#iminternetgeboren und #modegeworden

Einige CDU-Politiker scheinen offenbar die anstehende Sommerpause nutzen zu wollen, um Werbung in eigener Sache zu machen und vermeintlich ihren Bekanntheitsgrad steigern zu wollen. Auf diese Idee kann man zumindest kommen, wenn man sich die Aussagen von Hans-Peter Uhl (CSU, MdB), seines Zeichens Vorsitzender der Arbeitsgruppe Innenpolitik der Fraktion CDU/CSU, zu den Anschlägen in Norwegen anschaut, mit denen er erneut die Einführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) forderte.

Und auch nun die Aussage von Siegried Kauder (CDU, MdB), die er gestern in einer Heute-Journal-Sendung geäußert hat, ist nicht dazu geeignet, das Vertrauen in unsere Politiker zu stärken. Er sagte

“Es ist Mode geworden, die Freiheitsrechte des Bürgers in den Vordergrund zu stellen.”

Die lustige Seite an dieser Aussage ist das, was das Internet daraus gemacht hat. Denn es hat diese Aussage umgehend aufgegriffen und in einem Mem verarbeitet. Entsprechend viele Remixe gibt es inzwischen auch. Sogar Spiegel Online berichtet darüber.

Aber darum geht es mir hier nicht! Sondern um das Verständnis eines Innenpolitikers (!) von unserem Grundgesetz. Denn wenn man sich die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes durchliest, findet man zwanzigmal (20!) den Begriff "Freiheit", aber nur zweimal den Begriff "Sicherheit". Das heißt, in den ersten 19 Artikeln, die die Grundrechte definieren und den Rest der Gesetzgebung binden, hat der Begriff der Freiheit einen ungleich höheren Stellenwert als der Begriff der Sicherheit. Ein Politiker, der Innenpolitik macht und für sich in Anspruch nimmt, die Bevölkerung schützen zu wollen, sollte jedoch das Grundgesetz kennen. Siegfried Kauder kennt es offensichtlich nicht. Oder es ist ihm egal.

Beides sind keine Optionen, die die Aussage Kauders besser macht. Ein Innenpolitiker, der Freiheit als Modeerscheinung abtut, ist nicht tragbar. Kauder muss sich deshalb auch die Frage gefallen lassen, ob er überhaupt noch hinter unserem Grundgesetz und der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht?

Ich habe Herrn Kauder über abgeordnetenwatch.de deswegen eine Frage gestellt, die ich hier Vollständigkeit halber nochmal aufführe, da die Frage dort noch nicht freigeschaltet ist und die Wahrscheinlichkeit einer Beantwortung durch Siegfried Kauder gegen 0 geht: 

Sehr geehrter Herr Kauder,

in der ZDF-Sendung Heute-Journal vom 1. August 2011 haben Sie in einem Interview folgendes gesagt:

“Es ist Mode geworden, die Freiheitsrechte des Bürgers in den Vordergrund zu stellen.”

Diese Aussage erstaunt mich ein wenig, da sie suggeriert, dass Freiheitsrechte nur eine Modeerscheinung seien. Sie sind aber wesentlicher Bestandteil unseres Grundgesetzes, insbesondere der ersten 19 Artikel GG, wie Sie sicherlich als Volljurist und Rechtsanwalt wissen.

Ich habe nachgezaehlt: Der Begriff "Freiheit" kommt 20 mal in Art 1-19 GG vor. Der Begriff "Sicherheit" lediglich 2 mal. Insofern wundert mich ihre Aussage um so mehr. Freiheitsrechte sind weder eine Modeerscheinung, noch ist es in Mode gekommen, diese in den Vordergrund zu stellen. Die Freiheitsrechte sind Grundlage des Grundgesetzes und Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat.

Insofern wuerde mich eine Erklaerung ihrerseits freuen, wie Sie ihre Aeusserung im Einklang mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sehen? Vielen Dank fuer ihre Zeit, ihre Muehe und ihre Antwort!

Mit freundlichen Gruessen,

Hier ist die Frage bei abgeordnetenwatch.de. Mal schauen, was daraus wird…

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