Sexistische Kackscheiße

Auch wenn es wieder Schelte wegen des reißerischen Titels geben wird, weil man sowas doch nicht schreiben kann: doch kann man! Erstens ist es quasi schon ein feststehender Begriff, ein Internet-Mem, zweitens sollte man mit der Wahrheit nicht hinterm Berg halten. Und dabei kann man als Mann eigentlich nur verlieren, wenn man eine differenziertere Meinung hat als die üblichen Protagonisten bei diesem Thema. Was ist passiert?

Nachdem Alice Schwarzer vor kurzem ihren 70. Geburtstag gefeiert hat, schwappt der neue Feminismus in immer seltsameren Auswirkungen über uns herein. Da werden zum Beispiel sogenannte Creepercards auf Kongressen verteilt und woanders tauchen diese als “Respektkarten” wieder auf. Manche Kommentare in Blogs und auf Twitter geben vor, gegen Sexismus zu sein, drehen ihn aber eigentlich nur um. So wie diese Beispiele: 

Christina König

Ich möchte nicht, das Frauen erst ein dickes Fell bekommen müssen, um in der Politik mitzuspielen. Mir tut es leid, das es bei mir so war.

Julia Schramm

Dass Männer ihre Jobs bekommen, weil sie Buddys haben ist cool. Quotenfrau sein nicht. Bis jetzt. Danke

Julia Schramm

Sexismus ist, wenn Frauen qualifiziert sein müssen, um den Job zu kriegen und Männer nur im Puff einen ausgeben brauchen.

Und all diese dämlichen Sprüche kommen von Leuten, die sexistische Kackscheiße permanent anprangern, aber wie man sieht, sind diese nicht unbedingt besser als diejenigen, die sie sonst immer anprangern. In der Konzentration innerhalb weniger Tweets war mir das dann doch zuviel Kackscheiße, um das unbeantwortet zu lassen.

  • Nicht nur Frauen brauchen in der Politik ein dickes Fell, sondern auch Männer. Der Tweet suggeriert aber, daß Männer eben kein dickes Fell bräuchten, sondern nur Frauen. Das ist natürlich totaler Quatsch. Richtig wäre also die Forderung, die Christina König stellen sollte, daß niemand ein dickes Fell brauchen sollte, um sich politisch zu engagieren. Das Problem ist, daß es in der Politik um Meinungen und Macht geht. Beides sind Sachen, wo es tendentiell zu Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten kommt. In diesem Fall sind Meinungsverschiedenheiten ja sogar gewünscht. Gerade das macht doch Politik aus. Daß da jeder möglichst sein Thema durchsetzen möchte, ist logisch. Natürlich wäre es schöner, wenn es anders wäre, aber ich hege da wenig Hoffnung, was aber nicht heißt, daß wir es nicht immerzu probieren sollten! Wir sind geradezu dazu verpflichtet, andere Meinungen anzuhören und sie mit unseren abzuwägen und dann in einem Miteinander zu einem Kompromiß zu gelangen. Aber das ist doch bitte schön unabhängig vom Geschlecht!
  • Julia Schramm suggeriert mit ihrem Tweet, daß Männer lediglich Jobs bekommen, weil sie Beziehungen haben. Auch das ist natürlich totaler Quatsch. Auch Männer müssen Leistungen erbringen. Genauso wie auch Frauen manchmal zu Jobs kommen, weil sie jemanden kennen. Auch hier gilt wieder geschlechterneutral: Frauen und Männer müssen von dem, was sie tun, Ahnung haben und beide können von Beziehungen (Vitamin B) profitieren, denn man arbeitet doch lieber mit denjenigen zusammen, mit denen man sich gut versteht. Natürlich gibt es manchmal Gelegenheit, sich mit den Kollegen außerhalb der regulären Arbeit auszutauschen, etwa Weihnachts- oder Geburtstagsfeiern, wo man dann mal zu “Buddies” werden kann. Das ist aber a) normal und b) teilweise sogar gewünscht und steht c) natürlich auch Frauen offen. Das Problem, daß Frauen vielleicht häufiger dann nicht an solchen Veranstaltungen teilnehmen, weil sie sich um Kinder und Familie kümmern, ist unbestreitbar vorhanden und sollte behoben werden. Aber genau das kritisiert Schramm ja (in diesem Tweet) nicht!
  • Daß Schramm dann sogar noch soweit geht und den Männern mehr oder weniger pauschal unterstellt, lediglich im Puff einen ausgeben zu müssen, um einen (besseren) Job zu bekommen, schlägt dem Faß den Boden aus. Mal davon abgesehen, daß ich davon ausgehe, daß sich die wenigsten Männer mit ihren Kollegen im Puff vergnügen und ich das so oder so daneben fände, bestünde ja auch für Frauen die Möglichkeit, dies ebenfalls zu tun. Aber es ist schon ein ziemlich starker Tobak, zu suggerieren, daß Männer ihren Job nur bekommen hätten, weil sie auf ner Gemeinschaftssause im Puff einen ausgegeben hätten.

