Vorratsdatenspeicherung II

Nachdem gestern die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (VDS) vom Bundestag beschlossen worden ist, wird das Bild, was das ganze soll, durch eine Heise-Meldung ein bißchen klarer:

Geht es nach Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), sollen in Zukunft alle staatlichen Lauschangriffe zentral vom Bundesverwaltungsamt in Köln aus gesteuert werden. Dies berichtet das Magazin Focus in seiner Online-Ausgabe unter Berufung auf “Berliner Sicherheitskreise”. Nach Angaben der Financial Times Deutschland (FTD) hat ein Sprecher des Innenministeriums die Pläne mittlerweile bestätigt.

Wer nun denkt “Mooooment! Gab es sowas nicht schon?”, der kann ruhig mal bei Wikipedia nachschauen. allerdings lautet der Eintrag dort: http://de.wikipedia.org/wiki/Ministerium_für_Staatssicherheit

Interessant wird es nun aber mit folgenden bei dem neuen Vorhaben:

Neue Befugnisse sollten dabei nicht geschaffen werden, es gehe lediglich um Kostenersparnis, schreibt die FTD weiter. Bisher hören Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz und Bundespolizei unabhängig voneinander die Telefone mutmaßlicher Schwerkrimineller ab oder lesen E-Mails und Faxe von Personen mit, die des Terrorismus oder der Spionage verdächtig sind. Nach Schäubles Plänen sollen die Sicherheitsbehörden künftig ihre Zuständigkeit für solche Überwachungsaktionen komplett an das Bundesverwaltungsamt abtreten. Dieses soll die Operationen offenbar leiten und nach deren Ende die Ergebnisse den Behörden zur Auswertung übergeben.

Erinnern wir uns: mit der VDS sollen die Verbindungsdaten möglichst jeder Kommunikation aller Bundesbürger für mindestens 6 Monate erfasst werden. Bisher waren Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz und Bundespolizei unabhängig voneinander zuständig, die Telefone mutmaßlicher Schwerkrimineller ab[zuhören] oder lesen E-Mails und Faxe von Personen mit, die des Terrorismus oder der Spionage verdächtig sind.
Zukünftig wird also der Herr Innenminister Schäuble direkt die Emails und Faxe lesen bzw. die Telefone von Schwerverbrechern oder Terroristen (also potentiell von allen Bundesbürgern) abhören, denn laut Wikipedia untersteht das Bundesverwaltungsamt dem Innenministerium:

Das Bundesverwaltungsamt (BVA) ist eine deutsche Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministerium des Innern mit Hauptsitz in Köln und verschiedenen Außenstellen.

Daß bisher lediglich Polizeibhörden zu solchen Maßnahmen ermächtigt waren, nun aber eine Verwaltungsbehörde diese Aufgabe übernehmen soll, ohne aber neue Kompetenzen zu bekommen, finde ich etwas merkwürdig. Diese Merkwürdigkeit scheint auch schon einigen Politikern aufgefallen zu sein:

“Ein gewisses Unbehagen” bei Schäubles Plänen äußerte Max Stadler gegenüber dem Focus. Der FDP-Innenpolitiker sieht durch Schäubles Sparplan die Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten gefährdet, weshalb das Projekt sehr kritisch geprüft werden müsse. Bei einem Symposium des Bundesnachrichtendienstes Anfang November soll Schäuble laut Focus betont haben, ein solches “Trennungsgebot” von Polizei und Geheimdiensten habe keinen Verfassungsrang.

Wobei ich da eher die Gewaltenteilung (Wikipedia Link gefährdet sehe. Eine nicht vorhandene Gewaltenteilung ist ja eigentlich eher bei totalitären Systemen zu finden, aber wenn man sich den Wikipedia-Artikel durchliest und zum Punkt Kritik über Gewaltenteilung kommt, dann scheint es damit eh nicht weit her zu sein:

In Deutschland ist die Justiz fremdbestimmt. Sie wird von einer anderen Staatsgewalt – der Exekutive – gesteuert, an deren Spitze die Regierung steht. Deren Interesse ist primär auf Machterhalt gerichtet. Dieses sachfremde Interesse stellt eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Rechtsprechung dar. Richter sind keine Diener der Macht, sondern Diener des Rechts. Deshalb müssen Richter von Machtinteressen frei organisiert sein. In Deutschland sind sie es nicht.

Das führt dann folgerichtig zu dieser Forderung:

Die Bundesvertreterversammlung des Deutschen Richterbundes (DRB) forderte am 27. April 2007 [3] der Justiz die Stellung zu verschaffen, die ihr nach dem Gewaltteilungsprinzip und nach der im Grundgesetz vorgesehenen Gerichtsorganisation zugewiesen ist.

Nachdem der Bundestag jedenfalls die VDS auf den Weg gebracht hat, scheint es auch nicht mehr weit zu sein, bis weitere elementare Pfeiler des Grundrechts abgeschafft sind. Das Bankgeheimnis ist ja bereits abgeschafft worden. Auch das war vermutlich bloß ein erster Schritt zurück ins Jahr 1984 (Wikipedia):

Der Große Bruder (engl. Big Brother) ist in dem Roman 1984 von George Orwell der angebliche Diktator des fiktiven, totalitären Staates Ozeanien, der die Kontrolle und Unterdrückung seiner Bürger zur Perfektion getrieben hat.
In der Gesellschaft, die Orwell beschreibt, befindet sich jeder unter der vollständigen Überwachung durch die Behörden.

Orwell war bloß 23 Jahre zu früh.

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1 thought on “Vorratsdatenspeicherung II

  1. Ich komme mir hier langsam wie in der DDR vor und ich will nicht wissen wofür dieses neue Gesetz von den deutschen Stasipolitikern missbraucht wird. Siehe abschaffung des Bankgeheimnisses zum angeblichen AntiTerror. Heute hat jedes idiotische Amt Zugriff auf vertrauliche Kontendaten. Dieses Land ist eine Schande!

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