OsnaNet und DSL-Modems

Seit einer Woche ist die Vorratsdatenspeicherung (VDS) ja nun schon vom Bundestag beschlossen, aber irgendwie hat man das Gefühl, daß es nicht ruhiger wird, sondern immer mehr Sachen an das Tageslicht kommen, weshalb die VDS eine schlechte Idee ist. Und das ist gut so. 🙂

Heise.de berichtet heute z.B. in einem Artikel zum Thema, daß der Verfassungsschutz und andere Institutionen schon seit längerem den normalen Bundesbürger auf dem Kieker haben und sich auch nicht um den Schutz von Berufsgeheimnisträgern (Journalisten) kümmert. So wurde in den letzten Tagen bekannt, daß Mitarbeiter von TAZ, Spiegel und anderen überwacht und ihre Telefone abgehört wurden.

Die ehemalige DDR-Oppositionszeitschrift telegraph meldet zudem, dass bei den Ermittlungen gegen die mg sogar Material aus persönlichen Stasi-Opferakten interner DDR-Kritiker zur Erstellung eines aktuellen Personenprofils herangezogen worden sein soll.
[…]
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat nach Angaben der vor der Wende als “Umweltblätter” betitelten Zeitschrift versucht, mit Hilfe der Arbeit der “Kollegen” von der DDR-Staatssicherheit Kontakte schon zu damaligen Zeiten zu “terroristischen Kreisen” im Westen zu belegen. Im konkreten Beispiel habe sich das Ministerium für Staatssicherheit in seinen Unterlagen damit unter anderem die Umweltorganisation Greenpeace vorgenommen.

Allein schon die Verwendung von alten Stasi-Akten ist schon merkwürdig, aber Greenpeace dann “terroristischen Kreisen” zuzuordnen ist darüberhinaus noch fragwürdiger. Aber daß die Damen und Herren bei der Überwachung nicht unbedingt die Hellsten sind, zeigt vielleicht dieser Artikel bei Spiegel Online:

“MP (“Männliche Person”, gemeint ist Wittrock; d. Red.) meint, dass das ganze etwas mitseriös (gemeint ist mysteriös; d. Red.) klingt und lässt sich beschreiben, was Michael* und Jonas* im Bereich Antifa tun.”

(Zitat aus dem Überwachungsprotokoll)

Unterdessen werden immer mehr Vollmachten zur Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der AK Vorratsdatenspeicherung veröffentlichte heute eine Presseerklärung wonach bereits 13000 Bundesbürger eine Vollmacht zur Klage beim BGH eingereicht haben. Da die Annahmefrist auf den 24. Dezember verlängert worden ist, kann man davon ausgehen, daß es noch eine Reihe mehr werden.

Wiederum bei Spiegel Online ist heute auch ein Interview mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu lesen, indem sie ausführt, daß die Bundesrepublik auf den Weg hin zu einem Überwachungsstaat sei. Je nach Umfrage und Frageart würden die Bürger allerdings eine Überwachung befürworten, was dann eben von den Befürwortern dieser Überwachung ausgenutzt werden würde. Allerdings müsse man jede Aktion im Zusammenhang sehen und dann wird halt aus der VDS, den Biometriepässen, dem großen Lauschangriff und anderer Maßnahmen etwas, was die meisten Bundesbürger wohl ablehnen würden.

Allein schon die Begehrlichkeiten bei der LKW-Maut sprechen ja Bände. Wurde anfangs noch steif und fest behauptet, daß die Mautdaten bzw. die Mautbrücken lediglich zur Erfassung der LKW-Maut eingesetzt werden würden, so ist die Sache nun eine völlig andere und durch die neuen Möglichkeiten, Autofahrer automatisiert erfassen zu können, wurden neue Begehrlichkeiten geweckt. So schreibt Spiegel Online über die Beschlüsse vom letzten SPD-Parteitag:

Innere Sicherheit: Lkw-Mautdaten sollen von Sicherheitsbehörden auch zur Verfolgung von schweren Straftaten und zur Gefahrenabwehr genutzt werden können.

Und wer dann noch glaubt, daß die Verbindungsdaten von 82 Millionen Bundesbürgern keine Begehrlichkeiten auf Seiten von Polizei, Strafverfolgungsbehörden oder Anwälten im Auftrag von Rechteinhabern (Musikindustrie) wecken würden, der sollte vielleicht diesen Artikel bei heise.de lesen, wo es u.a. heißt:

Rasch machte die Angaben zu den sichergestellten Festplatten am gestrigen Dienstag auf einer Informationsveranstaltung in München. Dort beklagte er auch, dass die Verkürzung der Speicherung der Verbindungsdaten auf sieben Tage, die sich nach dem von Holger Voss erwirkten Datenschutzurteil gegen T-Online einpendelte, dazu führte, dass mittlerweile für etwa die Hälfte der von seiner Firma ermittelten IP-Nummern keine Nutzerdaten mehr ermittelt werden können. Zu Zeiten, als die meisten Provider noch 80 Tage lang speicherten, lag dieser “Datenschwund” laut Angaben des Anwalts bei lediglich 10 bis 15 Prozent. Nach Einführung der sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung will Rasch in seinen Verfahren auf die dadurch gespeicherten Daten zurückgreifen.

Mit anderen Worten: die Musikindustrie wartet schon sehnlichst darauf, Zugriff auf die Daten zu bekommen, die demnächst bei allen Telekommunikationsteilnehmern erhoben werden, denn laut Gesetzesentwurf sollen die Daten nicht nur bei schweren Verbrechen zugänglich sein, sondern auch bei Vergehen, die mittels Telekommunikation begangen worden sind. Also auch beim Download von urheberrechtlich geschuützten Inhalten, zum Beispiel.

Wann dann eventuell auch Krankenkassen Zugriff auf die Daten haben wollen, um etwa zu kontrollieren, ob man bei seiner Lebensversicherung alles korrekt angegeben hat oder ob man im Internet nach Informationen zu einer schweren Krankheit sucht, die man eventuell selber haben könnte, ist auch noch nicht bekannt, aber durchaus möglich.

Kurzum: VDS ist eine wirklich schlechte Idee und eine Einschränkung der vom Grundgesetz garantierten Bürgerrechte. Eine gute Idee ist es hingegen, sich an der Verfassungsbeschwerde noch bis zum 24. Dezember zu beteiligen:

http://verfassungsbeschwerde.vorratsdatenspeicherung.de/

P.S.:
Nicht nur, daß die eigene Bundesregierung einen bespitzelt, nein, sie sorgt auch dafür, daß andere Regierungen dies machen können: Bundestag nickt Abkommen zur Weitergabe von Fluggastdaten ab (Heise.de)

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