Niedersachsen: mehr Erfolg ohne Vorratsdatenspeicherung

Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung (VDS) hegen ja schon seit längerem Zweifel am Sinn dieser Datensammelei, die die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik unter latenten Generalverdacht stellt. Sechs Monate sollten sämtliche Verbindungsdaten von Telefon und Internet gespeichert werden. Dazu dann noch die Positionsdaten der Handys. Dem hat glücklicherweise das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen relativ großen Riegel vorgeschoben, wenn auch nicht die Datensammelei als solches für grundgesetzwidrig erklärt.

Das nutzen nun seitdem vor allem die Unionspolitiker, aber auch einige aus den Reihen der SPD, um ein neues Gesetz zur VDS und somit deren Wiedereinführung zu fordern. Einzig die FDP in Person von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger stellt sich da dankenswerterweise quer.

Nun hat aber eine Anfrage im niedersächsischen Landetag (wenig überraschend) zu Tage gebracht, daß die VDS gar nicht zur Aufklärung von Verbrechen beiträgt, wie die TAZ berichtet

Das niedersächsische Parlament fragte an, die Landesregierung musste antworten: Wie hoch ist die Aufklärungsquote bei Internetverbrechen in den vergangenen drei Jahren? Aus den offiziellen Daten geht nun hervor, dass die Quote seit dem Ende der so genannten Vorratsdatenspeicherung im März 2010 nicht gesunken ist.

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gilt als Hardliner in Sachen Vorratsdaten. Seit Karlsruhe das entsprechende Gesetz für verfassungswidrig erklärt hat, mahnt er regelmäßig eine Wiedereinführung an. "Aufgrund dieser Schutzlücke konnte das Bundeskriminalamt allein im Bereich der Kinderpornographie mehr als 70 Prozent der Fälle nicht aufklären", sagte Schünemann im Dezember der Neuen Osnabrücker Zeitung.

In der Antwort auf eine Anfrage der niedersächsischen SPD-Fraktion teilte sein Innenministerium nun mit, dass im vergangenen Jahr insgesamt 48.275 Straftaten mit dem "Tatmittel Internet" begangen worden seien, von denen 87,30% aufgeklärt werden konnten; von 511 gemeldeten Kinderpornografie-Fällen wurden demnach 82,97% aufgeklärt. 2009 belief sich die Zahl der Internet-Straftaten auf 31.109 Straftaten, die Aufklärungsquote lag bei 83,36%.

Wenn man es ganz arg auf die Spitze treiben will, kann man sogar sagen, daß die Aufklärungsquote durch den Wegfall der VDS gestiegen sei (2009: 83,36%, 2010: 87,30%). Wie Schünemann aber auf die irrwitzige Idee kommt, daß nun mehr als 70% der Fälle beim Kindermißbrauch nicht aufgeklärt werden konnten, entzieht sich leider meiner Kenntnis, aber belegt einmal mehr, wie die Politiker mit irgendwelchen haltlosen Zahlen Stimmung machen.

Die Borniertheit, mit der die Sicherheitsfanatiker an solchen Überwachungsideen wie der VDS festhalten, zeigt nun aber auch sehr schön, daß es ihnen gar nicht um eine erhöhte Sicherheit gehen kann. Denn die ist ja sogar ohne VDS höher als mit. Vielmehr dürfte es ihnen in der Tat um die Überwachung der Bürger gehen. Oder aber, irgendein Lobbyist hat ihnen einen Floh ins Ohr gesetzt, um mehr Überwachungskrams verkaufen zu können, was dann lediglich den wirtschaftlichen Interessen einer Industrie dienen würde. Man hat also die Wahl zwischen Pest und Cholera, wenn man überlegt, warum die Politiker so einen Unfug vorantreiben wollen: entweder sind sie dumm und ignorant gegenüber den eigenen Zahlen oder aber sie sind käuflich. Beides möchte man eigentlich nicht in der Politik haben.

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