Polizisten kommen glimpflich davon

Eigentlich wollte ich als Titel "Polizisten kommen mit blauem Auge davon" schreiben, aber das würde so nicht stimmen, denn wenn einer ein blaues Auge bekommen hat, dann ist es nicht nur der Demonstrant im blauen T-Shirt von der "Freiheit statt Angst" Demo 2009, sondern auch das Vertrauen in unseren Rechtsstaat.

Denn wie zum Beispiel die TAZ berichtet, zieht sich der Prozeß gegen die beiden Polizisten hin, die den Mann im blauen T-Shirt bzw. mit dem Fahrrad grundlos verprügelt haben, wie man auf den zahlreichen Videos sehen kann. Und außerdem wird die Sache wohl mit einem Strafbefehl eingestellt: 

In zwei Wochen wollen Datenschützer wieder auf die Straße gehen: gegen Überwachung, gegen "Datensammelwut", für "Freiheit statt Angst". Vor zwei Jahren, im September 2009, wurde ihre Demo von einem Vorfall überschattet, dessen juristische Aufarbeitung nun vor dem Abschluss steht: Die Schläge zweier Polizisten gegen einen Radfahrer sollen aller Voraussicht nach mit Strafbefehlen geahndet werden, ohne öffentlichen Prozess.

Die beiden Polizisten hatten Oliver H., blaues Shirt, sein Fahrrad schiebend, damals am Rande des Aufzugs festgenommen. Angeblich, weil er Polizeimaßnahmen gestört habe. Videos von Augenzeugen zeigen dagegen, wie H. einen Polizisten nach seiner Dienstnummer fragt und von einem Beamten plötzlich nach hinten gezerrt wird. Ein zweiter Polizist schlägt dem 37-Jährigen mit der Faust ins Gesicht. Die im Internet verbreiteten Bilder sorgten für Empörung.

Hautabschürfungen, Schwellungen und eine vom Kiefer abgerissene Oberlippe, stellen Ärzte später fest. Laut seinem Anwalt Johannes Eisenberg ist H.s unteres Gesichtsfeld bis heute taub, der Mann sei traumatisiert.

Die Beweislage ist aufgrund der zahlreichen Videos und Bilder sonnenklar und daran gibt es gar nichts herumzudeuten, aber dennoch soll die Sache möglichst still und heimlich und viel Aufhebens unter den Tisch gekehrt werden. Statt einer öffentlichen Verhandlung soll das ganze nun mit einem vereinfachten Strafbefehl abgeschlossen werden. Wie offenbar so häufig, wenn Polizisten angeklagt sind.

Für die Demokratie an sich ist es wichtig, daß die Bevölkerung der vollziehenden Gewalt, also der Polizei, vertrauen kann. Dieses Vertrauen wird aber dadurch beschädigt, daß Polizisten, die ihre Machtbefugnisse mißbrauchen, nicht zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden. Außerdem kommt der Sache aufgrund der bisherigen großen öffentlichen Beachtung auch ein entsprechendes öffentliches Interesse zu. Deshalb muss der Prozeß gegen die Polizisten öffentlich verhandelt werden: 

"Der Fall trägt Züge der Strafvereitelung zu Gunsten der Schläger", kritisiert Eisenberg scharf. Zwar sei die Verteidiger-Offerte ein Schuldeingeständnis. "Wir reden aber von einer vorsätzlichen, gemeinschaftlichen Tat, die für das Opfer schwerwiegendste Folgen hatte." Dies verdiene mehr als eine Geldstrafe. "Die Polizisten haben ihr Gewaltmonopol missbraucht und gehören nicht in den Polizeidienst."

Am 10. September findet die diesjährige "Freiheit statt Angst" Demo statt, bei der sich die Polizei hoffentlich genauso friedlich und zurückhaltend verhalten wird wie die Demonstranten. Sollte es aber wieder zu Übergriffen der Polizei kommen, wird man im übrigen feststellen können, ob die Zusage des Polizeipräsidenten Glietsch zur Kennzeichnungspflicht von Polizisten bereits flächendeckend umgesetzt wurde.

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