Friedliche Proteste schlagen um in Gewalt

Damit war eigentlich früher oder später zu rechnen. Gestern morgen noch habe ich die friedlichen Proteste gelobt, aber schon nachmittags gab es die ersten gewalttätigen Zwischenfälle zwischen Mubarak-Befürwortern und -Gegner. Wobei allerdings die Gewalt von den Befürwortern auszugehen scheint. Angeblich sollen die Befürworter mit Bussen herangekarrt und dafür bezahlt worden sein. Zudem soll es sich wohl um Mitglieder der Regierungspartei NDP gehandelt haben. Leider finde ich jetzt die Quelle hierfür nicht mehr.

Spiegel berichtet aber dafür wie es zu den Gefängnisausbrüchen vor ein paar Tagen gekommen ist: 

Es war am vergangenen Sonntagmorgen, als Hisham, der zurzeit eine dreijährige Haftstrafe in einem Wüstengefängnis zwischen Kairo und Alexandria absitzt, Besuch bekam. Um vier Uhr morgens hielt ein Laster vor dem Gebäude. Zehn vermummte Männer mit Maschinenpistolen im Anschlag stürmten in den Schlafsaal, in dem Hisham sich aufhielt. "Alle raus!" schrien sie, "Sonst erschießen wir euch!" In Sekundenschnelle hasteten die Häftlinge in die Nacht, sie sahen, wie ein Hubschrauber über dem Gefängnis kreiste, sie hörten, wie Schüsse fielen. Stundenlang lief Hisham in Sträflingskleidung durch die Ödnis, bis er irgendwann eine Kleinstadt erreichte, Chatatba am westlichen Nilufer.

Wer sich vielleicht gewundert hatte, wie plötzlich so viele Häftlinge aus zahlreichen Haftanstalten während der friedlichen Proteste entfliehen konnten, findet nun eine gute Erklärung dafür: sie wurden vom Regime freigelassen, um Angst zu schüren, für Unsicherheit zu sorgen und somit den Ruf nach einem starken Regime zu entfachen, das diese "entflohenen" Häftlinge wieder hinter Schloß und Riegel bringt.

Ich finde, das passt irgendwie zusammen. Auch mit den Ausschreitungen der Pro-Mubarak Demonstranten. Denn wie können bitte schön mehrere bewaffnete Demonstranten auf Pferden und Kamelen bis zum Tahrir-Platz vordringen, wenn das Regime das nicht gewollt bzw. zugelassen hat?

Daß damit Mubarak die Verantwortung für die gewalttätige Eskalation der Proteste trägt ist ebenso klar. Deshalb sollte er besser heute als morgen zurücktreten. Leider scheint das westliche Ausland aber noch nicht genügend Druck auf Mubarak auszuüben, so daß dieser immer noch an seiner Macht festhält und die Proteste wohl ebenso blutig weitergehen werden, wie sie sich gestern entwickelt haben.

P.S.: 
Eigentlich sollte der Artikel schon am Morgen erscheinen, aber aus irgendeinem Grunde habe ich wohl vergessen auf "Save" zu klicken. Außerdem kam kurz in den Nachrichten, daß die USA doch stärkeren Druck auf Mubarak ausüben. Zudem haben sich leider die Gewalttätigkeiten auch über den Tag weiter gehalten. Bleibt nur zu hoffen, daß das Regime möglichst noch heute nacht fällt und der Weg für eine richtige Demokratie freigemacht wird. Für den morgigen Freitag sind ja schon wieder große Proteste angekündigt.

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