Was soll das also? Natürlich wird es jetzt heißen, daß es so ja gar nicht gemeint wäre und alles sowieso doch nur polemisch übertrieben dargestellt worden sei, um das Problem zu verdeutlichen. Aber so einfach kann man es sich eben nicht machen! Ja, Frauen werden viel zu häufig im Job benachteiligt. Und ja, das muss schleunigst geändert werden! Wenn Frauen und Männer die gleiche Arbeit machen, sollen sie auch das gleiche verdienen! Wobei es dabei aber auch immer noch die Vertragsfreiheit gibt, es also auch auf das Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers mit seinem Arbeitgeber ankommt, soweit das Gehalt nicht tariflich geregelt ist.

Und ja, auch die Unterstützung für arbeitende Eltern muss besser werden! Aber nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer! Betroffen sind jedoch in der Tat häufiger Frauen von diesem Problem. Das aber hat viele Gründe und nicht nur den, daß der Mann lieber im Puff mit seinen Arbeitskollegen einen saufen geht!

Offenbar geht es solchen Feministinnen darum, nicht die Benachteiligungen abzuschaffen, sondern mit aller Macht und allen Mitteln das einzufordern, von dem sie meinen, daß es den Männern allzu einfach in den Schoß fällt. Aber damit betreiben sie die gleiche sexistische Kackscheiße, die sie zu bekämpfen versuchen, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Das aber kann doch nicht Sinn und Zweck sein! Vielmehr sollte es doch Aufgabe sein, einen gesellschaftlichen Konsens herzustellen und gemeinsam dafür zu sorgen, daß Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, egal ob Mann oder Frau, abgebaut werden!

Aber dazu müssen die Männer mitgenommen werden. Es bringt der Gesellschaft nichts, wenn der Abbau der einen Benachteiligung durch eine andere Benachteiligung erkauft wird. Seit den 80ern gab es unzählige Bestrebungen, Frauen in Männerberufe zu bringen, mehr Frauen studieren zu lassen, allgemein halt Frauen stärker zu fördern. Es gab extra Förderprogramme für Mädchen, teilweise wurde sogar mit getrenntem Chemie-, Physik- oder Matheunterricht experimentiert. Den Mädchen hat all dies enorm geholfen. Nur an die Jungen hat offenbar niemand gedacht, so daß inzwischen deutlich mehr Mädchen Abitur machen als Jungen, wie das Schulministerium in NRW zu berichten weiß: 

Seit den 80-er Jahren schließen in Deutschland mehr Mädchen als Jungen die Schule mit dem Abitur ab. Inzwischen beträgt der Anteil junger Frauen an allen Abiturientinnen und Abiturienten rund 54 %. An den Realschulen sind Mädchen und Jungen ziemlich genau zur Hälfte vertreten. Dagegen finden sich mehr Jungen als Mädchen an den Hauptschulen. An den Sonderschulen dominieren die Jungen sogar mit einem Anteil von mehr als 60 %. Diese Tendenzen nehmen weiter zu.

Darüber hinaus besuchen Mädchen nicht nur häufiger weiterführende Schulen, sondern sie sind den Jungen auch in den Durchschnittsnoten überlegen. Mädchen wiederholen insgesamt seltener als Jungen eine Klasse. Und auch bei ausländischen Jugendlichen sind die Mädchen in der Regel in der Schule erfolgreicher als Jungen.

