Straftaten wie Kindesmissbrauch, die sich ohne Vorratsdatenspeicherung nur schwer aufklären ließen.

Wer da von Bürgerrechten oder Datenschutz spricht, wird schnell als Täterschützer diffamiert. Oder wie Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger als "Sicherheitsrisiko" beschimpft.

In der Tat ist das ein echtes Problem, was bei sowas immer gerne von den Sicherheitsfanatikern behauptet wird. Im Grunde kann man da schon von Demagogie sprechen: 

Demagogie wird heute unter anderem so definiert:

„Demagogie betreibt, wer bei günstiger Gelegenheit öffentlich für ein politisches Ziel wirbt, indem er der Masse schmeichelt, an ihre Gefühle, Instinkte und Vorurteile appelliert, ferner sich der Hetze und Lüge schuldig macht, Wahres übertrieben oder grob vereinfacht darstellt, die Sache, die er durchsetzen will, für die Sache aller Gutgesinnten ausgibt, und die Art und Weise, wie er sie durchsetzt oder durchzusetzen vorschlägt, als die einzig mögliche hinstellt.“Martin Morlock 1977[2]

Und genau das machen unsere Innenpolitiker ja nur zu gerne: sie benutzen jede Gelegenheit, um Datenschützer als Täterschützer hinzustellen und meiner Meinung nach zu verunglimpfen. Ihre Aufgabe als Innenminister des Bundes und der Länder besteht aber auch darin, das Grundgesetz zu schützen, in dem unsere Grund-, Bürger und Freiheitsrechte definiert sind. Stattdessen diffamieren sie aber diejenigen, die sich für die Einhaltung dieser Rechte einsetzen. Die Taz berichtet weiter: 

Es lohnt sich, noch mal das Urteil des Verfassungsgerichts hervorzukramen, das 2010 den ersten Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung gestoppt hat. Das anlasslose Speichern von Telekomverbindungen, hieß es dort, könne "ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins" hervorrufen, das eine "unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte" beeinträchtigen könne.

Dresden sollte ein Anlass sein, noch mal eine große Debatte über die Vorratsdatenspeicherung zu führen. Und die geht an den Kern: Wie viel Freiheitseinschränkung sind wir bereit hinzunehmen – und wie viel mehr Sicherheit bekommen wir dafür wirklich?

Und eben weil die oftmals geforderte Vorratsdatenspeicherung ein diffuses Gefühl der permanenten Überwachung erzeugt, wurde das Gesetz ja gekippt. Unsere Freiheiten werden immer und immer wieder mehr eingeschränkt, ein Mehr an Sicherheit kann ich aber deswegen nicht feststellen. Im Grunde fühle ich mich sogar unsicherer als vorher. Und das liegt nicht an möglichen Terrorattentaten. Die gab es auch schon vorher. Nein, es liegt daran, daß ich mich nicht mehr frei fühlen kann, sondern immer das Gefühl habe, beobachtet zu werden und nicht mehr in einem Staat mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung zu leben, sondern zunehmend in einem Polizei- und Überwachungsstaat, der sich das Recht herausnimmt, seine Bürger lückenlos zu überwachen und zu kontrollieren.

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