Podcast-Tip: CRE124 – Kampf gegen Zensursula

Über die Piratenpartei wurde ja schon so einiges geschrieben: über ihren Ursprung, ihre Ziele und ihre Aktionen.
Die Piratenpartei tritt für mehr informationelle Selbstbestimmung an, für mehr Transparenz sowie für eine Reform des Patentrechts und des Urheberrechts. Oder kurzum: die Piraten sind quasi die Internet-Partei, um es mal so plakativ auszudrücken. Gerade in Zeiten von Vorratsdatenspeicherung, Kennzeichenscreening, biometrischen Ausweisen, Internetsperren und was es sonst noch so alles an wirren Ideen aus der Politik in den letzten Jahren gab, ist es nun wirklich an der Zeit, daß eine Partei die Interessen der Generation Internet vertritt.

Die Piraten werden zum ersten Mal nun zur Europawahl antreten und haben durchaus gute Chancen bei der Wahl. Die schwedischen Piraten sind wohl schon drittstärkste Partei dort. Für die deutschen Piraten ist der Weg allerdings noch weit bis dahin, auch wenn die Partei derzeit einen guten Zulauf hat. Doch die Piraten spalten durchaus auch die Netzgemeinde ein bißchen. Während Isotopp unter dem Motto “Mitzeichner zu Mitgliedern” dazu aufruft, nicht nur die Internerpetition mitzuzeichnen, sondern auch politisch aktiv (bei den Piraten) zu werden, während Toje so seine Probleme mit der Piratenpartei hat.

Während Isotopp berechtigterweise dazu auffordert, sich politisch in der Piratenpartei zu engagieren, weil er sich von den derzeitigen Parteien nicht repräsentiert sieht, vertritt Toje die Auffassung, daß das Netz in seinem Leben zwar eine Bedeutung für ihn hat, aber eben auch nur ein Teil der realen Welt ist, in der er lebt. Zudem sieht er die Piratenpartei als thematisch begrenzte Splitterpartei und erwägt deshalb schon nicht den Beitritt.

Beide Meinungen sind durchaus richtig und verständlich. Zum einen finde ich auch, wie Isotopp, daß die Zeit für die bisher eher politisch desinteressierten bzw. eher neutralen Netizens vorbei ist: das Netz ist inzwischen viel zu wichtig und in viel zu großer Gefahr, als daß man sich einfach unbekümmert zurücklehnen kann.
Zum anderen sehe ich es auch ein bißchen wie Toje, daß die Piratenpartei nicht unbedingt der Weisheit bester Schluß ist. Zum einen sind die Erfolgsaussichten eher gering. Allein schon aufgrund des Namens hat die Partei ein Akzeptanzproblem außerhalb der Gruppe von Geeks, Nerds und “Hackern”. Da mag die Partei noch so sehr anderer Meinung sein, aber das Wort “Pirat” ist nun nicht unbedingt positiv besetzt. Ähnlich wie das Wort “Hacker”. Zu meiner Zeit waren “Hacker” die bösen Leute, die in fremde Computer eingedrungen sind, und “Cracker” waren diejenigen, die die Kopierschutzmechanismen umgangen und für die Verbreitung von Raubkopien gesorgt haben. Heutige “Hacker” haben da ein anderes Selbstverständnis von diesem Begriff. Nunja. Aber so ähnlich ist es halt auch beim Begriff des “Piraten”. In der allgemeinen Bevölkerung sind die Piraten gerade relativ aktuell im Gedächtnis als die bösen Leute, die vor der somalischen Küste Schiffe entführen und Lösegeld erpressen. Der gemeine Michel wird sicherlich nicht “solche Leute” wählen wollen. Typisches Akzeptanzproblem aufgrund des Namens.

Zum anderen ist die Piratenpartei zwar anfänglich angetreten, um für allerlei gute Sachen rund um das Netz zu kämpfen (s.o), aber wenn man sich mal auf der Mailingliste anmeldet und sowohl dann die Mails als auch das Wiki liest, erkennt man, daß die Piratenpartei sich um ein breiteres Spektrum der politischen Themen bemüht. Leider geschieht das aber meiner Meinung nach sehr chaotisch und mit Hilfe abstruser Ideen. So wird derzeit gefordert, das Wahlrecht ab Geburt einzuführen, oder aber die Umweltzonen wegen Sinnlosigkeit abzuschaffen, da die Besitzer älterer Kraftfahrzeuge quasi dadurch “enteignet” werden würden.
Das alles macht auf mich den Eindruck, daß viele Leute einfach der Partei beitreten (oder sich dafür engagieren), aber dann nur wirres Zeug brabbeln. Teilweise nach dem Motto “je radikaler, desto besser!” Das ist aber falsch. Politik ist nunmal eine Sache von Akzeptanzen und Kompromissen. Wenn man die Politik mitgestalten möchte, muss man bei einem größeren Teil der Wähler nunmal zum einen akzeptiert (und damit gewählt) werden und zum anderen muss man kompromißfähig sein, weil man in den seltensten Fällen gleich von Anfang Regierungsverantwortung alleine übernehmen können wird. Und bei beiden Sachen scheint es mir bei der Piratenpartei noch zu hapern. Sie erscheinen mir als ein ziemlich wilder Haufen von teilweise Jugendlichen und weniger als eine ernstzunehmende Partei, die man beruhigt wählen kann.
Beim Themenschwerpunkt (ich nenne es mal zusammenfassend “Netzpolitik”) denke ich, daß es anfangs besser ist, sich auf die Kernkompetenz zu konzentrieren anstatt sich nun in vielen Themengebieten, von denen man nicht so richtig Ahnung hat, zu verzetteln. Ähnlich wie die Grünen es in den 80ern auch mit dem Umweltschutz gemacht haben.

Aber, um es mal ehrlich zu sagen: ich erwarte mir wenig von der derzeitigen Piratenpartei für die anstehenden Wahlen. Bis sich eine ernstzunehmende Partei daraus entwickelt hat, bedarf es wohl noch ein paar Jahre und mehr Isotopps, die hoffentlich aktiv und besonnen Parteiarbeit leisten. Bis dahin halte ich es eher wie Hanno Zulla mit seinem mittlerweile über 2 Jahre alten Aufruf zum Lobbyismus: kontaktiere deine Politiker, sowohl Kommunalpolitiker als auch Landes- und Bundestagsabgeordnete, sprich ruhig und sachlich mit ihnen, bring dich ins Gespräch und deine Anliegen vor! Die Netzgemeinde war zu lange zu ruhig und untätig, hat den Lobbyismus zu sehr Wirtschaftsverbänden überlassen, die eher ihre eigenen Interessen im Auge hatten als die der User!

Sicherlich ist nicht jeder der geborene Lobbyist, aber jeder kann seinen Politiker durchchaus mal per Email oder Telefon die Dinge fragen, die einen persönlich interessieren.
Ob nun aber Eintritt in die Piratenpartei, Parteiarbeit in einer anderen Partei, Lobbyismus, Politikerfragen oder einfach nur wählen gehen, eins ist und bleibt wichtig:

Werde aktiv und mach was! Wer nichts tut, braucht sich hinterher nicht zu beschweren!

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1 thought on “Podcast-Tip: CRE124 – Kampf gegen Zensursula

  1. Ja – das ist wirklich ein recht informativer und spannender Podcast!
    Ich habe mir gestern gleich die Zeit genommen und mich 2,5h zum Podcast-Hören “abgemeldet” 😉
    Fazit: Dranbleiben, wir sind mit der Netzinitiative weit gekommen, aber nicht am Ziel.

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