Fischen am rechten Rand?

Seit den Ausschreitungen 1992 in Lichtenhagen lastet Rostock das Stigma an, eine Hochburg von Rechtsradikalen und Neonazis zu sein. Nicht ganz zu Unrecht, wenn gleich es auch nicht so ist, daß man ständig auf solche Idioten trifft. Aber es kommt durchaus vor und ab und zu kann man auch eindeutige Schmierereien sehen. Lichtenhagen ist übrigens der benachbarte Stadtteil von Lütten-Klein, wo es ein großes Einkaufszentrum gibt. Dort staunte ich allerdings nicht schlecht, als ich folgendes dort Ende Januar sah: 

Die Wochenzeitung Junge Freiheit versteht sich als konservative Zeitung, wird aber von vielen auch als "Brückenkopf" zum rechtsextremen Spektrum angesehen. In unmittelbarer Nachbarschaft fand sich die Jüdische Zeitung. Die Zusammenstellung fand ich unter Berücksichtigung der Vorfälle von 1992 im benachbarten Stadtteil Lichtenhagen dann doch etwas gewagt, auch wenn ich mich durchaus für freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit einsetze. Also nahm ich via Kontakformular auf der Webseite des Supermarkts Kontakt auf und habe nachgefragt, ob es dem Markt bewußt sei, welche – in meinen Augen – gewagte Zusammenstellung da im Zeitungsständer ist? Es dauerte nicht lange, bis ich Nachricht bekam, daß die Anfrage an die Konzernmutter in Kiel weitergeleitet wurde. Ein paar Wochen später bekam ich dann einen Anruf aus Kiel von einer durchaus netten Frau, die sich für den Hinweis bedankte und ankündigte, daß die Zusammenstellung der Zeitungen geändert und die Junge Freiheit aus dem Sortiment entfernt werden würde. Dem Unternehmen war die Sachlage nicht bekannt und die Mitarbeiterin musste sich auch erst im Netz zum Thema Junge Freiheit informieren. Die Zeitungsauslagen würden allerdings von Subunternehmern bestückt, aber man werde darauf drängen, daß diese Zeitung dort nicht mehr angeboten wird und die Junge Freiheit zudem auf den firmeninternen Index setzen. Auf meine Nachfrage, ob ich denn auch etwas Schriftliches zum Erwähnen im Blog bekommen würde, hieß es, daß diese Stellungnahme von der Geschäftsleitung abgesegnet werden müsse. Bisher warte ich auf diese Stellungnahme noch immer, weshalb ich noch keine namentliche Nennung des Unternehmens hier mache, obwohl ich das Verhalten löblich finde.
Nochmal: auch wenn ich die Junge Freiheit grenzwertig als Zeitung finde, befürworte ich grundsätzlich aufgrund der Meinungs- und Pressefreiheit deren Existenz. Allerdings habe ich meine Bedenken, daß mit der Verfügbarkeit dieser Zeitung in Lütten-Klein dem Rechtsradikalismus Vorschub geleistet werden könnte.

Über ein anderes Thema bin ich auch zufällig gestolpert, als ich mal wieder die "Föhrer"-Folgen von Zapp vom NDR geschaut habe. Am Ende der Folge kam dann die Empfehlung für andere Videos, u.a. auch zum Thema "MV Regio: Rechte Interessen im Netz" (Youtube Video). Dort berichtet Zapp über das Regionalportal MV Regio, das nach Darstellung von Zapp, als Türöffner für rechte Themen fungiert. Also ähnlich wie die Junge Freiheit im Zeitungsbereich:

Ganz normale Nachrichten: ein Tag der Offenen Tür in Schwerin, Richtfest in Rostock und Verkehrsmeldungen aus Mecklenburg-Vorpommern. All dies findet sich auf dem Portal für die Nachbarschaft: "MV Regio". Wer allerdings genauer hinschaut, findet noch mehr: Pressemitteilungen der NPD, unkommentiert. Und MV Regio stellt sich auch in redaktionellen Beiträgen erstaunlich oft auf die Seite der Partei. So darf die NPD im April vergangenen Jahres auf MV Regio die Eröffnung eines neuen Bürgerbüros feiern. Und Anfang März beklagt MV Regio, dass die Polizei eine Faschingsfeier der NDP verhindert habe. Und kommentiert, "manchmal mutet die Handhabung der Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern dem Bürger schon einiges zu". Demokratiekritik und Touristen-Tipps auf der MV-Regio-Seite.

Das Portal MV Regio dementiert natürlich umgehend den Zapp-Bericht: 

Die Vorwürfe, die in dem Bericht erhoben wurden, sind haltlos, aufgrund von Falschdarstellungen und Halbwahrheiten.
Die NDR-Redaktion «ZAPP»  versuchte den Eindruck zu erwecken, MVregio würde nur unkommentiert Pressemitteilungen der NPD veröffentlichen.
Richtig ist, wie MVregio auf Anfrage von «ZAPP»  in einer E-Mail vom 10.03.2011 erklärte:
„Wir veröffentlichen von allen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertretenen Parteien unkommentiert Pressemeldungen. Zu diesen Parteien gehört auch die NPD in Mecklenburg-Vorpommern.“
Die NDR-Redaktion ZAPP versuchte den Eindruck zu erwecken, MVregio habe Kosten angeblich verlorener Gerichtsverfahren nicht gezahlt. Das ist falsch!
Richtig ist, dass es ein Unterlassungsbegehren seitens des NDR-Journalisten Patrick Gensing zu seiner eigenen Person gegen MVregio gegeben hat. Während im NDR-Magazin ZAPP erklärt wurde, Herr Gensing hätte das Verfahren gewonnen und MVregio würde nicht zahlen, ist das Verfahren noch gar nicht rechtlich abgeschlossen.

