Frag deine Politiker – OB Wahl: Roland Methling antwortet

Nachdem ja schon die Herausforderer Dr. Sybille Bachmann und Christian Blauel auf meinen Fragenkatalog geantwortet haben, hat auch Amtsinhaber Roland Methling geantwortet: 

1) Was sind die Top 3 Punkte ihres Wahlprogramms und wie versuchen Sie diese dem Buerger zu vermitteln?

Oberstes Ziel meiner Politik ist es, die Schuldenfreiheit Rostocks bis 2018 zu gewährleisten. Weitere wichtige Punkte sind die Entwicklung des Stadthafens und der Neubau des Theaters. Dabei strebe ich eine breite Bürgerbeteiligung an, da diese die Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen innerhalb der Bevölkerung erhöht.

Ein schuldenfreier Haushalt gibt einen entsprechend großen eigenen Handlungsspielraum für die Stadt. Allerdings sollten die grundlegenden kommunalen Aufgaben, zu denen auch Kultur-, Sport- und Sozialarbeit gehören, nicht zugrunde gespart werden. Einen kriselnden Fußballverein zu retten, mag zwar öffentlichkeitswirksam sein, aber da dieser Verein schon seit langem in der Krise steckt, hätte ich mir gewünscht, wenn man Zeit, Geld und Energie lieber in die Förderung anderer Vereine und sozialer Einrichtungen gesteckt hätte.

2) Was betrachten Sie als das draengendste Problem in Rostock und wie moechten Sie dieses Problem angehen bzw. vielleicht sogar loesen?

Das drängendste Problem ist der Abbau der Schulden. Mit einem finanziellen Spielraum gewinnen wir an Handlungs- und Entscheidungsfreiheit und können dann auf die vorhandenen und zukünftigen Probleme schnell und angemessen reagieren. In meiner Amtszeit habe ich den Grundstein für einen weiteren Schuldenabbau gelegt und ich möchte diesen Kurs weiterfahren.

Auch ich sehe den Bedarf, die Schulden zu verringern. Allerdings bin ich kein Freund davon, das Tafelsilber Rostocks zu verscherbeln, wie etwa Wohnungsbaugesellschaften oder die Stadtwerke. Das mag zwar kurzfristig einiges an Geld in die Kassen spülen, aber nachhaltiger wäre es meiner Meinung nach, Einnahmen aus solchen kommunalen Unternehmen zur Schuldentilgung zu verwenden. Ist der Schuldenberg abgebaut, bleiben die Einnahmen weiterhin und werden zu Gewinnen. Wurden die Unternehmen verkauft, entfällt langfristig diese Einnahmequelle.

3) Als Einwohner Warnemuendes hat man das Gefuehl, dass die Stadt Rostock zwar gerne die Einnahmen abzweigt, die die Cash Cow an der Warnow Muendung generiert, aber wenig in Warnemuende investiert. Betrachtet man die Seebaeder oestlich und westlich von Warnemuende, so faellt auf, dass diese in einem weitaus besseren Zustand sind als das Aushaengeschild Rostocks. Waehrend in Kuehlungsborn der touristische Kernbereich hervorragend saniert und erneuert wurde, glaenzt Warnemuende mit kaputten Strassen, unebenen Buergersteigen und macht generell einen fast schon verwahrlosten Eindruck abseits des Alten Stroms. Was ist, ihrer Meinung nach, hier in Warnemuende in den letzten 20 Jahren schief gelaufen und was muesste nun gemacht werden?

Auch Warnemünde hat sich in den letzten 20 Jahren unglaublich verändert. Hier können wir den Alten Strom, den Neuen Strom, die Seepromenade, das Fährterminal, Hohe Düne, die Heinrich-Heine–Straße und die Richard-Wagner-Straße nennen. Das Kreuzungsbauwerk nimmt den Autoverkehr aus dem Bad. Die Straßensanierung des historischen Stadtkerns von Warnemünde habe ich 2008 zum absoluten Schwerpunkt erklärt und die entsprechenden Mittel in den Haushalt eingestellt.

