Griechenland-Krise mutiert zur Banken-Krise

Vermutlich kommt diese Erkenntnis nun für all die Politiker überraschend, aber Kanzlerin Merkel hat gestern festgestellt, daß wir eine Bankenkrise haben, nicht nur eine Krise, die Griechenland betrifft. Spiegel vermeldet

Mit staatlichem Kapital sollen die großen europäischen Banken gestützt werden – das hatten am Dienstag bereits die EU-Finanzminister besprochen. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschloss auf ihrer Zinssitzung an diesem Donnerstag, bedrohten Instituten mit gewaltigen Geldbeträgen zu helfen. Zentralbankchef Jean-Claude Trichet mahnte die europäischen Regierungen eindringlich, für eine ausreichende Kapitalisierung ihrer Banken zu sorgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) positioniert sich inzwischen ebenfalls klar auf dieser Linie. Am Mittwoch verkündete sie gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ihre Bereitschaft zur Bankenrettung. Nach einem Treffen mit den Chefs der wichtigsten internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen bekräftigte sie ihre Position an diesem Donnerstag erneut: Sollten Banken dringend Geld benötigen, dann sollten die europäischen Staaten mit Finanzhilfen "nicht zögern", denn es wäre "vernünftig investiertes Geld".

Total überraschend und unerwartet also. Erst werden also Unsummen von Euro nach Griechenland verschoben, weil es ja eine Insolvenz Griechenlands politisch nicht geben darf, dann, wenn das eh unvermeidliche nicht mehr zu vermeiden ist, müssen auch noch die Banken gerettet werden, denen man das Geld ja sowieso schon über den Umweg Griechenland in den Rachen geworfen hat. Und daß die Chefs der Finanzinstitutionen, also der Banken, solche Hilfen dann als "vernünftig investiertes Geld" betrachten, verwundert nach dem bereits erfolgreich durchgeführtem Konzept nach der Lehman-Krise ja auch niemanden mehr.

Der Spiegel-Artikel läßt dann aber auch noch die Gegenposition zu Wort kommen: 

Trotzdem halten die Ökonomen es für günstiger, den Banken frisches Kapital zuzuschießen, als immer neue Rettungspakete für die überschuldeten Staaten zu schnüren. Vor allem, weil die Steuerzahler Aktien als Gegenwert für ihr Geld bekämen und die Krisenkosten nicht alleine tragen müssten.

"Wenn die Rekapitalisierung zum Marktpreis durchgeführt wird, also zum jeweils aktuellen Aktienkurs, werden die Verluste des erwarteten Schuldenschnitts von den Alt-Aktionären getragen", sagt Harald Hau, der Finanzwissenschaften an der Universität Genf und am Swiss Finance Institute lehrt. "Den Steuerzahler kostet das erst mal gar nichts, weil er ja im Gegenzug eine werthaltige Unternehmensbeteiligung bekommt."

Einzige Ausnahme: Wenn die Verluste der Banken so hoch werden, dass ihr Eigenkapital komplett aufgezehrt und negativ wird, müssten die Steuerzahler das Kapital erst einmal auf null ausgleichen. "Das ist dann ein tatsächlicher Verlust, da kommt man nicht drum herum", sagt Hau.

Im Prinzip also das, was man schon seit längerem absehen konnte: Schuldenschnitt, also die Pleite Griechenlands, wodurch ein Teil der Schulden faktisch erlassen würden (oder anders ausgedrückt, die Banken darauf sitzen bleiben) ist unausweichlich. Die Banken, Investoren und sonstige gierigen Raffzähne müßten dann ein Teil ihres Geldes abschreiben und Verluste verkraften. Das ist halt das unternehmerische Risiko. Wer hoch pokert, kann halt alles verlieren. That’s the name of the game.

Banken, die dabei in Not geraten sollten dann gerettet werden, so die zitierten Öokonomen. Ich bin da allerdings durchaus geteilter Meinung. Wenn man diesen Banken dann wieder einen Rettungsschirm zuwirft, werden die wieder nichts daraus lernen, da sie ja wieder weich fallen. Vielleicht ist es dann ratsam, nicht die Banken mit Steuergeldern zu stützen, sondern die Anleger in einer Höhe von, sagen wir mal, 500.000 Euro zu entschädigen. Alles was darüber liegt, ist halt futsch. Aber wer noch 500.000 Euro hat, ist sicherlich nicht genötigt, am Hungertuch zu nagen. Das Signal der Politik an die Finanzbranche wäre jedoch hingegen eindeutig: wenn ihr euch verzockt, müßt ihr auch das Risiko und die Verluste tragen und notfalls halt pleitegehen. Der normale Steuerzahler hingegen wäre abgesichert.

Wie auch immer: auch diese Krise zeigt wieder, wie sehr der Finanzsektor außer Kontrolle geraten ist. Bereits nach Lehman sollte es entsprechende Regulierungen geben. Passiert ist wieder einmal gar nichts. Deshalb bleibt zu hoffen, daß sich die Proteste um #occupywallstreet ausweiten und sich bald nicht mehr nur auf New York und andere Städte beschränken, sondern es endlich weltweit zu einer Bewegung kommt, die dazu führt, daß der Turbokapitalismus in seine Schranken verwiesen oder gar ganz abgeschafft wird. Kapitalismus ja, aber sozial.

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