Hier entwickelt sich also ein echtes gesellschaftliches Problem. Sich also nur über Chancenungleichheit im Beruf aufzuregen, ist lediglich eine Seite der Medaille, nämlich die, die wir heute sehen. Die andere Seite sehen wir heute noch nicht (im Berufsleben), aber sie ist nicht weniger probelmatisch.

Die richtige Forderung wäre also, Chancengleichheit für alle herzustellen und geschlechtsspezifische Benachteiligung sowohl für Frauen als auch für Männer generell abzubauen. Das ist natürlich umso schwieriger als einfach mit der Feminismuskeule um sich zu schlagen und Gleichberechtigung einzufordern. Kann man machen, bringt uns als Gesellschaft nur leider auch nicht viel weiter.

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2 thoughts on “Sexistische Kackscheiße

  1. Wenn der reißerische Titel
    Wenn der reißerische Titel nicht wäre, könnte ich dem Artikel 100%-ig zustimmen. Übrigens bin ich für “gleiche Arbeit für gleichen Lohn”.
    Frau Schwarzer braucht man nicht mehr ernst zu nehmen, seit sie Mitarbeiterin der BILD-Zeitung ist. Das spricht für sich.

  2. Eine Replik
    Da leider irgendwie Formatierung aus ist, hier das folgende Kommentar mit Formatierung, zwecks besserer Lesbarkeit: http://dreadsend.com/ij_komm.html

    —-

    Hallo ij,
    ich stimme mit deiner Argumentation und Schlussfolgerung nicht überein und möchte das versuchen im folgenden zu erklären.

    Vorneweg: Auch wenn ich mich in den letzten Monaten etwas mit der Thematik beschäftigt habe würde ich keinesfalls behaupten, dass ich “Experte” auf diesem Gebiet sei, nicht selbst aus Versehen diskriminierende Äusserungen reproduzieren würde oder die Probleme alle perfekt einschätzen könnte (schon allein deswegen, weil ich diesen aus Gründen meines Geschlechts nie selbst ausgesetzt war). Ausserdem schreibe ich im folgenden sehr verallgemeinert, was natürlich auch nicht so 100%ig richtig ist, aber ich denke zur Veranschaulichung der Problematik sei mir dies verziehen. (Nicht 100% aller Frauen verhalten sich so oder erleben das gleiche, das gleiche gilt für Männer.)

    Zunächst zitierst du einige Tweets von Feministinnen und kritisierst diese, ich möchte gerne Stellung dazu nehmen.

    Zu Christina Königs Tweet schreibst du:
    >> Nicht nur Frauen brauchen in der Politik ein dickes Fell, sondern auch Männer. Der Tweet suggeriert aber, daß Männer eben kein dickes Fell bräuchten, sondern nur Frauen. Das ist natürlich totaler Quatsch.

    Wenn man den Tweet rein auf die abstrakte “Politik” in Dtl. bezieht hast du vielleicht sogar Recht, dann wäre er aber nicht im Kontext einer feministischen Debatte zu sehen. Es geht doch meiner Meinung nach eher um das “dicke Fell”, das sich Frauen in der Politik *zusätzlich* zulegen müssen, da sie Dingen ausgesetzt sind, die Männern* so nicht widerfahren, aka. allgemein in der Gesellschaft verankerter Sexismus, aber auch speziell durch die fast reine Männerdomäne Politik verstärkter Sexismus. Ein anschauliches (und erschreckendes) Beispiel hat Frau Meiritz gerade im Spiegel (Print) dargelegt.

    >> Richtig wäre also die Forderung, die Christina König stellen sollte, daß niemand ein dickes Fell brauchen sollte, um sich politisch zu engagieren. Das Problem ist, daß es in der Politik um Meinungen und Macht geht. Beides sind Sachen, wo es tendentiell zu Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten kommt. In diesem Fall sind Meinungsverschiedenheiten ja sogar gewünscht. Gerade das macht doch Politik aus. Daß da jeder möglichst sein Thema durchsetzen möchte, ist logisch. Natürlich wäre es schöner, wenn es anders wäre, aber ich hege da wenig Hoffnung, was aber nicht heißt, daß wir es nicht immerzu probieren sollten! Wir sind geradezu dazu verpflichtet, andere Meinungen anzuhören und sie mit unseren abzuwägen und dann in einem Miteinander zu einem Kompromiß zu gelangen. Aber das ist doch bitte schön unabhängig vom Geschlecht!