Ja, es wurde punktuell etwas gemacht. Teilweise dort, wo es wirklich nicht mehr vermeidbar war, etwas zu tun. So war die Richard-Wagner-Straße vor dem G8-Gipfel in einem recht maroden Zustand und man musste um die zahlreichen Gullideckel Schlangenlinie herum fahren. Zum G8-Gipfel konnte man dies der Presse und der Öffentlichkeit nicht zumuten. Grund für die Erneuerung der Richard-Wagner-Straße und der Stadtautobahn war also eher der G8-Gipfel als die Einsicht, daß die Erneuerung notwendig wäre. Denn dann hätte dies schon vorher passieren müssen. So der Eindruck, den hier viele damals in Warnemünde hatten.
Auch was die Entlastung des Stadtkerns angeht, ist immer noch Handlungsbedarf. So ist die Parkstraße und die Richard-Wagner-Straße immer noch eine Durchgangsstraße, bei der man als Anwohner im Sommer beständig Sorge hat, daß es durch die Parkplatzsuche der Besucher zu Unfällen kommt, weil Ein-/Ausparker den Verkher behindern, aber gleichzeitig in hohem Tempo überholt wird. Und irgendwann läuft ein Kind über die Parkstraße.

4) Fuer die Stadtentwicklung in Warnemuende gibt es das Strukturkonzept, das gerade im Ortsbeirat diskutiert wird. Viele Punkte sind ziemlich umstritten wie zum Beispiel der geplante Caravan-Stellplatz auf der alten Muelldeponie am Weidenweg. Wie beurteilen Sie das Strukturkonzept als solches und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Das Strukturkonzept ist dazu da, um es gemeinsam mit den Warnemünder Bürgern zu verbessern. Ich fordere die Warnemünder auf, sich aktiv in diesen Prozess einzubringen, mitzudiskutieren und die Entscheidung in ihrem Sinne zu verändern. Um die Entscheidungsgrundlage für die Bürger zu verbessern, werden wir Modelle und Grafiken der Bauvorhaben erstellen und der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Als Bürger Warnemündes ist es manchmal (für mich) schwierig, die entsprechend relevanten Termine zu erfahren. Abhilfe würde zum Beispiel ein iCal-Feed mit relevanten Terminen aus den entsprechenden Stadtteilen schaffen, den man über das Ratsinformationssystem abonnieren kann. Aber darüber können wir gerne einmal im Rahmen des Open Data Antrags sprechen.

5) Am 5. Dezember 2011 wurde in der Rostocker Buergerschaft ein Antrag zur Erstellung eines Open Data Konzeptes fuer die Hansestadt Rostock angenommen. Wie stehen Sie zu Open Data, Open Government und Open Access, also der staerkeren Einbindung von Buergern in die Entscheidungsprozesse der Kommunalpolitik?

Ich unterstütze den Antrag zur Erstellung eines Open Data Konzepts für die Hansestadt Rostock, da eine breite Bürgerbeteiligung ein Grundprinzip meiner politischen Vorstellung ist. Die Nachvollziehbarkeit von Verwaltungshandeln wird dem Bürger das Verständnis für den politischen Prozess vereinfachen. Politik endet nicht mit der Abstimmung, sondern mit der Implementation der Beschlüsse durch die Verwaltung. Auch diese letzte Phase des politischen Prozesses muss für den Bürger offen sein. Durch eine verbesserte Transparenz bei den politischen Entscheidungen erhoffe ich mir vor allem, dass die Bürger die schon vorhandenen Institutionen, wie z.B. die Ortsbeiräte, verstärkt nutzen.

Eine stärkere Bürgerbeteiligung und damit auch eine größere Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen beruht auf Gegenseitigkeit: die Information für die Bürger ist die eine Seite der Medaille, die Bereitschaft des Ortsbeirats neue Wege zu beschreiten die andere. Da heißt dann auch, daß auf die Vorschläge der Bürger eingegangen werden sollte. Da müssen beide Seiten noch einiges lernen, damit Open Data in Rostock zu einem Erfolg werden kann.