Die vollständige Gegendarstellung von MV Regio kann ja jeder selber unter dem angegebenen Link nachlesen, ebenso wie jeder den Zapp-Bericht sich anschauen kann. Und jeder darf und sollte sich sogar zu den Vorwürfen und den Rechtfertigungen seine eigene Meinung bilden.

Wenn mich jedoch jemand mal nach meiner persönlichen Meinung fragt: ich habe auch schon so meine Erfahrungen mit MV Regio gesammelt und stehe dem "Nachrichtenportal" skeptisch gegenüber. MV Regio ist immer recht schnell mit ihrer "Rechtsabteilung" dabei, wenn unliebsame Berichte im Netz über das Portal auftauchen. Vermutlich bekomme ich auch wieder in den nächsten Tagen Mails von MV Regio, obwohl ich beide Seiten zu Wort kommen lasse bzw. zitiere und ansonsten nur meine persönliche Meinung hier kundtu.

Aber da MV Regio ja immer beteuert, unparteiisch zu sein, werden mir die Damen und Herren von MV Regio wie auch die Damen und Herren von der Jungen Freiheit beipflichten, daß rechtsradikales Gedankengut nichts in einem Staat mit freiheitlich demokratischer Grundordnung zu suchen hat und die kulturelle Vielfalt eine Bereicherung für die Bevölkerung darstellt!

Wie wichtig es ist, nicht am rechten Rand zu fischen, zeigt übrigens die Landtagswahl von Sachsen-Anhalt, bei der die NPD nur knapp den Einzug in den Landtag verpaßt hat. Gut so! Hoffentlich hat der Spuk im Schweriner Schloß auch im Herbst sein Ende! 

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5 thoughts on “Fischen am rechten Rand?

  1. Lest nicht MVregio!
    Lest nicht MVregio! Boykottaufruf des NDR in ZAPP

    Gründlicher konnte die ZAPP Redaktion nicht daneben liegen und qualitativ ist dieser Beitrag mit Boykottaufruf kaum noch zu unterbieten.

    Patrick Gensing und die ehemalige Stasi-Mitarbeiterin Antetta Kahane sind in ihrem Kampf gegen Rechts, dem sie sich verschrieben haben, offenkundig maßlos.

    Kollateralschäden einer unreflektierten und oberflächlichlichen, teils falschen Berichterstattung nehmen sie im Kampf gegen Rechts in Kauf. Wer nicht mit uns ist im Kampf gegen Rechts, ist gegen uns. Pardon wird nicht gegeben.

    Journalistenkollegen, die, wie Herr Patrick Gensing meint, “Schäden anrichten”, will Gensing “hier nicht haben”; die müssen im “heiligen Kampf gegen Rechts”, dem sich Gensing und Kahane offenbar verschrieben haben, durch Boykottaufruf (in ihrer wirtschaftlichen Existenz) vernichtet werden.

    Es ist zu bedauern, dass die ZAPP Redaktion sich hier hat einfangen lassen und sich zum Büttel zweier verblendeter Berufsideologen hat machen lassen. Das ist kein Qualitätsjournalismus.

    Was ist, wenn MVregio eine, wie von Gensing und Kahane behauptet und vom NDR unreflektiert verbreitet, ideologische “Nähe” zum rechtsradikalen Spektrum gar nicht hat, sondern einfach nur unabhängig und frei im besten Sinne ist und – im Gegensatz zu Gensing und Kahane – keinen “Volkserziehungsauftrag” erfüllen will, sondern sich einfach allein der uneingeschränkten Informationsfreiheit verpflichtet fühlt? Hat die Readaktion hierüber wenigstens einmal nachgedacht?

    1. Liebe “Sabine” aus
      Liebe “Sabine” aus Bützow!

      Sehr netter Whitewashing-Artikel. Und schoen im Duktus anderer Kommentare pro-MVRegio. Ich hab ihn trotzdem mal freigeschaltet, obwohl Wortwahl und Fehler eindeutig zu sein scheinen. Sich dann hinter einem Pseudonym zu verstecken und nicht klipp und klar zu sagen, dass man von MV Regio ist, ist schon unterste Schublade.

  2. Immerhin hat
    Immerhin hat windfluechter.net es geschafft, auch die Sichtweise von MVregio darzustellen. Im Ansatz eine ordentliche Berichterstattung. Herzlichen Glückwunsch dafür Kollege Jürgensmann!
    Noch ein kurzes Wort zu dem angeblichen «Whitewashing-Artikel» von Sabine. Nur weil Sabine eine andere Meinung hat, sollte man sie dafür nicht verurteilen. Blogs sind dazu da, die Meinungen vieler darzustellen.

    Klaus Böhme MVregio

    1. Primaer ist ein Blog, um die
      Primaer ist ein Blog, um die Meinung der Autoren zu veroeffentlichen. Sekundaer freut man sich auch ueber Kommentare und bietet so den Moeglichkeit zum Austausch. Deshalb hab ich den Kommentar von “Sabine” ja auch zugelassen.

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