    Isoliert betrachtet könnte man zu diesem Ergebnis kommen, die Argumentation lässt aber den historisch-gesellschaftlichen Kontext ausser Acht, nämlich dass Politik ein von Männern geschaffenes und auf sie angepasstes Betätigungsfeld ist. Frauen* haben dadurch, dass sie sich schon nicht gleichberechtigt in die Entstehung der “Politik” einbringen konnten, einen automatischen Nachteil. Dass es in der (deutschen) Politik vor allem darum geht, Stärke und Unnachgiebigkeit zu zeigen, hilft den alteingesessenen Männern dabei, ihre Position gegenüber anderen zu verteidigen. Die Forderung, das allgemeine politische Klima zu verbessern ist natürlich ebenfalls unterstützenswert.

    Zu Julia Schramms erstem Tweet schreibst du:
    >> Julia Schramm suggeriert mit ihrem Tweet, daß Männer lediglich Jobs bekommen, weil sie Beziehungen haben. Auch das ist natürlich totaler Quatsch. Auch Männer müssen Leistungen erbringen. Genauso wie auch Frauen manchmal zu Jobs kommen, weil sie jemanden kennen.

    Nicht ganz, sie suggeriert, dass Männer *auch* Jobs bekommen, die sie möglicherweise sonst nicht bekommen hätten. Und dass das Verhältnis dort krass Frauen benachteiligt. Um das Argument von eben nocheinmal zu verwenden: In einer Männerdominierten Welt (also plakativ z.B. Führungsetagen von Konzernen) bekommen Männer* viel eher über “Beziehungen” einen Job als Frauen. Sie möchte dort auf eine Diskrepanz (bzw. Doppelstandard) hinweisen, nämlich: Einerseits sei es okay, dass Menschen (v.a. Männer) durch Beziehungen (also nicht (nur) durch ihre Qualifikation) Jobs bekommen, Frauen aber bitteschön rein nach Qualifikation eingestellt werden sollen und sämtliche Hilfsmittel (worunter dann Quoten fallen würden, aber eben auch Beziehungen) nicht okay seien.

    >> Auch hier gilt wieder geschlechterneutral: Frauen und Männer müssen von dem, was sie tun, Ahnung haben und beide können von Beziehungen (Vitamin B) profitieren, denn man arbeitet doch lieber mit denjenigen zusammen, mit denen man sich gut versteht. Natürlich gibt es manchmal Gelegenheit, sich mit den Kollegen außerhalb der regulären Arbeit auszutauschen, etwa Weihnachts- oder Geburtstagsfeiern, wo man dann mal zu “Buddies” werden kann. Das ist aber a) normal und b) teilweise sogar gewünscht und steht c) natürlich auch Frauen offen. Das Problem, daß Frauen vielleicht häufiger dann nicht an solchen Veranstaltungen teilnehmen, weil sie sich um Kinder und Familie kümmern, ist unbestreitbar vorhanden und sollte behoben werden. Aber genau das kritisiert Schramm ja (in diesem Tweet) nicht!

    Im ersten Satz sprichst du das an, was ich eben schon schrieb: Männer* verstehen sich untereinander besser und neigen dann auch eben eher dazu sich gegenseitig zu helfen, während es höhere Hürden gibt solche Verbindungen zwischen Männern* und Frauen* aufzubauen. Im zweiten Teil reproduzierst du dann tatsächlich ein beliebtes Ressentiment gegen Frauen in der Arbeitswelt, nämlich dass sie ja mit Familie und Kindern so beschäftigt wären, dass sie nicht die gleiche Eignung für einen solchen Job hätten wie Männer (da sie nicht im gleichen Maße am essentiellen Networking teilhaben könnten), und kritisiert dass dieses Ressentiment direkt– was ja gut ist, aber das Argument dann entkräftet. Ansonsten finde ich es schwierig, Leuten vorzuwerfen, dass sie etwas kritisieren und bei dieser Kritik nicht noch etwas anderes kritisieren, man muss sich ja nun gerade auf einem beschränkten Medium wie Twitter für eine Aussage entscheiden und darauf hoffen, dass zumindest diese eindeutig rüberkommt (Was, wie wir merken, auch schon nicht ganz einfach ist).

