Hansa Rostock: retten oder untergehen lassen?

Auch auf die Gefahr hin, daß ich mich bei einigen mehr als unbeliebt mache und das Thema eigentlich so ganz und gar nicht Thema dieses Blogs ist, muss ich mal etwas zum Thema Hansa Rostock, also dem Fußballverein, schreiben. Der Verein ist im Grunde pleite und hoch verschuldet. Und wieder einmal sollen nun die Steuerzahler ein marodes Unternehmen retten, sprich: hauptsächlich die ebenfalls hoch verschuldete Hansestadt Rostock soll dem Verein aus der finanziellen Klemme helfen.

Steffen Bockhahn, der als Rostock für die Partei DieLinke im Bundestag sitzt, hat gestern zu dem Thema etwas geschrieben: 

Durch ein abschließendes Urteil des Bundesfinanzhofes muss der Verein nun 4,5 Millionen Euro Steuern bis Mitte Juni nachzahlen. Dieses Geld hat der Verein zurzeit nicht. Zweifelsfrei ist das ein Versagen der Verantwortlichen des FC Hansa, die nicht die entsprechende Vorsorge in den letzten Jahren getroffen haben.

Nun soll dem Verein auch durch einen Verzicht der Gläubiger des Vereins geholfen werden. Das bedeutet, dass zwei Banken auf knapp 40 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Zudem erlassen das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Hansestadt Rostock in gleicher Höhe Steuern, die der Verein zu zahlen hätte. Mehr als diese Summe ist rechtlich nicht möglich.
Zudem soll die Hansestadt Rostock noch weiteres leisten. In Evershagen soll ein Sportplatz übernommen werden, für den 530.000 Euro an den Verein gezahlt werden. Hierbei handelt es sich um ein Entgegenkommen der Stadt, da sie den Platz eigentlich nicht selbst braucht. Es gibt Nutzungsvereinbarungen, die den Platz auch für andere offen halten. Künftig wird die Stadt den Platz betreiben und dann auch die Kosten für den Unterhalt zu tragen haben. Um den Platz kaufen zu können, wird der Eigenbetrieb weitere Kredite aufnehmen müssen. Da die Stadt ohnehin hoch verschuldet ist, wird das eine enorme Belastung sein. Um etwas Unterstützung zu geben, hat das Land sich entschlossen, bei anderen Investitionsprojekten durch Förderungen zu helfen. Jedoch entsteht auf diese Weise keine Liquidität im Haushalt der Stadt. Warum das wichtig ist, dazu gleich mehr. Es bleibt, dass wir mehr Kredite aufnehmen dürfen, um den Platz zu kaufen und so 530.000 Euro an Hansa zu zahlen.

Darüber hinaus wird von der Stadt erwartet, weitere ca. 1,6 Millionen Euro, die der Verein an Steuern zu zahlen hat, vorerst nicht einzufordern. Zusätzlich sollen 750.000 Euro in bar an den FC Hansa aus dem laufenden Haushalt der Stadt gezahlt werden. Der ist nun wahrlich schon sehr auf Kante genäht. Die Zahlung an Hansa war nicht vorgesehen und ist daher nicht geplant. Es gibt keine frei verfügbaren Mittel, die einfach so genommen und überwiesen werden könnten. Hier begegnet uns das Problem von vorhin wieder. Würden wir durch die Zuweisungen des Landes bares Geld im Eigenbetrieb frei bekommen, das wir über den Haushalt der Stadt an den Verein geben könnten, wäre es kein Problem. Doch so ist es eben nicht.

Das erklärt erst einmal die finanzielle Situation ganz gut und, wie ich finde, auch umfassend genug, um sich ein Bild machen zu können. Wie Steffen weiter ausführt, fördert die Stadt den Vereins- und Breitensport in der Stadt mit ca. 1 Mio. Euro pro Jahr. Nun soll für einen maroden Verein fast das Doppelte ausgegeben werden, obwohl die Stadt mit 180 Mio. Euro verschuldet ist und nach Vorgabe des Landes jedes Jahr gut 10 Mio. Euro davon tilgen muss. Der Zuschuß für Hansa Rostock wäre also fast ein Fünftel der järhlichen Tilgung.

Die Fans des Vereins weisen natürlich darauf hin, was für ein toller Imageträger der Verein für Stadt und Land ist. Und daß es ja auch eine wirtschaftliche Bedeutung hat, weil bei jedem Spiel tausende von Besuchern in die Stadt kommen und hier Geld ausgäben. Die Stadt würde quasi hervorragend an den Spielen des Vereins verdienen, weil sie mehr einnehmen würde als sie für den Verein ausgibt.

