#occupyUSA – wenn eine Stadt nicht mehr genug ist

Gestern schon wollte ich über die Proteste im Rahmen von #occupywallstreet in den USA berichten. Davon, daß es eben nicht mehr nur die Wallstreet ist, sondern sich die Proteste im ganzen Land ausbreiten. Sogar in solchen Bundesstaaten, von denen man das eher nicht erwarten würde wie zum Beispiel in der Hauptstadt Utahs, Salt Lake City. Die Stadt ist für gewöhnlich eher durch die Mormonen bekannt als durch Proteste gegen das Establishment. Via Twitter bin ich dann auch erst auf http://www.occupytogetherpics.com gestoßen und dort auf das Video aus Salt Lake City, daß es auch auf Youtube gibt: 

 Ein nett gemachtes Image-Video, das mich etwas zum Nachdenken angeregt hat. Insbesondere auch durch die Guy Fawkes Masken, die im Film zu sehen sind und die durch den Kinofilm "V wie Vendetta" berühmt und bekannt wurden und mittlerweile gewissermaßen ein Synonym für die Anonymous-Bewegung sind. Und irgendwie musste ich unwillkürlich an den Film denken: dort geht es darum, daß der Protagonist für den Sturz des Regimes auf ein ganz bestimmtes Datum, den 5. November, hinarbeitet und auf dem Weg dorthin durch gewisse Aktionen dafür sorgt, daß die Bevölkerung dann auf seiner Seite steht und nur noch ein Zeichen von ihm wartet.

Ein bißchen kommt mir das derzeit mit #occupywallstreet auch so vor. Nicht, daß das Regime in den USA mit einem großen Knall beseitigt werden soll, aber irgendwie scheinen mir die Proteste auch ein bißchen orchestriert zu sein. Videos, wie das obige, sorgen für ein entsprechendes Image und eine positive Stimmung auf Seiten der Befürworter der Proteste und lassen die Proteste selber in einem positven Licht dastehen, einem moralisch einwandfreien Licht.

Ebenso wird in diesem Video und auch in anderen von einer neuen gesellschaftlichen Grundordnung gesprochen, ein neues System. Und wie auch schon bei den Protesten um Stuttgart21 sind es auch dort viele verschiedene Bevölkerungsschichten, die dort protestieren gehen: junge Menschen, alte Menschen, Männer und Frauen, querbeet. Friedlich. Etabliert sich dort gerade eine vielleicht neue globale Protestbewegung? Spiegel schreibt

"Occupy Wall Street", die kleine US-Protestbewegung, die seit Mitte September einen Platz unweit der New Yorker Wall Street besetzt, wächst. Ihren Märschen durch Lower Manhattan schließen sich inzwischen Abertausende an, beim jüngsten Protestzug waren es mehr als 10.000.

Im ganzen Land bilden sich Ableger: in Boston, Los Angeles, Chicago, Philadelphia, Miami. Der Blog Daily Kos zählt mehr als 200 "Solidar-Events und Facebook-Seiten". Hinzu kommt ein populärer Videoblog: "Wir sind 99 Prozent." Selbst in Deutschland lassen sich mittlerweile einige Aktivisten zu ähnlichen Protesten inspirieren. Für den 15. Oktober sind Demonstrationen in Frankfurt am Main, Berlin und Köln geplant.

Die letzte globale Protestbewegung dürfte die Neue Friedensbewegung Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre gewesen sein, gefolgt von der Anti-Atom-Bewegung nach Tschernobyl. Im Zuge dieser Protestbewegung gab es morgen vor 30 Jahren die wohl größte Demonstration in der Geschichte der Bundesrepublik: am 10. Oktober 1981 demonstrierten 300.000 Menschen im Bonner Hofgarten gegen den Nato-Doppelbeschluß.

Erleben wir in den USA also nun gerade die Renaissance der bürgerlichen Protestbewegungen im großen Stil? Zu wünschen wäre es ja.

P.S.: auf Phönix läuft ab 14 Uhr eine Dokumentation zur Friedensbewegung von damals. Sehenswert!

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