    Zweiter Tweet, Julia Schramm, etwas polemischer:

    >> Daß Schramm dann sogar noch soweit geht und den Männern mehr oder weniger pauschal unterstellt, lediglich im Puff einen ausgeben zu müssen, um einen (besseren) Job zu bekommen, schlägt dem Faß den Boden aus. Mal davon abgesehen, daß ich davon ausgehe, daß sich die wenigsten Männer mit ihren Kollegen im Puff vergnügen und ich das so oder so daneben fände, bestünde ja auch für Frauen die Möglichkeit, dies ebenfalls zu tun. Aber es ist schon ein ziemlich starker Tobak, zu suggerieren, daß Männer ihren Job nur bekommen hätten, weil sie auf ner Gemeinschaftssause im Puff einen ausgegeben hätten.

    Dieser Tweet ist tatsächlich (meiner Ansicht nach) nur eine polemische Reproduktion des vorher schon besprochenen Argumentes, nämlich dass es für Männer total okay ist, über Beziehungen und Freundschaften (polemisch hier als “im Puff einen ausgeben” um die Dominanz des männl. Geschlechts im Bezug auf solche Jobverteilungen auszudrücken) einen Job zu bekommen, während bei Frauen haargenau darauf geachtet wird, dass sie auch wirklich nur einen Job bekomen, wenn sie dem Anforderungsprofil absolutestens (ja, hyperlativ..) entsprechen. Die Argumentation, dass Frauen ja (theoretisch) die gleichen Möglichkeiten offen ständen ignoriert dabei die manifestierte Dominanz des männlichen Geschlechts in diesen Bereichen, die es Frauen zumindest schwieriger -wenn nicht gar unmöglich- machen, sich auf die gleiche Art und Weise Vorteile zu erarbeiten.

    Im weiteren möchte ich nur noch einige Zitate kommentieren.

    Du schreibst: “Wobei es dabei aber auch immer noch die Vertragsfreiheit gibt, es also auch auf das Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers mit seinem Arbeitgeber ankommt, soweit das Gehalt nicht tariflich geregelt ist.”

    Auch hier gilt wieder: Das System der Vertragsfreiheit und der “Verhandlungen” und des dazugehörigen “Geschicks” (vielleicht eher: der Dreistigkeit und des eigenen Durchsetzungsvermögens) bevorzugt eher Männer, da es durch eben diese geschaffen wurde und Frauen damit strukturell benachteiligt.

    Weiterhin: “Und ja, auch die Unterstützung für arbeitende Eltern muss besser werden! Aber nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer! Betroffen sind jedoch in der Tat häufiger Frauen von diesem Problem.”

    Man kann natürlich allgemein über die bessere und gerechtere Förderung von Familien nachdenken, ich persönlich fände aber eine bewusste (und damit bewusst auf die Förderung eines besseren Geschlechterverhältnisses ausgerichtete) Familienpolitik sinnvoller. Dass dies nicht als einzelne Maßnahme stehen darf, ist natürlich genauso klar.

    Folgend: “Offenbar geht es solchen Feministinnen darum, nicht die Benachteiligungen abzuschaffen, sondern mit aller Macht und allen Mitteln das einzufordern, von dem sie meinen, daß es den Männern allzu einfach in den Schoß fällt.”

    Das Einfordern der gleichen Rechte und Pflichten *ist* das Beseitigen der Benachteiligungen. Nichts anderes wollen Feministen*. Ich bin dafür, den Menschen, die aktiv Diskriminierungen erfahren müssen, zuzuhören und zu versuchen konstruktiv Lösungen zu finden, wie diese Abgebaut und Bekämpft werden können. Doppelstandards, wie sie, wie oben erklärt, bezüglich der Quote (nicht okay) und “Seilschaften” (total okay) auftreten, müssen halt dringend abgeschafft werden- was bedeutet, dass Frauen die gleichen Rechte und Möglichkeiten, und das auch praktisch und nicht nur theoretisch!, wie Männer bekommen.

