Die Gerichte sollten eigentlich zur Wahrung von Recht und Gesetz und insbesondere auch von Grundrechten eintreten. Aus diesem Grund ist die Judikative eine der tragenden Säulen des modernen Staats mit Gewaltenteilung. Eine weitere wichtige Säule ist die Presse bzw. sind die Medien. Deshalb werden diese auch häufig als die 4. Säule betrachtet wird. Doch was ist, wenn sich Judikative und Presse diametral gegenüberstehen?
Gerade die Gerichte in Hamburg und Berlin sind bekannt dafür, daß sie häufig das Recht vorzugsweise in Richtung Persönlichkeitsrecht bzw. entgegen der Presse- und Meinungsfreiheit auslegen. Ich hatte darüber ja schon das eine oder andere mal geschrieben. Das Gericht muss natürlich in jedem Fall zwischen Presse-/Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte abwägen, aber bei der Rechtsprechung der entsprechenden Gerichte stellt sich die Frage, ob das vielleicht zu einseitig in Richtung Persönlichkeitsrechte geschieht.
Das TV-Magazin “Zapp” hatte im letzten Jahr auch einen interessanten Beitrag zu diesem Thema:
Mal von der Problematik mit dem fliegenden Gerichtsstand und der Möglichkeit abgesehen, vor mehreren Gerichten gleichzeitig Klage einzureichen, wird das damit verbundene Problem deutlich: man kann so lange und häufig klagen, bis man Erfolg hat, was teilweise zu absurden Ergebnissen führt, wie sie im Zapp-Beitrag erwähnt werden. Dadurch sehen sich kritische Berichterstatter einem unverhältnismäßig hohem Risiko ausgesetzt. Dies betrifft sowohl etwaige Gerichtsverfahren als auch die vielerorts sehr beliebten Abmahnungen, die eigentlich kostspielige und langwierige Verfahren vor Gericht ersparen sollen. Stattdessen führt das aber dazu, daß jeder dafür sorgen kann, daß Kritik oder andere unliebsame Inhalte aus dem genommen werden müssen, indem er entweder Abmahnungen verschickt oder aber im Zweifel ein Gericht finden kann, daß seinen Fall günstig beurteilen dürfte. Die Chancen für einen Abmahner stehen also relativ gut, auch vor einem Gericht Recht zu bekommen. Der kritische Abgemahnte bleibt dann auf den gesamten Kosten sitzen.
Aus diesem Grund ist auch die Meinungsfreiheit als solche bedroht, da viele Journalisten und andere Publizisten zwar nicht unbedingt mit einem Bein im Knast stehen, aber zumindest ein Kosten-Damokles-Schwert über ihren Köpfen droht, ihnen finanziell das Genick zu brechen. Denn niemand wird frei seine Meinung äußern, wenn er dafür seinen finanziellen Ruin befürchten muss, wenn er in langwierigen Gerichtsverfahren für sein Grundrecht auf Meinungsäußerung vor Gericht streiten muss.
Natürlich haben eindeutige Beleidigungen oder Verleumdungen weder im Netz noch anderswo etwas zu suchen und dafür sollte dann auch der Weg mit Abmahnungen und Gerichtsverfahren möglich sein, aber wenn ein wesentlicher Bestandteil des öffentlichen Lebens – die Presse bzw. die Medien – nicht mehr frei berichten kann, dann entsteht der Gesellschaft insgesamt gesehen ein weitaus größerer Schaden als dem Einzelnen mit seinem gekränktem Ego. Oder anders ausgedrückt: der vielfache Eingriff in die Grundrechte vieler wiegt weitaus schwerer als der Eingriff in das Grundrecht eines Einzelnen. Insbesondere dann, wenn dadurch die Grundlage unseres Staates gefährdet wird.
Dies darf nicht geschehen und die Hamburger und Berliner Gerichte täten gut daran, ihre Rechtssprechung dahingehend zu überprüfen. Vor allem auch dann, wenn andere Gerichte und Juristen gegenteiliger Auffassung sind.