EU-Kommission verheimlicht Rechtsgutachten zur VDS

Vor geraumer Zeit hat Netzpolitik.org auf ein Gutachten zur Vorratsdatenspeicherung hingewiesen, das die EU-Kommission nicht veröffentlichen möchte, weil es den Schutz von Rechtsberatungen gefährden würde. Die Ausrede damals war: 

Dieses Rechtsgutachten analysiert die Möglichkeit, die Anwendung der Richtlinie zur Vorratsspeicherung optional für die Mitgliedstaaten zu machen, die Folgen einer solchen unterschiedlichen Behandlung der Mitgliedstaaten, sowie die Rechtsgrundlage, auf der künftige Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet werden sollten.

Wenn nun aber ein “überwiegendes öffentliches Interesse” an der Veröffentlichung besteht, dann muss die Ausnahme zum Zugangsrecht aufgehoben werden. Also rief Netzpolitik mehr oder weniger direkt dazu auf, ein solches öffentliches Interesse zu generieren. Das haben wohl auch einige Hundert Leute getan und ihrerseits das Dokument angefragt. Darunter auch ich. Ich veröffentliche das mal hier, weil im Brief nichts Gegenteiliges steht und es sich ja um die Auskunft einer öffentlichen Behörde handelt…

Gestern nun hab ich eine Antwort bekommen, in der es heißt: 

Having carefully examined the concerned document, I regret to inform you that it cannot be disclosed since it is covered by the exceptions provided for in Article 4(2) second indent (“the pr otection of legal advice’1)2 and Article 4(3) first paragraph (“the protection of the decision-making pr ocess”)3 of R egulation 1049/2001. In fact, according to article 4(6) of this R egulation only the subject, reference and the first sentence of the introductory paragraph could be disclosed. However, since these parts do not have any substantial content, I assume that an expunged version of this document would not interest you. Should you like to receive it nevertheless, please let me know.

Die EU-Kommssion will also nicht mit dem Gutachten rausrücken und schreibt das nochmal weiter unten: 

However, in the light of the reasons explained above, I consider that the interest in transparency does not outweigh the general interest that the Commission and its services receive frank, objective and comprehensive legal advice and that the institution’s decision-making process is protected, including the Commission’s right of initiative.

Ich finde es bemerkenswert, dass, sofern ich das beim Lesen korrekt verstanden habe, die “protection of legal advice” höher bewertet wird, als das öffentliche Interesse der Bürger zu erfahren, wie dieser “decision-making process” stattgefunden hat. Oder um es anders zu sagen: je mehr sich die Kommission dagegen sträubt, dieses angeforderte Dokument zu veröffentlichen, desto größer ist meiner Meinung nach das öffentliche Interesse daran, weil so der Eindruck entsteht, daß die Kommission etwas zu verbergen hat.

Das Ganze wird umso kurioser, als dass dann auf der zweiten Seite behauptet wird, dass die “requested legal opinion has not been rendered in the framework of a legislative activity.” Ja, was nun? Entweder ist der “legal advice” in der Entscheidungsfindung so wichtig, daß er nicht veröffentlichen werden kann, oder aber der Advice ist sowieso egal, weil der gar nicht in der politischen Entscheidung Eingang gefunden hat. Aber dann kann der doch genauso gut veröffentlicht werden.

Mal davon abgesehen, daß auf Seite 1, Absatz 3 irgendwie zwar auf die Einschränkung zur Veröffentlichung eingeht, aber nicht auf das “unless there is an overriding public interest in disclosure” (Fußnoten 2 & 3). Die haben offensichtlich ihre eigenen Fußnoten nicht bis zum Ende gelesen.

IANAL, aber ich hab das unbestimmte Gefühl, daß die Kommission das nicht veröffentlichen will und nun eher schlecht als recht eine billige Ausrede dafür anführt. Oder was ist für die ein “overriding public interest“? Reichen dafür nicht “more than hundred e-mails“? Müssen es Tausende sein oder ab wann ist die kritische Grenze für ein öffentliches Interesse gegeben?

Ich glaube, man sollte der EU-Kommission nochmal mit Nachdruck das öffentliche Interesse glaubhaft machen, denn schließlich geht es hier darum, wie und warum unsere Grundrechte mittels Vorratsdatenspeicherung eingeschränkt werden sollen.

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