    Und: “Aber damit betreiben sie die gleiche sexistische Kackscheiße, die sie zu bekämpfen versuchen, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Das aber kann doch nicht Sinn und Zweck sein! Vielmehr sollte es doch Aufgabe sein, einen gesellschaftlichen Konsens herzustellen und gemeinsam dafür zu sorgen, daß Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, egal ob Mann oder Frau, abgebaut werden!”

    Du verwechselst hier anscheinend den Feminismus mit der “post-gender”-Utopie, die darauf ausgerichtet ist, alle Geschlechter gleich zu machen und damit abzuschaffen. Es gibt Unterschiede zwischen den Geschlechtern und diese sollten beachtet werden und diese sind sogar in vielerlei Hinsicht förderlich (bezüglich einer diversifizierten Unternehmenskultur beispielsweise). Zudem: Das Aufzeigen von Sexismus ist kein Sexismus sondern lediglich das Berechtigte Kritisieren und Anprangern eines ungerechten Zustandes. Im letzten Satz machst du einen für mich fatalen Fehler: Du schreibst von “Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, egal ob Mann oder Frau”. Fakt ist: Männer werden de facto in der Gesellschaft, die sie sich selbst geschaffen haben, nicht oder nur extrem unwesentlich benachteiligt. Die Diskriminierung von Frauen in unserer Gesellschaft mit einer (nicht näher beschriebenen) angeblichen Diskriminierung von Männern gleichzustellen halte ich für höchst problematisch. Dabei ein entscheidendes Merkmal: Diskriminierung erfolgt immer von oben nach unten. Das männliche Geschlecht dominiert und dort ergibt sie die Möglichkeit zur Diskriminierung von Frauen anhand von Vorurteilen, Ressentiments, etc. In die andere Richtung funktioniert dies nicht. (Es gibt eine einfache Formel: Diskriminierung = Vorurteil + Macht)

    Danach folgt ein kurzer Ausschnitt, der betont, dass Mädchen in Schulen inzwischen durchschnittlich besser abschneiden als Jungen, die Schlussfolgerung ist hingegen etwas komisch: Nämlich dass Jungen diskriminiert und aus dem Berufsleben gedrängt werden und dies ein genauso großes Problem sei.

    Zunächst wundere ich mich, warum die viel offensichtlichere Schlussfolgerung nicht erwähnt wird: Nämlich die extrem offensichtliche große Diskrepanz zwischen eine Mehrheit an Frauen die dann auch die Uni mit Abschluss verlassen und der immer noch krass vorhandenen Mehrheit an Männern, die im Berufsleben auf den entsprechenden Stellen tätig sind. Ja, warum wird immer noch die Mehrheit der Berusanfänger in höher qualifizierten Positionen von Männern gestellt, wo diese doch schon in der Ausbildung in der Minderheit sind? Es zählt eben doch ganz offensichtlich nicht *nur* die eigene Qualifikation für den jeweiligen Job. Genau diese Diskrepanz prangern Feministen* an und möchten dies ändern.
    Hingegen: Ich kann nicht erkennen, dass Feministen* etwas für sich in Anspruch nehmen wollen, das nicht auch Männern* gegeben ist. Stattdessen ist das “Jungen werden inzwischen aktiv benachteiligt”-Argument ein sehr beliebtes von Maskulisten bzw. Antifeministen, die leider gerade im deutschsprachigen Raum ihre Thesen sehr gut platzieren und verbreiten können (darunter auch auf anerkannten Medien wie der FAZ, Zeit, Welt etc.).
    Ich finde, dass man den so gewachsenen Verhältnissen, die eine wirkliche Gleichstellung (nicht nur Gleichberechtigung) verhindern, aktiv etwas entgegensetzen muss um die bisher Unterdrückten zu stärken, und dort gibt es eben Mittel wie aktive Förderung von Mädchen in Schulen, Quoten für Berufseinsteiger* etc. Wenn man die Gesellschaft so geändert hat, dass diese Mittel nicht mehr notwendig sind um Gleichstellung zu erreichen werden sie überflüssig, aber bis dahin ist es meiner Meinung und der der Feministen* nach noch ein weiter Weg.

    Gruß,
    Johannes

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