Leistungsschutzrecht soll kommen

Gestern abend rauschte es nur so durch den Twitter-Wald, daß es krachte! Der Grund der Aufregung ist dieses Mal das sogenannte “Leistungsschutzrecht“, das wohl im Koalitionsvertrag der derzeitigen schwarz-gelben Regierung steht. Netzpolitik schreibt hierzu: 

Die Koalition hat am Abend verkündet, dass ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage kommen wird. Bisher gibt es dazu außer Agenturmeldungen nichts konkretes. Unklar ist momentan, ob das geplante Gesetz eine reine Lex Google-News sein wird oder aber auch massive Auswirkungen auf soziale Medien wie Blogs und damit auch auf Meinungsfreiheit haben wird. Unklar ist auch, ob wir zukünftig für dieses Zitat Geld bezahlen müssen (oder an bild.de, die sicher rein zufällig als erste die Meldung dazu hatten):

Mit diesem Vorhaben wird das bestehende Urheberrecht nochmal um eine Stufe verschärft und zementiert, denn zu befürchten ist, daß man dann für Zitate aus den Onlinemedien bereits zahlen muss. Ich sage bewußt “zu befürchten”, weil ich einerseits den genauen Text des Vorhabens noch nicht kenne, andererseits weil es ansonsten keinen Sinn machen würde, warum man ein neues Leistungsschutzrecht für die Verlage einführen möchte.

Das ganze zudem noch als Schutz des Urhebers zu verkaufen, ist natürlich auch Quatsch, da die Urheber, also die Journalisten, wohl am wenigsten direkt davon profitieren würden, sondern in aller erster Linie die Verlage, die sich über eine entsprechende Verwertungsgesellschaft verlorene Einnahmen zurückzuholen versprechen.

Was bedeutet dies im Zweifel für das Internet? Nach Meinung der Befürworter vermutlich erst einmal gar nichts. Aber man kennt das ja: die Befürworter werben damit, daß sich für den normalen Nutzer ja gar nichts ändern wird, sondern es nur darum geht, daß Nachrichten-Aggregatoren wie Google News für die Inhalte zahlen sollen. Aber die Erfahrung zeigt, daß es nicht dabei bleiben wird und sich die Verwertungsgesellschaft ihre Zielgruppe schon suchen werden. Und da sind zum Beispiel Blogger, die ja auch Urheber sind, ein dankenswertes und vor allem schröpfenswertes Opfer, da diese sich mangels eigener Rechtsabteilung nicht gegen entsprechende Forderungen gerichtlich zur Wehr setzen können. Das Resultat wird sein, daß niemand mehr sinnvoll zitieren wird, denn wo endet das Zitat und wo fängt die Kopie an? Inhalte müssten vermutlich depubliziert werden und ja, auch mein Blog wäre danach ziemlich leer.

Kurzum: eine freie Meinungsäußerung wäre dann nur noch eingeschränkt möglich, denn zur Berichterstattung und Diskussion im Netz ist es unerläßlich, daß man seine Quellen anführt, die wesentliche Teile zitiert, auf die man sich bezieht und entsprechend verlinkt. Und mit Hilfe dieser Verlinkung ist dann auch ein Leichtes für die Verlage, entsprechende Verstöße gegen das Leistungsschutzrecht aufzuspüren: sie müssen sich einfach die Referrer in ihren Logs anschauen.

Im Übrigen denke ich, daß das Thema Leistungsschutzrecht gerade zeitlich unpassend hochkocht und eigentlich erst auf die öffentliche Agenda kommen sollte, nachdem die Bundesregierung ACTA hätte unterzeichnen sollen. Wir erinnern uns: die ACTA-Befürworter haben ständig gebetsmühlenartig behauptet, daß sich ja in Deutschland nichts durch ACTA ändern würde. Die geplanten Gesetzesvorhaben wie etwa das nun zur Diskussion stehende Leistungsschutzrecht haben sie dabei aber außer Betracht gelassen. Es macht ja auch keinen Sinn, über Jahre hinweg ein Handelsabkommen zu verhandeln, was dann doch nichts ändert. Es gibt oder wird diese Änderungen durch ACTA geben, aber erst dann, wenn ACTA beschlossene Sache ist. Denn dann kann man behaupten “Aber wir müssen doch wegen ACTA….” Genauso, wie derzeit immer behauptet wird, daß wir die Vorratsdatenspeicherung brauchen, weil es “die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung” eben so vorschreibt.

Wir brauchen keine Verschärfung des Urheberrechts, sondern eine Reform! Es wird Zeit, dies anzugehen!

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