Infowar #1 – USA vs. Wikileaks

Die Ereignisse überschlagen sich quasi in Sachen Wikileaks. Nachdem ich ja schon gestern berichtet habe, daß schwere Zeiten für Wikileaks angebrochen sind, weil sie von Amazon aus deren Cloud verbannt wurden, hieß es gestern abend bereits, daß EveryDNS die Domain wikileaks.org abgeschaltet hätte. Wikileaks sammelte daraufhin unter anderem Spenden, um weiterhin den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Heute morgen dann die nächste Meldung: PayPal sperrt Wikileaks das Konto.

All dies bleibt natürlich nicht unbeachtet im Netz. Nachdem Wikileaks aus der Cloud verbannt und die Domain abgeschaltet war, tauchten Listen mit IP Adressen und mit Mirror-Sites im Netz auf. Wikileaks ist nun zwar nicht mehr via wikileaks.org zu erreichen, aber über wikileaks.ch, wikileaks.de oder auch wikileaks.piratenpartei.de. Mit anderen Worten: das Netz wehrt sich dagegen, daß die amerikanische Regierung Wikileaks aus dem Netz bekommen will.

Oder um es mit den Worten von John Perry Barlow, der u.a. die Unabhängigkeitserklärung des Cyberspaces verfasst und die Electronic Frontier Foundation (EFF) gegründet hat, zu sagen

The first serious infowar is now engaged. The field of battle is WikiLeaks. You are the troops. #WikiLeaks

Auch der deutsche Internetveteran Ossi Urchs ist der gleichen Meinung wie Barlow: 

Um es noch einmal klar zu stellen: Bei der Hexenjagd nach Julian Assange und der amerikanischen Kampagne gegen Wikileaks geht es weder um Vergewaltigung, noch um Spionage und Geheimnisverrat. Es geht darum von der amerikanische Außenpolitik, die durch die Veröffentlichung der Botschafts-Dokumente nachhaltig diskreditiert sein dürfte, abzulenken: Statt Hilary Clinton und ihren Botschaftern, soll Julian Assange an den Pranger gestellt werden.

Und in der Tat scheint es so zu sein, daß die amerikanische Regierung Druck auf die entsprechenden Betreiber der Dienste, auf die Wikileaks zurückgreift, ausübt, um damit die Whistleblower-Seite mundtot zu machen. Nur dürfte das äußerst schwierig werden, da es sich bereits mehr als einmal bewahrheitet hat, daß solche Bestrebungen im Internet eher den gegenteiligen Effekt haben (Streisand-Effekt).

Zumindest bekommt Wikileaks nun noch sehr viel mehr Aufmerksamkeit als ohnehin schon. Rund um die Welt berichten nicht nur Blogs über diesen Zensurversuch der Amerikaner, sondern auch solche Schwergewichte wie die Time, die Washington Post oder der deutsche Spiegel. Spiegel Online schreibt zum Beispiel: 

"PayPal hat uns mitgeteilt, dass wir die Nutzungsbedingungen in Hinsicht auf finanzielle Unterstützung von WikiLeaks verletzen, und hat unseren Zugang gesperrt", twitterte die Wau-Holland-Stiftung am Samstagvormittag. Nach Informationen des Magazins "Focus" waren in kürzester Zeit nach Veröffentlichung der US-Diplomatendossiers 15.000 Euro von Sympathisanten aus aller Welt bei der Stiftung eingegangen.

Das kann sicherlich kein Zufall sein, daß ausgerechnet jetzt PayPal, Amazon und EveryDNS entdecken, was Wikileaks da hosted. Bislang haben sie aber keine Notwendigkeit gesehen einzuschreiten. Aber nicht nur die Amerikaner versuchen Wikileaks aus dem Netz zu bekommen, sondern auch die französische Regierung, wie Spiegel weiter schreibt: 

Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sucht auch die französische Regierung derzeit nach Wegen, WikiLeaks aus dem eigenen Land zu vertreiben. Industrieminister Eric Besson habe an Ministerialbeamte einen Brief geschrieben, in dem unter anderem folgende Aufforderung zu lesen sei: "Ich bitte Sie, mir so bald wie möglich mitzuteilen, welche Handlungsmöglichkeiten wir haben, damit diese Internetseite nicht mehr in Frankreich gehostet wird."

Das Unterfangen dürfte freilich schwierig werden, da immer irgendwelche Seiten den Inhalt von Wikileaks anbieten werden. Aber es ist schon erstaunlich, wieviel Energie die Regierungen investieren, um Wikileaks mundtot zu machen. Würden sie nur einen kleinen Teil davon investieren, um Kinderpornografie aus dem Netz zu bekommen, hätten wir vermutlich kein ZugErschwG bekommen.

Aber zurück zum Thema: Wer Wikileaks unterstützen will, kann das gerne machen. Entweder indem er ebenfalls einen Mirror der Seite betreibt oder aber Geld spendet. Die Wau-Holland-Stiftung nimmt gerne Spenden entgegen, um Wikileaks zu unterstützen. Oder auch indem ihr daürber bloggt und andere informiert. Je mehr Öffentlichkeit das Thema und das Vorgehen der USA gegen Wikileaks bekommt, desto eher werden die Bemühungen scheitern. Gewinnen können die USA jedenfalls nicht.

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