Ich bin da mehr als skeptisch. Erstens sehe ich den Verein nicht als Imageträger. Weder für das Land noch für die Stadt. Der Verein ist seit Jahren im Wesentlichen nur noch durch Negativschlagzeilen in den Medien. Sei es durch randalierende Fans, Strafzahlungen durch Feuerwerke im Stadion, durch sportliche Fehlleistungen oder aber eben durch finanzielle Probleme. Das alles ist keine Leistung, sondern Grund genug für kollektives Fremdschämen.

Auch finanziell sehe ich keinen Grund, dem Verein seitens der Stadt nochmehr Geld in den Rachen zu werfen. Vertretbar finde ich den Kauf der Sportflächen, da diese (wie bisher) auch für andere Vereine und Aktivitäten genutzt werden können, wenn der Verein in die Insolvenz geht. Daß er über kurz oder lang Insolvenz anmelden muss, erscheint mir unausweichlich. Insolvenz heißt ja zudem auch nicht, daß der Verein sofort aufhört zu existieren. Aber ehrlich gesagt räume ich einer Umstrukturierung wenig Chancen noch Sinn ein. Der Verein leidet unter einem strukturellen Problem: die Fußball-Bundesliga ist ein teueres Pflaster. Will man ganz oben mitspielen, muss man gute Spieler kaufen bzw. heranbilden. Das kostet jedoch Unsummen von Geld. Die dafür notwendigen Millionen hat der Verein nicht. Ohne gute Spieler aber auch keinen sportlichen Erfolg, sondern enttäuschte Fans, die ihrem Frust dann mit Feuerwerk und Krawalle Luft machen. Darauf folgen Strafzahlungen und negative Schlagzeilen. Einen Verein, der vornehmlich durch Krawalle und Mißerfolge in den Medien ist, wird abr kaum ein Unternehmen sponsoren wollen. In der Vergangenheit sprangen deswegen schon Hauptsponsoren ab.

Der Verein hat also enorm hohe Kosten, aber wenig Einnahmen. Sprich: der Verein ist ein marodes Unternehmen. Wenn Du merkst, daß Du ein totes Pferd reitest, steig ab! Wenn nun die Stadt, die selber hoch verschuldet ist, in diesen Molloch der Mißwirtschaft, denn um einen solchen handelt es sich, wenn der Verein keine Rücklagen bildet, obwohl er durch ein Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht eigentlich damit rechnen müsste, daß das Verfahren gegen ihn auch negativ ausfallen könnte, und plötzlich dann 4.5 Mio Euro Steuern bis Mitte Juni (s. Bockhahn) nachzahlen muss. Das Geld der Stadt sollte besser in den Breitensport und nicht in eine drittklassige Fußballmannschaft gesteckt werden. Oder in die Bildung der Kinder. Oder in die Sozialarbeit gegen Rechts. Das macht gesellschaftlich gesehen mehr Sinn für mich, als immer mehr Geld in einen Verein zu stecken, der zwar gerne bei den großen Jungs in der ersten Liga mitspielen möchte, aber schlichtweg nicht dazu in der Lage ist.

Ähnliches gilt übrigens auch für andere Vereine. Das Thema begleitet mich ja schon seit meiner Jugend. Auch der VfL Osnabrück glänzt eher durch sportliche Nicht-Leistung. Wer solche Vereine retten will, darf ruhig dem Verein persönlich spenden, aber Steuergelder haben nichts bei einer “Rettung” eines solchen Vereins zu suchen, auch wenn das Thema für die Fans hochemotional und der Verein Lebensinhalt ist (was ich an und für sich schon sehr bedenklich finde).

Hansa Rostock muss sich selber retten. Kann der Verein dies nicht, muss er halt in die Insolvenz gehen und notfalls aufgelöst werden. Es gibt wichtigere und drängendere Dinge als Fußball.

So! Ich habe fertig!

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6 thoughts on “Hansa Rostock: retten oder untergehen lassen?

  1. Zu einseitig
    Du betrachtest die Dinge zu einseitig. Ich versuch mal zu verdeutlichen, warum Hansa Rostock das Geld durchaus wert ist.