6) Am 19. Februar 2011 fand in Dresden ein Nazi-Aufmarsch und eine Gegendemonstration statt, bei der von zehntausenden und teilweise unbeteiligten Buergern ueber 1 Mio. Verbindungsdaten (Handygate) erhoben und danach widerrechtlich von der Polizei ausgewertet wurden. Auch Rostock hat eine starke rechte Szene und auch viele Buerger, die sich gegen Rechts engagieren. Wie stehen Sie dazu, unbescholtene Buerger mittels Funkzellenauswertung (FZA) wie in Dresden pauschal zu ueberwachen?

Die pauschale Überwachung der Bürger mittels Funkzellenauswertung widerspricht den rechtsstaatlichen Prinzipien, denen ich mich verpflichtet fühle. Alle Staatsorgane sind an geltendes Recht gebunden und müssen sich entsprechend verhalten.

Leider zeigen viele Beispiele, daß die Staatsorgane sich nicht immer an Recht und Gesetz halten bzw. diese beugen. Das Celler Loch ist zwar ein altes, aber sehr bekanntes Beispiel hierfür. Darum sollte jeder ein Interesse daran haben, die Bürger- und Grundrechte zu stärken. Es würde mich freuen, wenn entsprechende Initiativen aus dem Rathaus passende Unterstützung bekommen würden.

7) Funkzellenauswertung in Dresden, die Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung im Rahmen des rechtsextremistischen Terrorismus (Zwickauer Terrorzelle, Nationalsozialistischer Untergrund) und noch viele weitere Gesetze und Gesetzesvorhaben schraenken unsere Buergerrechte im Namen des Kampfes gegen den Terror nach dem 11. September 2001 ein, ohne dass deren Wirksamkeit bewiesen oder evaluiert wurde. Die Vorratsdatenspeicherung war, bis sie vom Bundesverfassungsgericht fuer nichtig erklaert wurde, in keinster Weise fuer die Strafverfolgung so nuetzlich wie haeufig geaeussert. Lediglich bei 6 von 100.000 Verbrechen wurde auf Daten aus der Vorratsdatenspeicherung zurueckgegriffen, ohne dass dies die einzigen Ermittlungsansaetze gewesen waren. Das entspricht in etwa dem Vorgehen, wegen eines Diebstahls saemtiche Wohnungen einer Grosstadt wie Rostock pauschal zu durchsuchen. Werden Sie sich als Oberbuergermeister(in) fuer die Wahrung der Buerger-, Grund- und Freiheitsrechte ihrer Buerger einsetzen und sich fuer eine Abschaffung dieser Ueberwachungsmassnahmen bei ihren Kollegen aus Bundes- und Landtag stark machen? Auch ein/e Oberbuergermeister(in) sollte ein Interesse an der Wahrung von Grund- und Menschenrechten haben, ohne die auch eine entsprechende Kommunalpolitik nicht moeglich ist, wenn die Buerger aus Angst vor ueberbordende Ueberwachung sich nicht mehr demokratisch engagieren (Chilling Effekt).

Der Einsatz für die Grund- und Menschenrechte ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Aber auch die Bürger und Bürgerinnen müssen sich aktiv am Schutz der Grund- und Menschenrechte beteiligen. Der Vorteil meiner Parteilosigkeit, die es mir ermöglicht ohne parteipolitische Zwänge spezifisch für Rostock zu entscheiden, findet seine Grenze in der Einflussmöglichkeit der Landes- und Bundespolitik. Ich bin mir aber sicher, dass eine breite gesellschaftliche Aktivierung für den Einsatz der Grund- und Menschenrechte die Landes- und Bundespolitik zwangsläufig erreicht. An der Integration der Bürger in diesen politischen Prozess will ich mich aktiv beteiligen und diesen vorantreiben.

Da auch ich mich außerparteilich engagiere, weiß ich um den Wert dieser Unabhängigkeit nur zu gut. Ich würde mich freuen, den OB beim nächsten netzpolitischen Bier Rostock begrüßen zu können.

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