Die Regierung Merkel und die soziale Ungerechtigtkeit

Zugegeben: Krisen sind alles andere als einfach zu bewältigen, zumal wenn es sich um so eine ausgewachsene Wirtschaftskrise wie derzeit handelt. Aber was die derzeitige Regierung unter Angela Merkel daraus macht, trägt nicht unbedingt dazu bei, das Volk zu beruhigen. Vielmehr verschlimmert die Regierung Merkel das Problem noch zusätzlich durch Aktionen und Beschlüsse, die in die falsche Richtung gehen.

In den letzten Tagen berichteten Spiegel Online und andere Medien, daß die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland immer größer wird und der enorm wichtige Mittelstand wegbricht: 

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, die deutsche Mittelschicht schrumpft rapide. Soziologen und Ökonomen warnen vor verheerenden Folgen: Sie fürchten soziale Resignation, Elendsquartiere in den Großstädten und eine Zunahme des gesellschaftlichen Gewaltpotentials.
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Am Dienstag hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die Debatte neu belebt. In einer Langzeiterhebung stellten die Autoren fest, dass die deutsche Gesellschaft im ersten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends rapide auseinandergedriftet ist. Im Jahr 2000 gehörten noch 18 Prozent der Bevölkerung zur Unterschicht, also zu jenen, die weniger als 70 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. 2009 waren es schon fast 22 Prozent. Die Gruppe der Wohlhabenden, die mehr als 150 Prozent des mittleren Einkommens ausgeben können, sei dagegen von 16 Prozent auf 19 Prozent gewachsen (siehe Grafik in der linken Spalte).

Doch damit nicht genug: Denn es wandern nicht nur Tausende Personen von der Mittel- in die Unter- und Oberschicht, auch das Lohngefälle nimmt zu. Die Ärmeren haben immer weniger Geld, die Reicheren immer mehr.

Dieser Trend ist nun wirklich kein neuer. Aber was macht die Regierung Merkel? Als allererstes hat die neue Regierung der Hotellobby ein Geschenk in Form einer Mehrwertsteuersenkung auf Übernachtungen beschert. Die Hotelpreise sind deswegen natürlich nicht gesunken, sondern wohl in erster Linie die Gewinne der Hoteliers. Auch das derzeitge große Sparpaket belastet eigentlich nur die unteren Einkommen, beteiligt aber nicht die Wohlhabenden an den Kosten für die Rettung der Banken. So wundert es auch nicht, daß die Zustimmung der Regierung Merkel in der Bevölkerung sinkt, wie Spiegel Online ebenfalls berichtet:

Der Umfrage zufolge sind nur noch 40 Prozent der Deutschen mit der Arbeit Merkels zufrieden. Dies sind acht Punkte weniger im Vergleich zu Anfang Juni und der schlechteste Wert Merkels in ihrer Zeit als Regierungschefin. Seit Anfang Mai hat sie laut ARD 18 Punkte eingebüßt. Westerwelle verliert im Vergleich zum Monatsbeginn vier Punkte und erreicht 20 Prozent Zustimmung. Dies ist sein schlechtester Wert seit Januar 2003. Damit ist er unverändert Schlusslicht unter den abgefragten Parteipolitikern.

Auch die Zufriedenheit mit der schwarz-gelben Bundesregierung schwindet. Nur noch zwölf Prozent der Deutschen sind mit der Arbeit der Koalition einverstanden. Dies sind acht Punkte weniger im Vergleich zum Monatsbeginn. So negativ wurde eine Bundesregierung der ARD zufolge zuletzt im März 2004 bewertet.

Aufgeschlüsselt nach Partien verliert die FDP einen weiteren Punkt und kommt jetzt nur noch auf fünf Prozent – den schwächsten Wert in dieser Umfrage seit Oktober 2003. Die Union legt um einen Punkt zu und kommt auf 32 Prozent. Die SPD erreicht unverändert 29 Prozent. Die Grünen machen einen Punkt gut und klettern auf 17 Prozent. Die Linke erreicht elf Prozent (ein Punkt Verlust).

Interessant ist dabei, daß die Regierung massiv an Zustimmung verliert, die SPD aber daraus keinen Erfolg für sich verbuchen kann. Lediglich die Grünen können sich geringfügig dadurch verbessern. Daß dieses Auseinanderdriften der Gesellschaft Probleme mit sich bringen kann, schildert der erste Artikel ja im weiteren Verlauf recht eindrücklich: 

Auch das Gewaltpotential könnte dann deutlich steigen. "In der Nachkriegsgeschichte war die Akzeptanz der Demokratie stark von den Aufstiegserwartungen geprägt, die eine demokratische Gesellschaft bietet", sagt Hickel. "Diese fallen jetzt immer stärker weg." Die Folge: Politikverdrossenheit, wachsende Ängste vor sozialem Abstieg – und schwindende Hemmungen, gegen das System zu rebellieren.

"Die Bundesregierung sollte schleunigst gegen die gesellschaftlichen Fliehkräfte ankämpfen", sagt Hickel. "Mit einer Lohn- und Steuerpolitik, die die untere Mittelschicht stärker stützt – und mit einem Sparpaket, das die Oberschicht stärker in die Pflicht nimmt."

Schrumpfe die Mittelschicht dagegen weiter, könne die ganze Gesellschaft auseinanderfallen. "Dann brennen die Barrikaden nicht nur am 1. Mai im Hamburger Schanzenviertel."

In Berlin in Hamburg sorgen ja eh schon zahlreiche brennende Porsches und andere Autos für reichlich "Zündstoff", bei dem sich der sich aufstauende Frust einiger Bevölkerungsgruppen sich entlädt. Da die Regierung Merkel aber keinerlei Anstalten macht, eine andere Politik zu fahren und auch die Wohlhabenden stärker zu besteuern, scheint entsprechendes gesellschaftliches Konflicktpotential in den nächsten Jahren gegeben zu sein. Es sei denn, es kommt etwa zu Neuwahlen, weil sich die kriselnde Regierung Merkel selbst auflöst und auseinander fällt. Gelegenheit dazu gibt es genug: schafft es Christian Wulff als Kandidat der Koalition für das Bundespräsidentamt nicht in das Amt, dürfte die Regierung in eine noch größere Krise stürzen als ohnehin schon. Auch das Sparpaket birgt immer noch die Möglichkeit für die Regierung zu scheitern. Richtigerweise sollte die Kanzlerin inzwischen die Vertrauensfrage im Parlament stellen. Konsequenterweise sollten die Parlamentarier ihr dann das Vertrauen entziehen und den Weg frei machen für Neuwahlen. Wulff wäre als Bundespräsident sowieso eine Fehlbesetzung und es würde für mich eher Sinn machen, ihn als Nachfolger von Merkel als Bundeskanzler zu positionieren. Nicht, daß ich ihn wählen würde, aber schlimmer als Merkel kann Wulff wohl auch nicht agieren.

P.S.:
Ebenfalls lesenswert zum Thema Mittelschicht ist der neue Artikel bei SPON.

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