    1. Der Verein ist definitv ein positiver Imageträger. Kommt man z.B. im Inland/Ausland mit Leuten ins Gespräch und gibt sich als Rostocker zu erkennen, kommt nicht selten das Stichwort Hansa Rostock. Und in erster Linie nicht etwa wegen der Krawalle, sondern weil der Verein hochklassig Fussball spielt.
    Krawallmacher gibt es in jedem Fussballverein. Mit diesem Problem steht Hansa Rostock beileibe nicht alleine da. Hier mal die Themenseite vom Spiegel: http://www.spiegel.de/thema/gewalt_im_fussball/
    2. Hansa hat im vergangenen Jahr etwa 4Mio. € Steuern an die Stadt gezahlt. Herr Bockhahn schreibt richtigerweise, dass der Verein “zur Zeit” die 4,5Mio. Nachzahlung nicht aufbringen kann. Man sollte auch bedenken, dass 4Mio.€ Steuern bei einer Insolvenz die nächsten Jahre fehlen würden.
    3. Der Einsatz von Steuerngeldern ist durchaus sinnvoll zur Rettung von Unternehmen/Vereinen, sofern durch die Rettung wieder (mehr) Steuern reinkommen. Nur wer Geld ausgibt, kann auch welches verdienen!
    4. Nette Kausalitätskette: Kein sportlicher Erfolg -> enttäuschte Fans -> Krawalle. Das ist Unsinn.
    5. Der Verein leistet eine Menge Sozialarbeit. Gibt’s genügend Quellen im Internet. Gerade Kindern bedeutet dieser Verein enorm viel. Sie schlafen in Hansa-Bettwäsche und es darf nichts anderes aufgezogen werden.

    Es muss einen Weg geben Hansa Rostock zu retten. Sag Ja zu Hansa!!

    1. JA zu HANSA
      Summi, Du sprichst mir aus der Seele!!!

  2. Also wenn etwas einseitig ist
    Also wenn etwas einseitig ist, dann ja wohl doch eher die Argumentation der Hansa-Fans bzw. Befuerworter.
    Der Einsatz von Steuergeldern ist sinnvoll, wenn es kein Dauerzustand ist, doch genau das steht bei FC Hansa Rostock zu befuerchten, denn die sportlichen Nicht-Leistung beschert den Abstieg in die Drittklassigkeit und damit ein dauerhafter Einnahmeverlust im naechsten Jahr.

    1. komplex denken
      “dauerhafter Einnahmeverlust im naechsten Jahr”
      Mit Sicherheit, aber in welcher Höhe? Halbieren sich die Steuereinnahmen? Das wären immernoch 2Mio pro Jahr. Selbst 1Mio. Einnahmen sind besser als (z.B.) allein auf dem Stadion sitzen bleiben und die kompletten laufenden Kosten selbst zu tragen.

  3. Dass die Verantwortlichen des
    Dass die Verantwortlichen des Vereins einseitig argumentieren, ist wohl nachvollziehbar und verständlich. Sie wollen den Verein am Leben erhalten.
    Als unbeteiligter Dritter sollte man aber beide Seiten der Medaillie beleuchten.
    Dass Fussball kein Wunschkonzert ist und auch Auf-/Abstiege vorkommen, sollte klar sein. Damit sind immer Einnahmeverluste/-überschüsse verbunden, die in die Planungen einfließen müssen. Dies geschieht schon während der laufenden Saison und wird vom DFB für die Lizenzvergabe gefordert. Die von Hansa Rostock eingereichten Dokumente enthielten Planungen sowohl für Liga 2 als auch Liga 3. Man kann deshalb nicht von dauerhaften Einnahmeverlusten sprechen sondern von anzupassenden Planungen. Auch in Liga 3 sind Überschüsse möglich, wenn entsprechend gewirtschaftet wird.

    Wenn ich daran denke, dass die Hansestadt Rostock einen Theaterneubau für mehr als 20Mio.€ mit einer geplanten jährlichen Belastung durch den Betrieb im 7-stelligen Bereich plant und für einen Verein, der wesentlich mehr Menschen anzieht/bewegt, kein Geld da sein soll, wird mir schlecht.

    Also: So. 9 Uhr auf dem Neuen Markt. Sag Ja zum FCH!

    1. Also wenn die ganzen Leute,
      Also wenn die ganzen Leute, die sich nun fuer Hansa einsetzen, generell so engagiert in der Politik waeren wie zur Zeit, wo es “bloss” um einen daemlichen Fussballverein geht statt um Grundrechte etc., dann waere mir bedeutend wohler um unsere Gesellschaft!

      Wo sind die Proteste, wenn es um Video- und Telekommunikationsueberwachung geht? (Ja, ich weiss, dass es welche in Hinblick auf Gesichtserkennung im Stadion gab, aber ansonsten?)

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